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Carolin - GesamtWerk

Carolin - GesamtWerk

Titel: Carolin - GesamtWerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Bruno Greulich
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Beinen in Höhe der Knie baumelten. Ihr Weg führte am Roten Salon vorbei und hinaus in die hohe weite Halle. In deren Mitte war ein rundes Podest aufgebaut, etwa hüfthoch, der Rahmen und die drei Stufen waren aus schimmerndem Metall, der Boden war verspiegelt. Dort hinauf! Beim Hinaufsteigen war es, als würde man sie so, wie sie waren, der ganzen Welt vorführen. Mit pochenden Herzen und gesenkten Lidern standen sie nebeneinander und regten sich nicht, damit wenigstens die höhnischen Glöckchen endlich Ruhe gaben.
    Auch der Rundliche und der Weißhaarige gesellten sich in die Halle, dazu kam zu allem Elend auch noch das Dienstmädchen, bekleidet mit ihrer bizarren Kluft, dem kurzen, tief dekolletierten Latexkleid und der weißen Servierschürze. Sie beäugte die Mädchen auf dem Präsentierteller verstohlen, ungläubig, dabei auch wie gebannt, und musste Stellung beziehen bei einem runden gläsernen Tisch, auf dem eine Flasche Champagner im Eiskübel und fünf hochstielige Gläser standen. Eleonore baute sich mit steinerner Miene im Hintergrund an der Ecke des Korridors auf. Alles war nun bereit, alles wartete auf den geheimnisvollen Gast, der Schatten des Schmerzes vorauswarf und selbst die Herren zu beeindrucken schien. Wer war das nur? Der Herrscher des finsteren Reiches, das diese seltsame Villa erschaffen hatte, und der Fürst der Unterwelt, dem die Gefühle der Furcht, der Scham und der Lust wie Opfergaben dargebracht wurden?
    Melodisch und voluminös wie ein Orgelakkord im Dom rollte der Klang der Türglocke durch den Raum und das Dienstmädchen ging zur Tür. Und wenn nun ein nichtsahnender Nachbar draußen stand, der etwas Zucker ausleihen wollte, oder jemand, der für die Caritas sammelte? Solch kleinliche Sorgen schien man hier nicht zu kennen. Die Tür schwang auf und das Mädchen im Latexkleid machte einen artigen Knicks vor einem kleinen schrumpligen Mann mit zerfurchtem Gesicht und weißem struppigem Bart. Er schenkte ihr zur Belohnung ein gönnerhaftes Lächeln. Das sollte er wirklich sein, der so innig erwartete Gast? Er war um die sechzig oder älter und trug einen abgetragenen braunen Anzug, ein weißes Hemd und eine grüne Krawatte mit schiefem Knoten. Wie der Herrscher eines finsteren Reiches sah er eigentlich nicht aus.
    Sein Blick schweifte einmal, zweimal, dreimal aufs Podest herauf, dann stolzierte er mit einem Grinsen übers ganze Gesicht auf den Massigen zu und begrüßte ihn mit großem Händedruck, ansonsten aber ohne jede Förmlichkeit: »Schön, mal wieder in deinen heiligen Hallen zu sein.« Während er den anderen Herren beiläufig die Hände schüttelte, hantierte das Dienstmädchen gekonnt mit der Champagnerflasche, der Korken knallte und schäumend füllten sich die Gläser. Sie reichte jedem der Herren ein Glas und der Kleine, der Gast, der sonderbare, trat ans Podest heran und beschaute sich Carolin und Katharina mit glitzernd grünen Augen. »Hübsch, die beiden Häschen.« Hoch und krächzend klang seine Stimme, fiebrig und voller Energie, als stünde er unter Strom.
    Der Massige lächelte geschmeichelt und sein Finger beschrieb einen Kreis in der Luft. Die beiden Häschen verstanden das Zeichen und drehten sich um die eigene Achse, zart bimmelten die Glöckchen. Der kleine Mann war angetan. »Sehr apart. Und sehr schön vorbereitet. Es ist vor kurzem erst geschehen, nicht wahr?«
    Carolin, der die Frage offenbar galt, da sein Blick sie aufspießte, nickte verzagt.
    Seine Augen richteten sich auf Katharina. »Tut’s noch weh?«
    Auch sie gab ein Nicken zur Antwort.
    »Es muss sehr beschämend sein, hier auf dem Präsentierteller zu stehen, nicht wahr?«
    Kaum sichtbar war Katharinas erneutes Nicken.
    Der Kleine stieß mit den Herren an und trank ein Schlückchen. »Es ist sehr lobenswert, ihnen Gehorsam beizubringen. Aber man sollte die Ärmsten nicht nur leiden lassen, sondern ihnen auch erlauben, sich gegenseitig ein paar schöne Gefühle zu bereiten, meinst du nicht?«
    Der angesprochene Massige gab wie die Mädchen ein Nicken zur Antwort, allerdings weniger verschämt. Er schaute zu ihnen hoch. »Ihr habt es gehört!«
    Ja, das hatten sie. Nur keinen Anlass zum Tadel bieten! Sie wandten sich einander zu und Carolin fühlte, wie Katharinas Hand zwischen ihre Beine glitt und sie so zaghaft streichelte, als würde sie Verbotenes tun, während sie selbst die rechte Hand an Katharinas Schoß legte. Zärtlich und bald mit schwindender Scheu bereiteten sie sich Lust vor aller

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