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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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nannten ihn einen Vertreter des neuen Stils, weil
er jung war. Sein Gesicht war vom hastigen Rasieren verschrammt.
    »Ach, ich
komme eigentlich ganz gut zurecht, vielen Dank«, sagte Smiley höflich. Und um
das Gespräch in die Länge zu ziehen: »Ja, ja, wirklich recht gut. Und Sie? Ist
bei Ihnen alles in Ordnung?«
    »Keine
großen Veränderungen, nein. Alles geht seinen Gang. Charlotte bekam ihr
Stipendium für Roedean, was uns sehr gefreut hat.«
    »Oh, gut.«
    »Und Ihre
Frau, gesund und blühend und so weiter?« Auch seine Ausdrucksweise war
jungenhaft.
    »Wie eine
Rose, vielen Dank«, sagte Smiley in dem ritterlichen Bemühen, in gleicher
Tonart zu antworten.
    Sie
hielten die Augen auf die Doppeltür gerichtet. In weiter Ferne hörten sie das Klappern
von Schritten auf einem Fliesenboden. Smiley schätzte zwei Leute, beides
Männer. Die Tür ging auf, und eine große Gestalt tauchte im Gegenlicht halb als
Schattenbild auf. Den Bruchteil einer Sekunde lang erblickte Smiley dahinter
einen zweiten Mann, dunkel und klein und aufmerksam; aber nur der erste betrat
den Raum, und sofort schlossen unsichtbare Hände die Türflügel wieder.
    »Bitte,
schließen Sie uns ein«, rief Lacon, und sie hörten das Schnappen des
Schlüssels. »Sie kennen Smiley, nicht wahr?«
    »Ja, ich
glaube«, sagte die Gestalt, während sie sich auf den langen Weg aus dem fernen
Halbdunkel bis zu den drei anderen machte. »Ich glaube, er hat mir einmal einen
Job gegeben, oder, Mr. Smiley?«
    Seine
Stimme war so sanft wie der Singsang eines Südstaatlers, aber der koloniale
Akzent war nicht zu überhören. »Tarr, Sir, Ricki Tarr aus Penang.«
    Das
Flackern des Feuerscheins erhellte eine Seite des starren Lächelns und ließ
das eine Auge wie ein Loch erscheinen. »Der Anwaltssohn, wissen Sie nicht mehr?
Na aber, Mr. Smiley, Sie haben mir schon die Windeln gewechselt.«
    Und dann
standen sie lächerlicherweise alle vier aufrecht, und Guillam und Lacon sahen
aus wie Taufpaten, während Tarr Smileys Hand schüttelte, dann nochmals, dann
ein drittes Mal, wie für die Fotografen.
    »Sehr
erfreut, Mr. Smiley. Wirklich nett, Sie zu sehen, Sir.« Endlich ließ er Smileys
Hand los und nahm Kurs auf den für ihn reservierten Stuhl, während Smiley
dachte: Ja, bei Ricki Tarr wäre es möglich gewesen. Bei Ricki Tarr war einfach
alles möglich. Mein Gott, dachte er, noch vor zwei Stunden habe ich mir eingeredet,
ich würde mich in die Vergangenheit flüchten. Er war durstig und vermutete, es
komme von der Furcht.
    Vor zehn?
Vor zwölf Jahren? Sein Zeitgefühl war in dieser Nacht nicht auf der Höhe.
Damals hatte es zu Smileys Aufgaben gehört, die Rekruten zu sieben: keiner
wurde genommen ohne sein Nicken, keiner ausgebildet ohne seine Unterschrift auf
dem Lehrplan. Der Kalte Krieg lief auf Hochtouren, Skalpjäger waren gefragt,
die Außenstellen des Circus hatten Anweisung von Haydon, sich nach geeignetem
Material umzusehen. Steve Mackelvore aus Djakarta hatte Tarr angeworben.
Mackelvore war ein alter Profi, als Schiffsmakler getarnt, und hatte seinen
Schützling gefunden, als Tarr, reizbar und betrunken, in den Docks
herumrandalierte und ein Mädchen namens Rose suchte, das ihn hatte sitzenlassen.
    Nach Tarrs
eigener Darstellung hatte er mit ein paar Belgiern zusammengearbeitet, die
zwischen den Inseln und der Küste Waffenhandel trieben. Er haßte Belgier, und
das Waffenschieben hing ihm zum Hals heraus, und er war erbost, weil sie ihm
Rose gestohlen hatten. Nach Mackelvores Ansicht würde er auf Disziplin
ansprechen, und zudem war er jung genug für das Nahkampftraining, das die
Skalpjäger hinter den Mauern ihres unfreundlichen Hauses in Brixton betrieben.
Nach den üblichen Erkundigungen wurde Tarr zu einer zweiten Inspektion nach
Singapur weitergereicht und dann zu einer dritten an die Nursery in
Sarratt. Hier schaltete Smiley sich ein, als Moderator bei einer Reihe von
Interviews, darunter ein paar sehr unerfreulichen. Die Nursery war das
Ausbildungslager, aber sie hatte auch Platz für andere Zwecke.
    Tarrs
Vater, ein australischer Advokat, lebte angeblich in Penang. Die Mutter,
Provinzschauspielerin aus Surrey, war vor dem Krieg mit einer britischen
Theatertruppe nach Asien gekommen. Der Vater war, wie Smiley sich erinnerte,
missionarisch angehaucht und predigte in evangelischen Gemeindehäusern. Die
Mutter hatte in England ein kleines Strafregister gehabt, aber Tarrs Vater
wußte entweder nichts davon, oder es war ihm egal. Bei

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