Carre, John le
alle
könnten sich gegen ihn verschwören.«
»Fiele mir
nicht im Traum ein, alter Knabe.«
»Und falls
er sich wirklich in den nächsten Tagen melden
sollte«, fuhr Smiley fort - eine sehr entfernte Möglichkeit, besagte sein
Tonfall - »können Sie mir einen Wink zukommen lassen. Dann kann ich Ihnen den
Rücken stärken. Rufen Sie übrigens nicht mich an, wählen
Sie diese Nummer.«
Plötzlich
war Jerry Westerby in Eile; die Story über den Albion-Schläger konnte nicht
mehr warten. Aber als er Smileys Karte entgegennahm, fragte er mit einem
seltsamen, verlegenen Blick an Smiley vorbei: »Doch nichts Unschönes im Gang,
wie, alter Knabe? Keine faulen Sachen im engen Kreis?« Das Grinsen war
furchterregend: »Stamm ist nicht auf dem Kriegspfad oder so?«
Smiley
lachte und legte eine Hand leicht auf Jerrys gewaltige, ein wenig hochgezogene
Schulter. »Jederzeit«, sagte Westerby. »Werde dran denken.«
»Hab'
gedacht, Sie wären's gewesen, verstehn Sie: der den Alten angerufen hat.«
»Ich war's
aber nicht.«
»Vielleicht
war's Alleline.«
»Nehme ich
an.«
»Jederzeit«,
sagte Westerby nochmals. »Tut mir leid, ja? Grüßen Sie Ann.« Er zögerte.
»Na los,
Jerry, raus damit«, sagte Smiley.
»Toby hat
eine häßliche Geschichte über sie und Bill, das Großhirn. Hab' ihm gesagt, er
soll sich's in seinen dreckigen Schlund stecken. Ist doch nichts dran, wie?«
»Vielen
Dank, Jerry. Wiedersehn, Hugh.«
»Hab'
gewußt, daß nichts dran ist«, sagte Jerry aufrichtig erfreut, hob wieder den
Zeigefinger zur Indianerfeder und trabte zurück in seine Jagdgründe.
Worin sich
junge Liebe überraschend in Erinnerung bringt
Als Smiley
in dieser Nacht allein in seinem Bett im Islay lag und
nicht schlafen konnte, nahm er sich noch einmal die Akte vor, die Lacon ihm in
Mendels Haus gegeben hatte. Sie stammte aus den späten fünfziger Jahren, als
der Circus genau wie andere Whitehall-Dienststellen unter dem Druck der
Konkurrenz die Zuverlässigkeit seiner Mitarbeiter genau unter die Lupe hatte
nehmen müssen. Bei den meisten Einträgen handelte es sich um
Routineüberprüfungen: Abgehörte Telefongespräche, Überwachungsberichte, endlose
Interviews mit Universitätslehrern, Freunden und Bürgern. Ein Dokument jedoch
hielt Smiley fest wie ein Magnet; er konnte sich nicht mehr davon trennen. Es
war ein Brief, im Index schlicht als »Haydon an Fanshaw, 3. Februar 1937«
aufgeführt. Genauer gesagt war es ein handschriftlicher Brief des Studenten
Bill Haydon an seinen Tutor Fanshaw, einen Talentsucher des Circus, worin der
junge Jim Prideaux als möglicher Kandidat auf eine Anwerbung für den
britischen Geheimdienst vorgestellt wurde. Eine geschraubte explication
de texte war vorangestellt. Die Optimates seien »ein
elitärer Christ Church Club, hauptsächlich ehemalige Eton-Schüler«, schrieb der
unbekannte Verfasser. Fanshaw (P.R. de T. Fanshaw, Ehrenlegion, O.B.E.* [ * Officer
of the Order of the British Empire] Personalakte soundso), war sein
Gründer, Haydon (unzählige Referenzen) war in dem betreffenden Jahr seine
Primadonna gewesen. Die politische Couleur der Optimates, denen schon Haydons Vater seinerzeit angehört hatte, war unverhohlen
konservativ. Fanshaw, inzwischen längst gestorben, kämpfte leidenschaftlich
für das Empire, und »die Optimates waren seine private Truppenreserve für das
Große Spiel«, wie der Vorspann ausführte. Seltsamerweise erinnerte sich Smiley
aus seiner eigenen Studienzeit undeutlich an Fanshaw: Ein dünner, emsiger Mann
mit randloser Brille, Neville-Chamberlain-Regenschirm und unnatürlich
geröteten Backen, als zahnte er noch immer. Steed
Asprey nannte ihn den Tantenonkel.
»Mein
lieber Fan, könnten Sie sich entschließen, einige Erkundigungen über den
jungen Herrn einzuziehen, dessen Name auf einliegendem Stück Menschenhaut
geschrieben steht? (Überflüssige Anmerkung der Inquisitoren: Prideaux.)
Vermutlich kennen Sie Jim - wenn Sie ihn überhaupt kennen - als Athletikus von
einigen Graden. Was Sie indes nicht wissen, aber wissen sollten, ist folgendes:
Er ist kein mieser kleiner Linguist oder sonst ein kompletter Idiot. . .«
(hier folgte ein biographischer Überblick von erstaunlicher Genauigkeit:. . .
Lycee Lakanal in Paris, für Eton angemeldet, aber nie hingegangen,
Jesuitenschule in Prag, zwei Semester Straßburg, Eltern Bankgeschäft auf dem
Balkan, Kleinadel, leben getrennt. . .)
»Daher die
innige Vertrautheit unseres Jims mit fremden Gebieten und
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