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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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die Grenze im Bus bis Freistadt, der sicherste
Übergang, den er kannte. In Freistadt genehmigte er sich ein Glas und verbrachte
die Nacht mit einem Mädchen, weil er ganz durcheinander und ärgerlich war und
wieder zu Atem kommen wollte. Dienstagnacht traf er in London ein und trotz
Jims Befehl dachte er, er sollte doch versuchen, Control zu erreichen: »Das
war ganz verdammt schwierig«, kommentierte er. Er versuchte es per Telefon, kam
aber nicht über die Mütter hinaus. MacFadean war nicht da. Er dachte an
Schreiben, aber da fiel ihm ein, daß Jim gesagt hatte, niemand sonst im Circus
dürfe etwas erfahren. Er beschloß, Schreiben sei zu gefährlich. Gerüchte in
Acton wollten wissen, daß Control krank sei. Er versuchte, das Krankenhaus
ausfindig zu machen, aber vergebens. »Hatten Sie den Eindruck, daß die Leute in
Acton wußten, wo Sie gewesen waren?«
    »Frage ich
mich auch.«
    Er fragte
sich noch immer, als die Personalabteilung ihn kommen ließ und seinen
Rudi-Hartmann-Paß sehen wollte. Er sagte, er habe ihn verloren, was schließlich
der Wahrheit sehr nahekam. Warum er den Verlust nicht gemeldet habe: Wußte er
nicht. Wann hatte er ihn verloren? Wußte er nicht. Wann hatte er Jim Prideaux
zum letztenmal gesehen? Erinnerte er sich nicht. Sie schickten ihn zur Nursery nach
Sarratt, aber Max fühlte sich in Form und war wütend, und nach ein paar Tagen
hatten die Inquisitoren entweder genug von ihm, oder jemand pfiff sie zurück.
    »Ich geh
wieder zurück nach Acton. Toby Esterhase gibt mir hundert Pfund, sagt, ich soll
mich zum Teufel scheren.«
    Schrille
Beifallsrufe stiegen vom Ufer des Teichs auf. Zwei Buben hatten eine große
Eisscholle versenkt und jetzt blubberte das Wasser durch das Loch.
    »Max, was
ist mit Jim passiert?«
    »Was zum
Teufel?«
    »Sie
kriegen solche Dinge zu hören. Es kommt unter den Emigranten herum. Was ist
mit ihm passiert? Wer hat ihn geflickt, wie haben sie ihn zurückgekauft?«
    »Emigranten
reden nicht mehr mit Max.«
    »Aber Sie
haben etwas gehört, nicht wahr?« Dieses Mal erzählten es ihm die weißen Hände.
Smiley sah, wie die Finger sich spreizten, fünf an der einen Hand, drei an der
anderen, und er fühlte die Übelkeit aufsteigen, noch ehe Max sprach:
    »Sie haben
also Jim von hinten angeschossen. Vielleicht ist Jim davongerannt, was zum
Teufel? Sie haben Jim ins Gefängnis gesteckt. Das ist nicht gut für Jim. Auch
für meine Freunde. Nicht gut.« Er fing an, aufzuzählen. »Pribyl«, begann er und
berührte seinen Daumen. »Bukowa, Mirek, von Pribyls Frau und Bruder.« Er nahm
einen Finger. »Auch Pribyls Frau.« Ein zweiter Finger, ein dritter: »Kolin
Jiri, seine Schwester auch, meistens tot. Das war Netz Aggravate.« Er nahm die
andere Hand. »Nach Netz Aggravate kommt Netz Plato. Kommt Rechtsanwalt Rapotin,
kommt Oberst Landkron und die Stenotypistinnen Eva Kriegiowa und Hanka Bilowa.
Auch meistens tot. Verdammt hoher Preis, George«, er hielt die sauberen Finger
nah an Smileys Gesicht, »verdammt hoher Preis für einen einzigen Engländer mit
Schuß im Rücken.« Er geriet außer sich. »Was geht Sie's an, George? Circus
nicht gut für Tschecho. Alliierte nicht gut für Tschecho. Kein Reicher holt
keinen Armen aus dem Gefängnis! Soll ich Ihnen eine Fabelgeschichte erzählen?
Wie sagt man, bitte?«
    »Märchen«,
sagte Smiley.
    »Okay,
also, ich will keine verdammten Märchen mehr hören, wie die Engländer müssen
die Tschechen befreien!«
    »Vielleicht
war es gar nicht Jim«, sagte Smiley nach langem Schweigen. »Vielleicht hat
jemand anderer die Netze hochgehen lassen. Nicht Jim.«
    Max
öffnete bereits die Tür. »Was zum Teufel?« fragte er. »Max«, sagte Smiley.
    »Keine
Angst, George. Ich hab keinen, an den ich Sie verkaufen könnte. Okay?«
    »Okay.«
    Smiley
blieb im Auto sitzen und sah zu, wie Max einem Taxi winkte. Mit einer kurzen
Handbewegung, als riefe er einen Kellner herbei. Ohne einen Blick auf den
Fahrer gab er die Adresse an. Dann fuhr er ab, wiederum saß er sehr aufrecht
und starrte vor sich hin wie eine königliche Hoheit, die der Menge nicht
achtet. Als das Taxi verschwunden war, erhob sich Inspektor Mendel langsam von
der Bank, faltete seine Zeitung zusammen und ging zu dem Rover hinüber.
    »Alles in
Ordnung«, sagte er. »Die Luft ist rein. Ihr Gewissen ist rein.«
    Smiley,
der dessen nicht ganz so sicher war, händigte Mendel die Schlüssel des Wagens
aus, dann ging er zu Fuß zur Bushaltestelle, zuerst über die Straße und

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