Carlottas Kerker
geriet ins Stolpern und wäre fast auf die Knie gefallen.
Eric Paine aber war weg. Man hatte ihn tatsächlich aus dem Zimmer gezerrt. Purdy Prentiss stürzte zur zerstörten Scheibe, weil sie sich die Kreatur anschauen wollte.
Es war ein riesiges Wesen, ein fliegendes Monster, das sich in die Dunkelheit zurückzog.
Paine hing immer noch im Griff der rechten Kralle. Sein Körper war nach unten hin abgesackt, und in diesen Augenblicken interessierte sich Purdy auch nicht so für ihn, denn sie sah etwas anderes.
Das Monster war nicht allein gekommen. Es hatte sich eine Begleitung mitgebracht, die auf seinem breiten Rücken saß, normal groß war, aber trotzdem irgendwie klein wirkte.
Eine Frau!
Sie trug einen Umhang, der im Wind flatterte. Er wurde vom Körper weggeweht, und so erkannte Purdy viel helle Haut. Mehr allerdings sah sie nicht, denn das Monster tauchte in die Dunkelheit der Nacht ein. Mit mächtigen Bewegungen der Schwingen stieg es himmelan und war mit seiner Beute sehr bald verschwunden.
Die Blonde schrie nicht mehr. Dafür war sie auf die Knie gesunken und hatte die Hände gegen das Gesicht geschlagen. Was sie hinter den Handflächen produzierte, war nur mehr ein Wimmern.
Durch Purdy’s Kopf bewegte sich ein wahres Gedankenkarussell. Sie war im Augenblick nicht fähig, etwas zu unternehmen. Sie bekam sich selbst nicht unter Kontrolle. Sie überlegte, ob sie anrufen oder nach draußen eilen sollte.
Vom Gefühl her tendierte sie zur letzten Möglichkeit, und das nahm sie auch in Angriff.
Sie eilte an der Sekretärin vorbei in das Vorzimmer, wo sie die Tür zum Flur aufriss und auf die Treppe zujagte. Purdy wollte so schnell wie möglich raus aus dem Haus. Sie glaubte daran, dass noch etwas passieren würde. Sie wollte nicht hinnehmen, dass dieses Monster einfach so verschwand.
Der Portier hatte noch nicht mitbekommen, was da passiert war. Deshalb staunte er Purdy auch nur an, die aus dem Haus rannte und nach wenigen Schritten stehen blieb.
Der Atem pfiff aus ihrem Mund. Das Herz klopfte schneller. Kalter Schweiß lag auf ihrem Gesicht, und als sie die Kühle der Nacht spürte, hatte sie für einen Moment das Gefühl, dass alles nur ein böser Traum gewesen war.
Eine Bewegung am Himmel allerdings sorgte dafür, dass aus dem Traum Realität wurde und die schrecklichen Bilder wieder zurückkehrten. Sie hatte das Flugmonster hinter der Scheibe gesehen, und sie konnte sich nicht vorstellen, woher es gekommen war.
Und die Frau?
War das die berühmt-berüchtigte Carlotta gewesen? Auf dem Rücken eines Monstrums hockend?
Es gab für Purdy keine andere Erklärung. Auf der einen Seite Carlotta, auf der anderen das Monster. Die Schöne und das Biest. Fast zu perfekt, um wahr zu sein.
Der Portier rannte aus dem Haus. Mittlerweile musste die Blonde Alarm geschlagen haben. Der Mann wollte natürlich wissen, was geschehen war. »Bitte, Madam, was ist...?«
Purdy ließ ihn nicht zu Ende reden. »Gehen Sie wieder hinein, Mister. Schnell!«
»Aber ich weiß nicht, ob ich die Polizei alarmieren soll. Wahrscheinlich wird man das schon oben getan haben. Aber...«
»Gehen Sie wieder hinein! Es kann noch mal gefährlich werden!« Purdy hatte ihre Stimme angehoben, und es war ihr gelungen, den richtigen Ton zu treffen, denn der Portier nickte sehr heftig, bevor er sich umdrehte und zurück ins Haus lief.
In einigen der Firmen in den Nebenbauten wurde auch in der Nacht gearbeitet, doch niemand hatte etwas mitbekommen. So blieb Purdy allein vor dem Studio stehen. Sie wusste nicht, wie viel Zeit seit dem Angriff vergangen war, weil sie nicht auf die Uhr geschaut hatte, aber ihr Gefühl sagte ihr, dass die Kreatur noch irgendwo dort oben war.
Und richtig.
Sie war noch da. Etwas Großes, Dunkles segelte über den Nachthimmel hinweg, der von grauen Wolken bedeckt war, und deshalb konnte sie den dunkleren Schatten auch besser sehen.
Blieb er dort oben? Flog er weg?
Purdy hätte sich gern die Frau näher angeschaut, die aber blieb in unerreichbarer Höhe. Purdy ging davon aus, dass es sich um Carlotta Crane handelte, und sie dachte daran, dass es ihr bestimmt noch gelingen würde, ihr Auge in Auge gegenüberzustehen.
Purdy stand nun auf dem freien Platz zwischen den Platanen. Vor einer Entdeckung aus großer Höhe war sie dort relativ geschützt, konnte aber selbst gut beobachten. Ihr Atem hatte sich wieder einigermaßen beruhigt, weil auch die innere Erregung abgeklungen war.
Sie sah etwas!
Diesmal war der
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