Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung
glauben.«
Ihre Stimme hatte sich in eine Höhenlage geschraubt, wo es besser war, sie zu unterbrechen und etwas zu besänftigen.
»Nein, nein, Rose. Ich brauche das nur in groben Zügen. Auf die Einzelheiten gehen wir später ein, falls das überhaupt nötig sein sollte. Es reicht, wenn du mir ein paar Quellen nennst, die sein Leben gewissermaßen zusammenfassen. Ein paar Zeitungsartikel oder so. Curt Wad im Verhältnis zur Presse und zu den Gesetzen, seine Arbeit. Soweit ich mitbekommen habe, hat er etliches an Kritik einstecken müssen.«
»Wenn du Kritik an Curt Wad haben willst, solltest du mit einem Journalisten namens Louis Petterson sprechen. Der ist das ganze Material mit dem Kamm durchgegangen.«
»Stimmt, den Namen hab ich heute schon mal gehört. Hat er kürzlich was geschrieben?«
»Na ja, nein. Das meiste erschien vor fünf, sechs Jahren, dann hat er aufgehört.«
»Also war an der Geschichte vielleicht doch nichts dran?«
»Doch, das glaub ich schon. Es gab jedenfalls reichlich Journalisten, die Curt Wads Treiben unter die Lupe genommen haben. Aber dieser Louis Petterson, der hatte so ein paar richtig fette Schlagzeilen.«
»Okay. Und wo wohnt Petterson?«
»In Holbæk, warum?«
»Gib mir mal seine Nummer, sei so nett.«
»Hallihallo, was war das denn? Was hast du da eben gesagt?«
Carl überlegte kurz, einen Witz zu machen, ließ es dann aber sein. Ihm fiel so schnell auch keiner ein. »Sei so nett, hab ich gesagt.«
»Halleluja!«, rief sie und gab ihm die Nummer. »Aber wenn du vorhast, mit ihm zu reden, dann solltest du es im Vivaldi, Ahlgade 42, versuchen. Denn laut Auskunft seiner Frau ist er dort.«
»Woher weißt du das? Hast du schon bei ihm zu Hause angerufen?«
»Natürlich! Was glaubst du eigentlich, mit wem du redest?« Damit knallte sie den Hörer auf.
»Mist«, sagte Carl und deutete auf das Navi. »Assad, gib da mal Ahlgade 42 in Holbæk ein, wir müssen in die Kneipe«, sagte er und sah bereits Monas Gesicht vor sich, wenn er sie anrief, um ihr mitzuteilen, dass er den Termin mit ihrem Kris womöglich absagen müsse.
Er hatte sich eine kleine Kneipe vorgestellt, so eine, in die nie Tageslicht fällt und für die abgehalfterte Journalisten aus unerforschlichen Gründen eine Vorliebe haben. Aber so war das Vivaldi nicht, im Gegenteil.
»Hast du nicht Kneipe gesagt?«, fragte Assad, als sie auf das schönste Haus der Hauptstraße zusteuerten, mit Türmchen und allem Drum und Dran.
Das Lokal war rappelvoll, und erst als Carl sich unter den vielen Menschen umsah, fiel ihm ein, dass er gar nicht wusste, wie der Mann aussah.
»Ruf mal Rose an und lass dir eine Beschreibung von Petterson geben.« Er ließ seinen Blick schweifen. Geschmackvoll eingerichtet, gute Beleuchtung, Stuck an der Decke, tolle Stühle und Bänke und jede Menge schnieker Details.
Ich wette, das ist der da, dachte er und hatte einen Mann im Auge, der zwischen lauter nicht mehr ganz jungen Typen in der Mitte des Ladens etwas erhöht saß. Der typische, etwas blasierte Gesichtsausdruck, leicht verlebte Züge und Augen, die ruhelos umherwanderten.
Carl sah zu Assad hinüber, der mit dem Handy am Ohr dastand und nickte.
»Na, Assad, wer isses? Der da?« Er deutete auf seinen Kandidaten.
»Nein.« Assad scannte blitzschnell die Klientel, Grüppchen von Salat konsumierenden jungen Frauen, verliebte Paare, die über die Cappuccinotassen hinweg ihre Finger ineinander verflochten, und Einzelpersonen mit vollem Bierglas und Zeitung vor der Nase.
»Ich glaube, der da ist es.« Assad deutete auf einen rotblonden jungen Mann, der am Fenster ganz in der Ecke auf einer roten Bank saß und mit einem gleichaltrigen Mann Backgammon spielte.
Auf den wär ich in hundert Jahren nicht gekommen, dachte Carl.
Sie stellten sich direkt neben den Tisch der beiden Männer, die ungerührt weiter ihre Spielsteine übers Spielbrett schoben. Schließlich räusperte sich Carl vernehmlich und sagte: »Louis Petterson, dürfen wir uns einen Moment mit Ihnen unterhalten?«
Petterson sah zu ihnen auf und innerhalb von Sekundenbruchteilen schaffte er den Sprung vom Zustand tiefster Konzentration zu adrenalinbefeuerter Neugier. Blitzschnell erfasste er die Verschiedenheit der beiden Männer und ordnete sie als Polizeibeamte ein. Danach senkte er den Blick wieder aufs Spielbrett, und nach einigen weiteren schnellen Zügen fragte er seinen Partner, ob sie eine kleine Pause einlegen könnten.
»Ich glaub nämlich nicht, dass die zum
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