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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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Überschreibung
durch seine eigenen Anwälte erledigen lassen. Alleline weigerte sich, die
Adresse mitzuteilen. Aus dem gleichen Grund gab es Unstimmigkeiten darüber,
wer die Unterlagen verwahren sollte. Dieses Mal blieb das Schatzamt hart, und
seine Anwälte trafen Vorsorge, daß das Haus zurückgegeben würde, falls Alleline
sterben oder Bankrott machen sollte. Aber die Adresse behielt er für sich,
desgleichen die Rechtfertigung dieses außergewöhnlichen und kostspieligen
Beitrags zu einer Operation, die angeblich im Ausland abgewickelt wurde. Smiley
suchte eifrig nach einer Erklärung. Die Abrechnungen waren darauf angelegt, wie
er bald herausfand, keine zu liefern. Sie enthielten einen einzigen verkappten
Hinweis auf das Londoner Haus, und zwar, als die Steuern verdoppelt wurden. Der
Minister an Alleline: »Ich nehme an, das Londoner Ende ist noch immer wichtig?«
Alleline an den Minister: »Eminent. Ich möchte sagen, mehr denn je. Ich möchte
ferner sagen, daß der Kreis derer, die Bescheid wissen, sich seit unserem
Gespräch nicht erweitert hat.« Bescheid- worüber?
    Erst als
er sich wieder den Akten zuwandte, in denen das Witchc raft-Produkt
bewertet wurde, stieß er auf die Lösung. Das Haus war Ende März bezahlt worden.
Unmittelbar darauf wurde es bezogen. Genau vom gleichen Datum an begann Merlin,
menschliche Züge anzunehmen, und sie stellten sich hier in Form der
Konsumentenkommentare dar. Bisher war Merlin für Smileys kritisches Auge eine
Maschine gewesen: fehlerlos arbeitend, unheimlich in der Reichweite, frei von
den Streß-Symptomen, die das Arbeiten mit den meisten Agenten so schwierig
machten. Jetzt war ihm plötzlich der Gaul durchgegangen.
    »Wir
legten Merlin Ihre erneuten Fragen wegen der Haltung des Kreml in Sachen eines
Verkaufs russischer Ölüberschüsse an die Vereinigten Staaten vor. Wir machten
ihn wunschgemäß darauf aufmerksam, daß dies im Widerspruch zu seinem Bericht
vom letzten Monat stehe, wonach der Kreml zur Zeit mit der Regierung Tanaka
wegen eines Vertrags über die Lieferung sibirischen Erdöls an den japanischen
Markt Kontakt aufgenommen habe. Merlin sah in den beiden Berichten keinen
Widerspruch und lehnt eine Prognose ab, welcher Markt im Endeffekt bevorzugt
werden könnte.« Whitehall bedauerte seine Dreistigkeit. »Merlin wird seinen
Bericht über die Unterdrückung des georgischen Nationalismus und die Aufstände
in Tiblisi nicht - wiederhole nicht - ausweiten.
Da er nicht selber Georgier ist, vertritt er die gängige russische Ansicht,
wonach alle Georgier Diebe und Vagabunden und am besten hinter Gittern seien .
. .« Whitehall drängte nicht weiter.
    Merlin war
plötzlich näher gerückt. War es nur der Erwerb eines Londoner Hauses, was
Merlin für Smiley in greifbare physische Nähe brachte? Merlin schien aus der
Abgeschiedenheit eines Moskauer Winters plötzlich hierher zu ihm, in dieses
erbärmliche Zimmer, gekommen zu sein; auf der Straße vor dem Fenster hielt,
wie Smiley wußte, Mendel seine einsame Wache. Aus dem Nichts war ein Merlin
aufgetaucht, der redete und Antwort gab und unentgeltlich seine Meinung dartat;
ein Merlin, der Zeit hatte für Begegnungen. Hier in London? Der in einem Haus
für sechzigtausend Pfund aus- und einging, aß und Bericht erstattete, große
Töne spuckte und Witze über Georgier riß? War das der Kreis derer, die Bescheid
wußten? Der Kern, der sich innerhalb des größeren Kreises der Witchcraft -Konsumenten
gebildet hatte?
    An dieser
Stelle huschte eine höchst ausgefallene Gestalt über die Bühne: ein gewisser J.
P. R., ein Neuling in Whitehalls wachsender Gruppe von Witchcraft-Auswertern. Smiley konsultierte die Verteilerliste und stellte fest, daß der volle
Name Ribble lautete und daß Ribble dem Research Department des Foreign
Office angehörte. J. P. Ribble stand vor einem Rätsel. J. P. R.
an die Adriatic Working Party (AWP):
»Darf ich mir erlauben, Sie auf eine offensichtliche Diskrepanz bezüglich der
Daten hinzuweisen? Witchcraft Nr. 104
(Sowjetisch-französische Gespräche über gemeinsame Projekte im Flugzeugbau)
trägt das Datum 21. April. Gemäß Ihrem Begleitschreiben erhielt Merlin diese
Information direkt vom General Markow, einen Tag nachdem die
Verhandlungspartner sich über einen geheimen Notenaustausch geeinigt hatten.
An diesem 21. April indessen war Markow laut Auskunft unserer Pariser Botschaft
noch in Paris, und Merlin besuchte, wie aus Ihrem Bericht Nr. 109 hervorgeht,
an diesem Tag eine

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