Carre, John le
Kriegsausbruch
übersiedelte das Paar des kleinen Jungen wegen nach Singapur, und Ricki Tarr
erhielt seine erste Ausbildung im Gefängnis von Changi unter japanischer Aufsicht.
In Changi predigte der Vater jedem, dessen er habhaft werden konnte, Gottes
Barmherzigkeit, und wären die Japse ihm nicht auf den Pelz gerückt, so hätten
seine Mitgefangenen diese Aufgabe für sie übernommen. Nach der Befreiung gingen
alle drei nach Penang zurück. Ricki nahm einen Anlauf, das Strafrecht zu
studieren, kam jedoch häufig damit in Konflikt, und der Vater hetzte ihm ein
paar rauhe Gottesmänner auf den Hals, die ihm die Sünden aus der Seele prügeln
sollten. Tarr setzte sich nach Borneo ab. Mit achtzehn war er regulär bezahlter
Waffenschmuggler, der auf dem indonesischen Archipel Freund und Feind
belieferte, und dabei war Mackelvore auf ihn gestoßen.
Als Tarr
die Nursery absolviert hatte, war die
Malaya-Krise ausgebrochen, und er wurde erneut in den Waffenhandel eingeschleust.
So ziemlich die ersten, mit denen er zu tun bekam, waren seine alten belgischen
Freunde. Sie waren von ihren Waffenlieferungen an die Kommunisten zu sehr in
Anspruch genommen, um sich Gedanken darüber zu machen, wo er gesteckt hatte,
und sie waren knapp an Leuten. Tarr übernahm ein paar Lieferungen für sie, um
ihre Verträge platzen zu lassen, dann setzte er sie eines Nachts unter Alkohol,
erschoß vier oder fünf von ihnen, einschließlich Rose, und steckte ihren Kahn
in Brand. Er trieb sich in Malaya herum und erledigte noch einige Aufträge,
dann wurde er nach Brixton zurückbeordert und für Sondereinsätze in Kenia
umgeschult: oder weniger vornehm ausgedrückt: für die Mau-Mau-Jagd gegen
Kopfprämie.
Nach Kenia
hatte Smiley ihn mehr oder weniger aus den Augen verloren, aber einige Vorfälle
blieben ihm in Erinnerung, weil sie sich zu Skandalen hätten auswachsen können
und Control in Kenntnis gesetzt werden mußte. Im Jahr einundsechzig war Tarr
nach Brasilien geschickt worden, um einem Rüstungsminister, dem das Wasser bis
zum Hals stand, ein massives Bestechungsangebot zu unterbreiten. Tarr ging zu
brutal vor, der Minister verlor die Nerven und informierte die Presse. Tarr
hatte einen falschen holländischen Paß, und niemand konnte sich einen Vers auf
die Geschichte machen, ausgenommen der niederländische Geheimdienst, der
wütend war. Ein Jahr darauf erpreßte - oder verheizte, wie die Skalpjäger zu
sagen pflegten - Tarr aufgrund eines von Bill Haydon gelieferten heißen Tips einen
polnischen Diplomaten in Spanien, der sein Herz an eine Tänzerin verloren
hatte. Die erste Lieferung war gut, Tarr erntete eine Belobigung und eine
Prämie. Aber als er sich eine zweite Rate holen wollte, schrieb der Pole ein
Geständnis an seinen Botschafter und stürzte sich, mit oder ohne Ermutigung,
aus dem Fenster.
In Brixton
bezeichneten sie ihn als einen Unfall-Magneten. Nach dem Ausdruck seines
unreifen aber alternden Gesichts zu schließen, bezeichnete ihn Guillam als
etwas weit Schlimmeres, während sie im Halbkreis um das kümmerliche Feuer
saßen. »Tja, dann will ich jetzt mal loslegen«, sagte Tarr unbeschwert und nahm
gelöst auf dem freien Stuhl Platz. Hinter ihm stießen graue Speere durch die
Fensterläden, es wurde Tag.
Ricki Tarr berichtet, was eine
russische Handelsdelegation in Hongkong alles treibt
»Es war
vor etwa einem halben Jahr«, begann Tarr. »Im April«, fauchte Guillam. »Wir
wollen uns an die genauen Daten halten, nicht wahr, auf der ganzen Linie?«
»Also es war
im April«, sagte Tarr gleichmütig. »In Brixton war es ziemlich ruhig, ich
glaube, wir waren ungefähr unser sechs auf Abruf. Pete Sembrini, der aus Rom
zurück war, Cy Vanhofer hatte soeben in Budapest einen Coup gelandet«, er
lächelte schelmisch - »Tischtennis und Billard im Wartesaal von Brixton,
stimmt's, Mr. Guillam?«
»War die
Sauregurkenzeit.«
»Als aus
heiterem Himmel«, sagte Tarr, »eine Blitzanforderung der Außenstelle Hongkong
eintraf.
Sie hatten
eine zweitrangige sowjetische Handelsdelegation in der Stadt, die auf
Elektroartikel für den Moskauer Markt Jagd machte. Einer der Delegierten machte
fleißig die Nachtclubs unsicher. Ein gewisser Boris, Mr. Guillam hat die
Einzelheiten. Noch nichts über ihn in den Akten. Sie hatten ihn seit fünf Tagen
unter Beobachtung, die Delegation sollte noch zwölf weitere Tage bleiben.
Politisch war der Fall zu heiß für die Jungens am Ort, aber sie dachten, mit
direktem Vorgehen wäre
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