Carolin - GesamtWerk
Augen; erregte Seufzer quollen aus den geknebelten Mündern, wohlig wiegten sich ihre Körper, die schönen Gefühle waren wirklich schön, sogar unter all den fremden Blicken, denen der spiegelnde Boden auch in die geheimsten Winkel Einblick gewährte.
»Das reicht für den Anfang!«
Sie gehorchten augenblicklich der kratzigen Stimme des Kleinen, der offenbar das Kommando übernahm, ihre Hände ließen voneinander ab und sie wandten sich dem Publikum zu; ihre tiefen Atemzüge berichteten davon, dass sich die aufgewühlten Gefühle nicht gleich wieder glätteten, und die verräterischen Glöckchen machten das Wiegen ihrer Hüften für alle hörbar. Gleich bimmelten sie wieder aufgeregt, da Katharina und Carolin dem Wink des Massigen folgten und mit kleinen vorsichtigen Schritten die Stufen hinabstiegen. Endlich nicht mehr auf dieser Bühne zur Schau gestellt. Eine Prozession bewegte sich zum Roten Salon, voran Eleonore, hinter ihr die Mädchen, gefolgt von den Herren, denen die Zofe hinterdreinstöckelte, deren Ziel aber die Küche war.
Etwas Seltsames stand im Salon auf dem Tisch, ein altertümlich anmutendes technisches Gerät, das mit einem Verlängerungskabel an die Steckdose angeschlossen war. Der Kleine beäugte es erfreut. »Oh, eine hübsche Idee.« Wenn es eine Idee war, die ihm gefiel, dann, so dachte Carolin, hatte es für sie nichts Gutes zu bedeuten. Eleonore führte Katharinas linke Hand zu Carolins und deren rechte Hand zu Katharinas Nacken und schloss die Armbänder am Halsband fest, so dass sie Arm in Arm wie Freundinnen fürs Leben nebeneinanderstanden. Sie sahen, wie Eleonore aus einer der beiden runden Öffnungen des Kastens einen Klemmverschluss hervorholte, an dem ein rot ummanteltes dünnes Kabel befestigt war, das immer länger wurde, je mehr sie daran zog. Dann mussten sie dem Tisch den Rücken zukehren und Carolin spürte an den Bewegungen des Plugs, dass die Klemme an dessen Ring befestigt wurde. Auch Katharina wurde verkabelt. Wollte man sie etwa unter Strom setzen? War das nicht eine Foltermethode? Eleonore richtete sich auf und trat zwei Schritte zurück, als drohe Gefahr von ihnen, dann nickte der Massige ihr zu und sie verließ den Raum auf leisen Sohlen. Carolin sah die Furcht in Katharinas großen Augen und den permanent aufgerissenen Mund, der schrecklich aussah, aber sie selbst war mit ihrem Bangen und dem obszönen Schnuller sicherlich auch nicht hübscher. Vermutlich gefielen sie den Herren sehr gut.
Die Herren machten es sich in den Sesseln bequem und der Rosige verlangte nach einem Glas Wein. Koordination war gefragt. Carolin, die nun die linke Hand verwaltete, hielt das Glas und Katharina schenkte es mit ihrer freien rechten Hand halb voll. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu ihm — und seufzten beim ersten Schritt auf. Das Kabel zog am Plug, nicht so stark, dass er herauszugleiten drohte, aber doch genug, um ihn noch aufreizender zu machen. Carolin reichte dem Rosigen das Glas mit einem Knicks, zu dem vorsichtshalber auch Katharina die Knie beugte, da sie nun ja offenbar eins waren.
Anerkennend nickte der Gast dem Weißhaarigen zu. »Sie sind wirklich gut erzogen, geradezu vorbildlich.« Der Weißhaarige lächelte geschmeichelt: »Wir haben uns viel Mühe gegeben.« Vom Tisch her erklang die Stimme des Massigen. »Morgen können wir eine Kutschfahrt mit ihnen machen. Wir sind nämlich bei den Ehrbars eingeladen und es ist gutes Wetter vorhergesagt.«
Katharina und Carolin tauschten einen ratlosen Blick. Was hatte das zu bedeuten? Kutschfahrt klang ja eher harmlos, wenn nicht gar romantisch, aber sicherlich würde den Herren etwas einfallen, das die Romantik in Grenzen hielt. Die Freude des Gastes bestärkte ihre Skepsis. »Oh, eine Kutschfahrt, das hatte ich schon lange nicht mehr. Eine großartige Idee. — Bringt mir einen Whisky, Mädchen. Pur und unverfälscht, wie ich auch Frauen am liebsten habe.«
Um zum Tisch zurückzugehen, mussten sie sich umdrehen. Das aber war ein Problem. Die Kabel. Wollten sie sich nicht in ihnen verheddern, gab es nur eine Möglichkeit: rückwärtsgehen. Immerhin verkürzten sich die Drähte, anscheinend automatisch aufgewickelt, bei jedem vorsichtigen Schritt zurück. Halb hatten sie den Weg geschafft, als es im Po plötzlich zu kribbeln begann, sachte zuerst, dann zunehmend aufreizender, bis das Kribbeln im ganzen Körper war. Strom floss durch sie hindurch! Es tat nicht weh, ganz im Gegenteil. Es war, als würden zärtliche
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