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Caroline

Caroline

Titel: Caroline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Strategie, die die Autorin für das breite Publikum interessant machen soll?«
    Vreemoed verzog das Gesicht. »Sie hat einen Agenten, der die Öffentlichkeitsarbeit für sie erledigt und sämtliche Interviews arrangiert.«
    »Ist er auch für dieses schöne Plakat verantwortlich?«
    »Ja, indirekt, es stammt von einer Agentur. Wir können solche Werbemittel hier nicht selbst produzieren.«
    »Eine gute Aufnahme«, warf ich in meiner Rolle als Fotograf ein. »Das ist doch die Autorin?«
    Vreemoed blickte unwillkürlich zu dem Plakat hinüber, als müsse er sich selbst davon überzeugen. »Ja, natürlich.«
    »Was gibt der Mirabel Verlag sonst noch heraus?«, fragte Nel.
    Der Lektor wies mit einem Nicken zum Empfangsschalter. »Emily kann Ihnen einen Katalog mitgeben. Vor allem Do-it-yourself-Ratgeber und Handbücher, aber wir haben auch ein paar Krimiautoren im Programm.«
    »Ansonsten keine Belletristik?«
    »Wir hoffen, dass Ein kleines Geschenk die Grundlage für einen neuen literarischen Zweig bildet. Wir drucken bereits die dritte Auflage und demnächst erscheinen Übersetzungen ins Deutsche und ins Französische.«
    »Wann haben Sie das Manuskript erhalten?«
    »Vor etwa zwei Monaten.«
    »Ist das nicht ein bisschen knapp, um ein Buch zu lesen, zu lektorieren, zu drucken und auf den Markt zu bringen?«
    Er nickte. »Es kann auch ein wenig länger her sein, aber es ist tatsächlich sehr schnell gegangen. Das liegt unter anderem an der modernen Technik, zum Beispiel braucht man Manuskripte heutzutage nicht mehr abzutippen so wie früher.«
    »Ist ein Folgeband geplant?«
    »Davon gehen wir aus. Hören Sie, ich erzähle Ihnen gerne alles über den Verlag, aber mit sämtlichen Fragen über die Autorin wenden Sie sich bitte an ihren Agenten, Hein Drisman in Den Haag.« Er gab uns die Visitenkarte, die er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte.
    »Für meine Story wäre es aber nett, wenn die Person dabei wäre, die sie entdeckt hat«, sagte Nel hartnäckig. »Sind Sie das oder Ihre Kollegin, wie hieß sie noch, Katrien?«
    »Von einer Entdeckung kann man eigentlich nicht reden, aber Katrien hat das Manuskript lektoriert, das ist richtig. Doch wie schon gesagt: Wir dürfen keinerlei Informationen an Sie weitergeben, das ist nun einmal so vereinbart.«
    Wir parkten den BMW an den Bahngleisen und bestellten belegte Brötchen auf der Terrasse eines Lokals namens De Generaal. Nel bestellte ein Glas Milch. Es war ein sonniger Herbsttag.
    Als der Kellner hineingegangen war, starrte Nel eine Zeit lang die Bäume und Villen an, schüttelte dann den Kopf und sagte: »Ich glaube kein Wort von alledem.«
    »Wovon?«
    »So schrecklich menschenscheu ist Caroline nun auch wieder nicht, dass sie sich hinter jemand anderem verstecken müsste, wenn sie das Einzige, worauf sie wirklich stolz sein kann, an die Öffentlichkeit bringt.«
    »Vielleicht war ihr nicht klar, dass es ein Erfolg werden würde. Möglicherweise hat sie mit dieser Scharade begonnen, weil sie selbst kein Vertrauen in ihre Arbeit hatte, und jetzt kann sie nicht mehr zurück.«
    »Aber wo steckt sie nur?«
    »An einem geheimen Ort, wo sie an ihrem Nachfolgeroman arbeitet.«
    »Und gibt weder ihrer Mutter noch mir Bescheid?«
    »Ich bin zu Besuch bei einer Freundin«, zitierte ich.
    Der Kellner brachte Kaffee, Milch und Brötchen. Ich biss in ein knuspriges Exemplar mit altem Gouda. Ich hatte Hunger.
    Nel trank von der Milch und schüttelte erneut den Kopf. Ich selbst glaubte auch nicht so recht an diese Theorie. »Woher kennt sie diese Larue?«, fragte Nel. »Sie wird doch kaum mit ihr befreundet sein, die Frau ist doppelt so alt wie sie.« Das klang ein wenig abfällig und auch ein bisschen besitzergreifend, als fiele es ihr schwer zu akzeptieren, dass Caroline eine völlig Unbekannte ins Vertrauen gezogen hatte und nicht sie. »Die Sache wird in der Öffentlichkeit ganz falsch dargestellt.« Nel holte einen Zeitungsausschnitt aus ihrer Tasche und las daraus vor. »Das hier ist aus dem NRC Handelsblad. Die Larue sagt, sie habe nicht über ihr eigenes Leben schreiben wollen und daher ein jüngeres Alter Ego erschaffen müssen, eine einsame junge Frau von heute, die alles entbehren musste, Vater, Mutter, familiäre Wurzeln. Jane Austen schenkte uns Fanny Price, Hedwige Larue verdanken wir Germaine Thomas, und das ist mehr als nur ein kleines Geschenk. Zweifellos handelt es sich dabei um die literarische Sensation des Jahres.« Sie faltete den Ausschnitt zusammen.

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