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Carolin - GesamtWerk

Carolin - GesamtWerk

Titel: Carolin - GesamtWerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Bruno Greulich
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näherte die Lippen ihrem Ohr. »Es fühlt sich gut an. Es macht mich noch lüsterner, als ich ohnehin schon bin.«
    Verständnisvoll lächelte Carolin sie an. Ja, es war nicht leicht, den Kugeln zu widerstehen … Die sie doch eigentlich hätten aus sich herausnehmen können. Simon war ja nicht da. Aber seinen Befehl missachten und ihn dann anlügen, wenn er sie später vielleicht danach fragte? Nein, das kam nicht ernsthaft in Betracht. Vielleicht würden sie nicht gut genug lügen können und von ihm entlarvt werden, was dann sicherlich eine schmerzhafte Bestrafung nach sich zöge. Der Bann seiner Macht funktionierte auch ohne seine Gegenwart. Und außerdem … sie zu tragen war sehr reizvoll … Wehmütig nahmen die Blicke des älteren Herrn von ihnen Abschied, als sie mit unvermeidlich wiegenden Hüften das Kaufhaus verließen. Zum Glück folgte er ihnen nicht.
    Die Kälte der Straße nahm sie in Empfang. Aber nicht lange, denn das nächste Schuhgeschäft war nicht weit. Fast hatten sie es erreicht, als Carolin einen Kollegen, einen ehemaligen, entdeckte. Glattmann. Schnell wandte sie den Blick wieder ab, aber zu spät. Er hatte sie gesehen und steuerte auf sie zu. »Hallo, Carolin. Welch ein Zufall, dich hier zu treffen.« Sie rang sich ein Lächeln ab, von Freude über die Begegnung weit entfernt, denn viel hatte sie noch nie anfangen können mit diesem Mann, der Mitte dreißig war, etwas korpulent und ziemlich nichtssagend. Ausgerechnet jetzt drohten die Kugeln wieder aus ihr herauszugleiten, ließen sich nur mit konzentrierter Muskelanspannung im Schoß halten.
    Forschend schauten Glattmanns blaue Augen sie an. »Du siehst so … irgendwie selig aus.« Um den Anschein von Gleichgültigkeit bemüht, zuckte sie mit den Achseln. »Echt? Das liegt wohl am Wetter.« Irritiert schaute er in den grauen Himmel und sein Blick huschte zu Judith, die amüsiert in sich hineinlächelte. Seine Stimme wurde verschwörerisch. »Ich hörte, du hast gekündigt?« Ob er wohl über den Grund der Kündigung Bescheid wusste? Sie versuchte es nicht herauszufinden, sagte nur, dass es sich halt so ergeben habe und sie leider sehr in Eile seien. Zum Glück drängten die Kugeln nicht mehr ganz so ungestüm ins Freie. Ein unverbindliches Lächeln noch, dann trennten sich ihre Wege. Der Abschied fiel ihr nicht schwer.
    »Wer war das?«, fragte Judith, als er im Strom der Passanten verschwand.
    »Ein Kollege, ein ehemaliger.«
    »Du hast gearbeitet?« Erstaunen sprach aus Judiths Frage, als halte sie das für eine völlig absurde Vorstellung.
    »Ja, ich habe gearbeitet. — Aber komm jetzt, lass uns nach den Schuhen schauen.«
    Im Schuhgeschäft war Judith wieder zickig. Skeptisch beäugte sie die eleganten schwarzen Schuhe mit den hohen dünnen Absätzen, die Carolin ihr zeigte, und abwehrend schüttelte sie den Kopf. »Solche Absätze bin ich nicht gewohnt. Damit kann ich nicht gehen.«
    »Es wird dir aber nichts anderes übrigbleiben, als dich daran zu gewöhnen.« Carolin wunderte sich selbst über den entschlossenen Klang ihrer Stimme, der einer Stellvertreterin des Gebieters durchaus würdig war.
    Überrascht schaute Judith auf, zog die Schuhe ohne weitere Widerrede an und machte einige Versuchsschritte im edlen Laden. Sie gelangen recht gut, allerdings perlte ein erregter Seufzer von ihren halb geöffneten Lippen. Wohin sie auch kamen, waren alle Blicke auf sie gerichtet. Judith akzeptierte die Wahl und freundete sich sogar noch mit einem weiteren Paar an, deren dunkles Rot zum neuen Korselett passte. Carolins Vorschlag, erst einmal die bequemen Schuhe anzulassen und sie später im Auto zu wechseln, wurde abgelehnt. Nein, die schwarzen wollte Judith gleich anbehalten. Carolin erhob keinen weiteren Einwand und ignorierte beim Bezahlen den aufdringlich dreisten Blick des jungen smarten Verkäufers, der offenbar glaubte, unwiderstehlich zu sein.
    Simons Geld war fast restlos ausgegeben. — Und nun? Noch ein halbes Stündchen in ein Café? Reizvoll wäre es schon … Anderseits aber … Sollten sie noch mehr Menschen ihre Lust vorzeigen und sich anstarren lassen wie Stripperinnen auf einer Nachtclubbühne? Nein, besser nicht. Konzentriert und bei jedem Schritt neu aufgewühlt stöckelte Judith neben Carolin her wie ein Storch zur Tiefgarage, in der das rettende Auto wartete. »Einen solch aufreizenden Einkaufsbummel habe ich noch nie erlebt«, sagte sie, als sie seufzend auf den Beifahrersitz sank, und Carolin konnte ihr nur

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