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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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während der folgenden Monate bewies er bei dieser
Tätigkeit bemerkenswertes Geschick. Er benutzte alle möglichen Methoden, und
der Circus lieferte ihm nur zu gern das Rüstzeug. Geheimschriften, Mikropunkte,
die über Punkte in harmlos aussehenden Briefen angebracht wurden, tote Briefkästen
in westlichen Hauptstädten, die von Gott weiß welchem wackeren Russen gefüllt
und von Toby Esterhases wackeren Aufklärern pflichtbewußt geleert worden waren.
Sogar persönliche Zusammenkünfte, von Tobys Babysittern arrangiert und
bewacht« - kurze Pause, während Smiley wieder zum Fenster blickte - »ein paar
Hinterlegungen in Moskau, die von unserer dortigen Außenstelle weitergespielt
werden mußten, obwohl sie dort nie erfahren durften, wer ihr Wohltäter war.
Aber kein Geheimfunk. Dafür hat Merlin nichts übrig. Es war einmal vorgeschlagen
worden - kam sogar bis zum Schatzamt - einen ständigen Langwellensender in
Finnland einzurichten, nur zu seiner Verfügung, aber man ließ das Projekt
fallen, als Merlin sagte: >Nicht in die Tüte. < Muß bei Karla in die
Schule gegangen sein, wie? Sie wissen, Karla haßt den Funk. Das Tollste an
Merlin ist seine Beweglichkeit: sein größtes Talent. Vielleicht sitzt er im
Moskauer Handelsministerium und kann die Handlungsreisenden einsetzen. Wie dem
auch sei, er hat die Mittel und er hat die Kanäle, die aus Rußland
herausführen. Und deshalb haben seine Mitverschwörer ihn ausersehen, mit Gerald
zu verhandeln, die Bedingungen auszuhandeln, die finanziellen Bedingungen. Sie
wollen nämlich Geld. Eine Menge Geld. Ich hätte das schon erwähnen sollen. In
dieser Hinsicht sind Geheimdienste und ihre Konsumenten leider wie gewöhnliche
Sterbliche. Sie schätzen am meisten, was am meisten kostet, und Merlin kostet
ein Vermögen. Schon mal ein gefälschtes Bild gekauft?«
    »Hab' mal
ein paar verkauft«, sagte Toby mit einem zuckenden nervösen Lächeln, aber
niemand lachte.
    »Je mehr
man dafür zahlt, um so weniger ist man geneigt, an der Echtheit zu zweifeln.
Töricht, aber so sind wir. Es ist auch für jedermann tröstlich zu wissen, daß
Merlin käuflich ist. Das ist ein Motiv, das wir alle verstehen, stimmt's Toby?
Besonders im Schatzamt. Fünfzigtausend Franken pro Monat auf ein Schweizer Bankkonto:
also, ich möchte wissen, wer dafür nicht ein paar Gleichheitsprinzipien ein
bißchen verdreht. Whitehall zahlt ihm also ein Vermögen und bezeichnet seine
Informationen als unbezahlbar. Und einiges ist tatsächlich gut«, räumte Smiley
ein. »Sehr gut, meine ich, und das sollte es auch sein. Dann weiht Gerald
eines schönen Tages Percy in das allergrößte Geheimnis ein. Die Merlin-Clique
hat einen Londoner Anhang. Es ist der Anfang, wie ich Ihnen jetzt verraten
sollte, einer sehr, sehr klugen Kombination.«
    Toby
stellte seine Tasse ab und betupfte mit dem Taschentuch geziert seine
Mundwinkel.
    »Laut
Gerald ist ein Mitglied der Sowjetbotschaft hier in London willens und in der
Lage, als Merlins Londoner Repräsentant zu fungieren. Er kann es sich sogar
leisten, in Ausnahmefällen die Botschaftseinrichtungen zu benutzen, um mit
Merlin in Moskau zu sprechen, Botschaften zu senden und zu empfangen. Und daß
es, vorbehaltlich aller nur denkbaren Vorsichtsmaßnahmen, Gerald sogar darin
und wann möglich sei, heimliche Zusammenkünfte mit diesem Zauberer zu
arrangieren, ihn zu instruieren und zu desinstruieren, Nachfaß-Fragen an Merlin
zu stellen und die Antwort beinah postwendend zu erhalten. Wir wollen diesen
Sowjetfunktionär Alexei Alexandrowitsch Poljakow nennen und von der Annahme
ausgehen, er gehöre der Kulturabteilung der Sowjetbotschaft an. Können Sie mir
folgen?«
    »Ich habe
kein Wort gehört«, sagte Esterhase. »Ich bin ertaubt.«
    »Es heißt,
er habe längere Zeit der Londoner Botschaft angehört - acht Jahre, um genau zu
sein -, aber Merlin habe ihn erst kürzlich in die Herde aufgenommen.
Vielleicht während Poljakow auf Urlaub in Moskau war?«
    »Ich höre
kein Wort.«
    »Poljakow
wird sehr schnell ein sehr bedeutender Mann, denn Gerald ernennt ihn alsbald
zum Angelpunkt der Operation Witchcraft und noch
zu allerhand mehr. Die toten Briefkästen in Amsterdam und Paris, die
Geheimtinten, Mikropunkte: das alles geht nach wie vor weiter, aber in
verringertem Maß. Man kann die Gelegenheit, Poljakow praktisch in Reichweite zu
haben, einfach nicht ungenutzt lassen. Ein Teil von Merlins bestem Material
wird per Diplomatengepäck nach London geschmuggelt: Poljakow hat

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