Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung
bleibst du halt hier«, sagte er und knallte ihr eine. »Los, hau ab.«
Nete sah Viggo an und hoffte, er würde protestieren, aber er reagierte überhaupt nicht. Er hatte also nicht das Sagen, was ihn nicht weiter zu stören schien.
Da änderte Rita ihre Meinung und zog ihr Kleid hoch, aber in dem Punkt waren sich die Männer einig. Warum sich mit einer frechen Schlampe abgeben, die man schon mehrere Male gehabt hatte, wenn man eine neue haben konnte. Das sagten sie auch geradeheraus.
»Komm, Nete. Wir gehen zurück. Gebt uns das Geld wieder«, schrie Rita, worauf die Männer nur noch lauter lachten und das Geld unter sich aufteilten.
Nete war entsetzt. Gitte Charles würde natürlich sofort wissen, dass niemand außer Nete das Geld genommen haben konnte. Und außerdem: Wie sollten sie heute Nacht in die Anstalt zurückkehren? Das würde die Hölle auf Erden werden.
»Ich lege m... mich hin«, stotterte Nete und kletterte auf den Tisch, während die Männer Rita aus dem Haus schoben.
Kurz noch hörte sie Ritas Flüche und Verwünschungen draußen, dann wurde es still. Bald hörte sie einzig und allein noch das Keuchen des fremden Mannes.
Als Viggo an der Reihe war und sich bereit machte, dachte Nete, dass sie niemals mehr würde weinen können. In diesem Moment fühlte sie sich endgültig des Lebens beraubt. Selbst in ihren düstersten Stimmungen hatte sie sich nicht vorstellen können, dass es so viel Verrat und so viel Böses geben könnte.
Und während sich Viggo befriedigte, ließ sie den Blick durch den kleinen Raum wandern, um nicht nur von Sprogø, sondern auch von der, die sie einmal gewesen war, Abschied zu nehmen.
In dem Moment, als Viggos Leib zu zucken begann und der Freund in der Ecke laut auflachte, flog die Tür auf und Ritas anklagender Finger und Gitte Charles' stechender Blick richteten sich auf sie.
Die Männer hauten blitzschnell ab, aber Nete lag wie festgenagelt mit entblößtem Unterleib auf dem Tisch.
Von diesem Moment an kannte Netes Hass auf die beiden Frauen und auf Viggo, der sich Mann nannte, und doch nur ein Schwein war, keine Grenzen.
41
November 2010
S chon in der Kurve an der Kirche von Brøndbyøster fiel Curt die Unruhe und Hektik auf. Trotz der Kälte standen überall Menschen in Grüppchen zusammen, selbst auf der Fahrbahn, selbst vor seinem Haus.
Curt wurde es eiskalt, als er das blaue Blinken der Feuerlöschfahrzeuge sah und die Rufe und das Brummen der Pumpen hörte. Ein Albtraum.
»Das ist mein Haus, was ist passiert?«, rief er alarmiert.
»Fragen Sie die Polizei, die waren bis eben hier«, entgegnete ihm ein Feuerwehrmann und arbeitete weiter daran, die Glut zu ersticken. »Wie hieß der noch mal, der von der Kripo, der hier war, als wir ankamen? Erinnerst du dich noch an den Namen?«, fragte er seinen Kollegen, der angefangen hatte, einen Schlauch aufzurollen.
»Hieß der nicht Mørck?« Er schüttelte den Kopf. Der Mann war sich offenbar nicht sicher, aber das war egal.
Curt Wad hatte genug gehört.
»Sie können echt von Glück reden«, sagte der Feuerwehrmann mit dem Schlauch. »Wären wir zwei Minuten später gekommen, wäre das Nebengebäude abgebrannt und vermutlich auch das reetgedeckte Haus drüben auf der anderen Seite von Tværgaden. Leider befand sich dort drinnen ein Mensch, er wurde schwer verletzt. Sah aus wie ein Zigeuner. Vielleicht ein Obdachloser, der sich auf der Suche nach einem Schlafplatz reingeschlichen hat. Wir glauben, dass er den Brand verursacht hat, sind uns aber noch nicht sicher. Er hat auf alle Fälle Papier in dem Raum verbrannt, wahrscheinlich der Wärme wegen. Aber bisher sind das alles nur Vermutungen. Versuchen Sie es doch bei der Polizei, die wissen sicher mehr.«
Curt vermied es zu nicken. Nichts lag ihm ferner.
Er betrat das alte Wirtschaftsgebäude und richtete seine Taschenlampe auf die Wand hinter der Kühltruhe. Die Geheimtür war zur Seite geschoben und der Fußboden des dahinterliegenden Hohlraumes von einer Mischung aus Asche und Löschwasser bedeckt. Es war erschütternd.
Er wartete ab, bis die Feuerwehrleute abgefahren waren, dann watete er schockiert durch die Aschebrühe. Nichts, absolut nichts war übrig.
Stattdessen las er überall in Großbuchstaben: ASSAD WAS HERE.
Es hätte nicht viel gefehlt und er wäre ohnmächtig geworden.
»Alles ist weg«, sagte er zu Lønberg, mit dem er über die sichere Verbindung telefonierte. »Alles. Die Mitgliedsliste, die Stiftungsdokumente, die Adresskarteien
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