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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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durchgelüftet. So weit war sie nun gekommen. Es fühlte sich gut an, friedlich.
    Und sollte entgegen ihren Erwartungen im Treppenhaus oder in der Wohnung noch der kleinste Hauch zu riechen sein, würde sie eben die Nacht über an der Abdichtung arbeiten müssen. Die Aufgabenstellung war klar: Da sie nicht abschätzen konnte, ob ihr Plan mit dem Formalin wirklich funktionierte, musste der Raum absolut dicht sein. Andernfalls konnte sie sich die Reise nach Mallorca abschminken.
    Sie betrat das Treppenhaus und schnupperte. Ein schwacher Duft von Parfüm hing in der Luft, sogar den Hund des Nachbarn konnte sie riechen, aber sonst nichts. Und auf ihren Geruchssinn hatte sie sich schon immer verlassen können.
    Sie wiederholte die Schnupperprobe in jeder Etage, das Ergebnis blieb gleich. Oben im vierten Stock ging sie vor ihrer Wohnungstür in die Hocke und steckte die Nase durch den Briefschlitz.
    Nichts. Sie lächelte.
    In der Wohnung roch es noch genauso frisch wie vor einer Stunde nach dem Lüften. Einen Moment konzentrierte sie sich völlig auf ihren Geruchssinn, denn der würde über Fiasko oder Erfolg entscheiden. Nein, nichts.
    Nach einer Stunde in der Wohnung ohne den geringsten Befund betrat sie schließlich das abgedichtete Esszimmer.
    Sekundenbruchteile später schossen ihr die Tränen in die Augen. Wie bei einem Nervengasangriff schien der stechende Geruch in sämtliche Poren der unbedeckten Hautflächen gleichzeitig einzudringen. Nete presste sich die Hand vor Mund und Nase, kniff die Augen zusammen, tastete sich zum Fenster vor und stieß es auf.
    Sie hielt den Kopf nach draußen und rang hustend nach Atem. Wie jemand, der nur knapp dem Tod durch Ertrinken entgangen war.
    Eine Viertelstunde später hatte sie den Inhalt der acht Teller in die Toilette gekippt und mehrfach gespült. Dann öffnete sie erneut alle Fenster und wusch die Teller gründlich ab. Als es Abend wurde, hakte sie für sich den Test als bestanden ab.
    Sie legte ein feines weißes Tischtuch auf den Esstisch in dem präparierten Raum und deckte ihn mit ihrem schönsten Porzellan, mit Kristallgläsern und Silberbesteck. An jeden Platz stellte sie eine zierlich beschriftete Tischkarte.
    Es sollte festlich sein, denn es war ein Fest.
    Anschließend blickte sie auf die Kronen der Kastanien, deren Blätter bereits gelb wurden. Gut, dass sie bald weg war.
    Ehe sie schlafen ging, schloss sie die Fenster des Esszimmers. Die würden ab morgen nur noch zum gezielten Belüften geöffnet werden. In kalten Nächten. Zum Glück lag ihre Wohnung direkt unterm Dach.

20
    November 2010
    U nheilschwanger segelten dunkle Wolken über Carls Kopf: der Druckluftnagler-Fall mit Hardys Verdächtigungen und den Fingerabdrücken auf den Münzen, Viggas Hochzeit und deren Auswirkungen auf seine Finanzen, Assads Vergangenheit, Roses Eigentümlichkeiten, Ronnys idiotisches Geschwätz und dann auch noch dieser misslungene Martinsgans-Abend. So viele Dinge auf einmal hatten ihn früher nie belastet. Er konnte ja kaum noch das Gewicht von einer Pobacke auf die andere verlagern, ohne dass schon die nächste Katastrophe dräute [⊗] . Einen erfolgreichen, im Dienste des Staates tätigen Aufklärer kniffliger Kriminalfälle kleidete so eine Anhäufung von Schwierigkeiten überhaupt nicht. Fast würde es sich ja lohnen, ein eigenes Dezernat zur Lösung seiner persönlichen Problemfälle einzurichten.
    Carl seufzte tief, nahm eine Zigarette und schaltete die Nachrichten auf TV 2 ein. Zu sehen, dass andere weit tiefer in der Scheiße steckten, konnte einen kurzzeitig auf andere Gedanken bringen.
    Ein Blick auf den Flachbildschirm, und sofort war man wieder auf dem harten Boden der Realität gelandet. Fünf erwachsene Männer diskutierten den ökonomischen Schlingerkurs der Regierung - konnte man sich etwas Langweiligeres vorstellen?
    Rose hatte in der Zeit, als er bei Marcus Jacobsen gewesen war, oben auf den Polizeibericht ein Blatt Papier gelegt: ihre Erkenntnisse zu Gitte Charles. Eine lumpige halbe Seite, handschriftlich. War das wirklich alles, was sie über die Krankenpflegerin von Sprogø herausgefunden hatte?
    Was er da zu lesen bekam, eignete sich nicht, um ihn aufzuheitern.
    Rose hatte überall herumgefragt, aber niemandem in der Zentrale für häusliche Pflegedienste auf Samsø sagte der Name Gitte Charles etwas, und entsprechend gab es auch niemanden, der sich daran erinnerte, dass sie seinerzeit alte Menschen beklaut hatte. Nicht mal über ihre Zeit im Krankenhaus

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