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Carlottas Kerker

Carlottas Kerker

Titel: Carlottas Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wieder. Und dieses Lächeln gefiel Purdy Prentiss nicht. Es kam ihr falsch vor. Außerdem hatte die Crane behauptet, noch einen wichtigen Termin mit ihrem Mann zu haben. Davon war jetzt nicht mehr die Rede. Purdy spürte, dass irgendetwas in der Luft lag, und dieses Gefühl verdichtete sich in den folgenden Sekunden.
    Den Ehemann der Carlotta Crane hatte sie auch noch nicht zu Gesicht bekommen, dabei war sie sicher, dass er sich in diesem Haus befand. Nahezu alarmierend musste sie plötzlich an ihn denken und auch an die offene Tür in ihrem Rücken.
    Von dort hörte sie etwas. Nur ein leises Geräusch, nicht zu identifizieren. Aber Carlotta Crane sprach mit lauter Stimme dagegen an. »Wir sollten wirklich jetzt gehen.«
    Der Luftzug!
    Erst hinter, dann vor ihrem Gesicht. Etwas huschte an ihren Augen vorbei – und...
    Purdy wollte in die Höhe springen und sich abdrehen.
    Es war bereits zu spät!
    Die Seidenschlinge hatte ihren Hals erreicht und zog sich zusammen...
    ***
    Man erlebt es an der Küste eigentlich zu jeder Jahreszeit, und niemand wundert sich darüber. Das taten auch Suko und ich nicht, aber der Nebel, der wie aus dem Nichts entstand und sich über die Insel schob wie ein breiter Wattebausch, irritierte uns schon.
    Zugleich hatte es die noch immer am Himmel stehende Sonne geschafft, eine Lücke zu finden, und sie schickte ihre letzten Strahlen auf die Erde und in den Nebel hinein, der dadurch einen ungewöhnlich hellen Glanz erhielt.
    »Ausgerechnet jetzt!«, beschwerte sich Suko, der das Steuer übernommen hatte.
    »Er kann auch von Vorteil sein. So kommen wir vielleicht ungesehen an das Haus heran.«
    »Das wir erst mal finden müssen.«
    »Allerdings.«
    Es gab nur wenige Straßen auf der Insel. Eine hätte eigentlich zum Haus der Psychologin führen müssen, doch das war nicht der Fall. Nachdem wir West Mersea in östlicher Richtung verlassen hatten, hörte die Straße auf, und es gab nur einen schmalen Weg, der wirkte, als wäre er in die Landschaft hineingekratzt worden. Auch bei besten Lichtverhältnissen war er nur schwer zu sehen. Er war durch Reifen entstanden, die auf dem Untergrund ihre Spuren hinterlassen hatten. Über den Großteil der Spuren war Gras gewachsen.
    Der Nebel kam uns entgegen. Er bewegte sich langsam. Er war wie eine weiße Wand, in die noch immer die Sonne hineinschien und ihr zu diesem Glanz verhalf. Es war Küstennebel, und wo er herkam, musste auch das Haus der Psychologin liegen, das sicherlich nicht zu übersehen war.
    »Du siehst nicht eben happy aus, John.«
    »Das bin ich auch nicht.«
    »Was stört dich?«
    »Alles.«
    Suko grinste schief. »Das ist keine Antwort. Aber ich weiß, du denkst an Purdy Prentiss.«
    »Ja. Und ich denke daran, dass wir sie nicht hätten allein losziehen lassen sollen.«
    »Das hättest du dir früher überlegen sollen. Jetzt ist sie unterwegs. Da ist nichts zu machen. Zudem glaube ich nicht daran, dass diese Carlotta Crane in ihrer Praxis ihr wahres Gesicht zeigt. Dafür hat sie das einsam stehende Haus. Es passt alles perfekt. Da stört sie niemand.«
    »Na, wollen wir hoffen, dass du Recht hast.«
    Eine innerliche Ruhe fand ich nicht. Es hing natürlich mit Purdy Prentiss zusammen, aber auch damit, dass wir nicht wussten, was in diesem verdammten Haus passierte. Was war mit den Gewinnern geschehen, die dort die Nacht der Nächte hatten verbringen können?
    Wir konnten sie nicht mehr fragen. Alle drei lebten nicht mehr, und wir stocherten im wahrsten Sinne des Wortes im Nebel herum, denn die Bank kam immer näher – oder wir näherten uns, so genau war das nicht zu unterscheiden.
    Die Küste und damit auch das Meer lagen rechts von uns. Und sie waren nicht weit entfernt, denn noch konnten wir das Wasser sehen, wenn uns ein Blick über das Dünengras hinweg gelang.
    Wir sahen das Hinweisschild auf einen Campingplatz und entdeckten auch wenig später die dort abgestellten Fahrzeuge, die allerdings von ihren Besitzern verlassen waren. Zumindest von den meisten, denn im Oktober campten nur mehr die wirklichen Freaks.
    Der dichte Nebel hatte uns noch nicht erreicht. Es gab erste Ausläufer, die uns wie Fahnen entgegenwehten, ohne unsere Sicht besonders zu beeinträchtigen.
    Der Mann, der plötzlich zwischen den Wagen erschien, hatte uns auf jeden Fall gesehen. Wenig später sahen wir, dass er auf unseren Wagen zukam und dann in einer angemessenen Entfernung stehen blieb.
    »Willst du vorbeifahren?«, fragte ich Suko.
    »Soll ich?«
    »Mmh...

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