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Carolin - GesamtWerk

Carolin - GesamtWerk

Titel: Carolin - GesamtWerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Bruno Greulich
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doch wenigstens einen Slip anziehen dürfen, der ihnen ein bisschen Halt gegeben hätte … Zum Glück stand Carolins Auto ganz in der Nähe. Die Hauptverkehrsstraßen waren vom matschigen Schnee schon wieder geräumt und das Verkehrschaos hielt sich in Grenzen. Nach zwanzig Minuten hatten sie die Innenstadt erreicht und ein Parkhaus mit freien Plätzen gefunden. Tapfer wagten sie sich hinaus in die fremde Welt der Fußgängerzone, in der sich Scharen freier und selbstbestimmter Menschen drängelten. Oder trog der Schein? Gab es noch unter manch anderem Mantel Unerwartetes zu entdecken, oder wenn dort nicht, dann in mancher Fantasie? Doch war es egal, was die anderen Menschen dachten, fühlten, taten; es zählte nur das persönliche Sein, und wenn das nicht den Konventionen entsprach, na ja, dann war das nicht zu ändern … Judith kannte sich in der Stadt nicht aus, sie kam aus einer anderen Gegend, gut zweihundert Kilometer entfernt, erzählte sie. Zum ersten Mal hatten sie Gelegenheit, miteinander zu reden, und nutzten sie kaum. Fast war es, als sei ihr Leben außerhalb ihres Sklavinnendaseins völlig bedeutungslos geworden oder schon immer gewesen.
    Carolin führte sie in das Kaufhaus, in dem damals, vor unendlich langer Zeit, wie ihr schien, alles begonnen hatte mit dem Kauf des roten Kleides. Die Abteilung mit der Oberbekleidung konnten sie sich sparen, ihr Weg führte zu den Dessous. Eine sehr beleibte Dame strich suchend umher, ein älterer kleiner Herr mich hochrotem Kopf beäugte verstohlen eine Schaufensterpuppe, der man Strapse angezogen hatte, und eine mittelalterliche Verkäuferin schaute gelangweilt in weite Ferne. Judiths Auswahl war sehr begrenzt, da die meisten der angebotenen Sachen auf der Tabuliste standen. Gedankenverloren schaute sie auf die Reihe der Strapsgürtel, die auf Bügel aufgespannt waren und zu denen man sich hinunterbücken musste. Sie bückte sich aber nicht hinunter, sie stand nur da, als warte sie darauf, dass ihr einer der Gürtel in die Hand springen möge. Nachdenklich schaute Carolin sie an. »Du hast vermutlich noch nie Strapse angehabt?«
    Judith schüttelte den Kopf. »Ist nicht mein Stil … Sieht irgendwie komisch aus.«
    »Hm. Aber du weißt ja …« Ja, Judith wusste. Sie regte sich trotzdem nicht. Also bückte sich Carolin hinunter und fischte einen Strapsgürtel in Schwarz und mit Spitzenbesatz heraus, dazu noch einen in Rot. Aufgeregt schwangen die Kugeln in ihrem Schoß und vorsichtig richtete sie sich auf. Der kleine Herr beäugte nicht mehr die Schaufensterpuppe, sondern starrte zu ihnen herüber. Sinnlichkeit verklärte Judiths Gesicht und tief kamen ihre Atemzüge; sie selbst, so musste Carolin annehmen, trug die Gefühle nicht weniger deutlich zur Schau. »Gefallen sie dir?«, fragte sie. Judith zuckte mit den Achseln. Dann bückte sie sich selbst hinunter und kam seufzend wieder hoch, in der Hand hielt sie ein kobaltblaues Stück. »Wie wäre es damit?« Jetzt zuckte Carolin mit den Achseln. Judith ging zur Anprobe und teilte bei ihrer Rückkehr mit, dass sich der blaue und der rote Gürtel nicht gut anfühlten. Der schwarze sei okay, den könne sie nehmen. Carolin atmete auf. In der Zwischenzeit waren die Füße wieder einigermaßen warm geworden und hatte sie noch etwas anderes gefunden: ein rotes strapsbesetztes und busenfreies Korselett mit schwarzem Spitzenbesatz. Kaum wagte sie es Judith zu zeigen, denn sicherlich erschien es dieser viel zu freizügig. Judith warf einen kurzen Blick darauf, sagte, dass es schön sei, probierte es an und kam mit einem Lächeln auf den Lippen zurück. »Es wird unserem Herrn sicherlich gefallen.« Der ältere Herr rempelte die beleibte Kundin an, die er völlig übersehen hatte, und murmelte einige unverständliche Worte, die vermutlich um Entschuldigung bitten sollten. Strümpfe brauchten sie noch, welche in Größe drei. Sie suchten eine kleine Kollektion in Schwarz und Rot heraus, denn man konnte ja nicht wissen, welchen Strapazen sie ausgesetzt und wie lange sie halten würden. Bei der Kasse sagte Judith der Verkäuferin, dass sie ein Paar der schwarzen gleich anziehen wolle und auch das da — sie wies auf das Korselett. Ein bisschen färbten sich ihre Wangen rot. Der ältere Herr, der ihnen immer näher rückte, rang nach Luft. Während sich Judith wieder in die Umkleidekabine zurückzog, bezahlte Carolin die Rechnung. Mit einem stillen Lächeln kam Judith aus der Kabine zurück, schaute sie verschwörerisch an und

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