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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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Raketenforschungsanstalt in der Nähe von Leningrad . . .« —
Das Schreiben führte nicht weniger als vier ähnliche »Diskrepanzen« an, die
zusammengenommen bedeutet hätten, daß Merlin in der Tat so frei beweglich war,
wie sein wunderbarer Name besagte.
    J. P.
Ribble erhielt den bündigen Bescheid, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu
kümmern. In einem getrennten Schreiben an den Minister jedoch machte Alleline
eine außerordentliche Eröffnung, die ein völlig neues Licht auf den Charakter
der Operation Witchcraft warf.
    »Streng
geheim und persönlich. Wie besprochen. Merlin ist, wie Sie seit einiger Zeit
wissen, nicht eine Einzelquelle, sondern eine Kombination verschiedener
Quellen. Obwohl wir unser Möglichstes taten, diese Tatsache aus
Sicherheitsgründen vor Ihren Lesern geheimzuhalten, macht es der bloße Umfang
des Materials zunehmend schwierig, die Wahrheit zu verbergen. Wäre es nicht an
der Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen, zumindest innerhalb gewisser
Grenzen? Im gleichen Zusammenhang darf das Schatzamt getrost darauf hingewiesen
werden, daß Merlins monatliches Honorar von zehntausend Schweizer Franken nebst
einer gleichen Summe für Spesen und laufende Kosten kaum zu hoch gegriffen
sind, wenn die Mittel in so viele Teile gehen.« Aber das Schreiben endete in
einer härteren Tonart: »Wie dem auch sei, selbst wenn wir übereinkommen, die
Tür so weit zu öffnen, so betrachte ich es doch als unerläßlich, daß die
Kenntnis von der Existenz des Londoner Hauses und vom Zweck, dem es dient, auf
ein absolutes Minimum beschränkt bleibt. Denn sobald Merlins Pluralität unter
unseren Lesern bekannt wird, dürfte sich der Londoner Teil der Operation noch
heikler denn je gestalten.«
    In
völliger Ratlosigkeit as Smiley die Briefe immer wieder von neuem. Dann blickte
er wie von einem jähen Einfall gepackt auf, sein Gesicht ein einziges Bild der
Verwirrung. Seine Gedanken waren so weit weg, so intensiv und komplex, daß das
Telefon im Zimmer mehrmals klingelte, ehe er reagierte. Er nahm den Hörer ab
und blickte auf die Uhr; es war sechs Uhr abends, er hatte kaum eine Stunde
gelesen.
    »Mister
Barraclough? Hier Lofthouse von der Finanzabteilung, Sir.«
    Peter
Guillam bediente sich der verabredeten Wendungen, um einen Notruf nach einer
sofortigen Zusammenkunft loszulassen, und seine Stimme klang erschüttert.
     
    Peter Guillam
setzt die Jagd auf den »Maulwurf« fort
     
    Das Archiv
des Circus war vom Haupteingang aus nicht erreichbar. Es war in einem
Labyrinth schäbiger Räume und Zwischenstockwerken an der Rückseite des
Gebäudes untergebracht, und glich eher einem der Antiquariate, die in dieser
Gegend wuchern, als dem organisierten Gedächtnis eines bedeutenden Amts. Der
Weg führte durch eine unauffällige Tür in der Charing Cross Road, zwischen
einem Rahmengeschäft und einem Tagescafe, dessen Betreten den Mitarbeitern verboten
war. An dieser Tür hing ein Schild »Stadt- und Bezirks-Sprachenschule,
Lehrereingang«, und ein zweites »C und L Vertriebs-A.G.« Wer hineinwollte,
drückte auf den einen oder den anderen Klingelknopf und wartete auf Alwyn,
einen weibischen Marinesoldaten, der nur von seinen Wochenenden sprach. Bis
etwa Mittwoch sprach er vom vergangenen Wochenende, danach vom kommenden. An
diesem Morgen, einem Dienstag, drückte seine Stimmung entrüstete Besorgnis
aus.
    »Also, was
sagen Sie denn zu dem Unwetter?« fragte er, während er Guillam über die Theke
das Buch zum Unterschreiben zuschob. »Als wäre man in einem Leuchtturm. Den
ganzen Samstag, den ganzen Sonntag. Ich sagte zu meinem Freund: > Da sind
wir mitten in London, und hör dir das an. < Soll ich das für Sie verwahren?«
    »Da hätten
Sie erst dort sein müssen, wo ich war«, sagte Guillam und legte den braunen
Segeltuchsack in Alwyns wartende Hände. »Von wegen anhören, man konnte sich
kaum aufrecht halten.« Nicht übertrieben freundlich sein, ermahnte er sich.
»Und trotzdem liebe ich das Land«, vertraute Alwyn ihm an und verstaute den
Sack in einem der offenen Fächer hinter der Theke. »Möchten Sie eine Nummer?
Ich muß Ihnen eine geben, der Delphin würde mich umbringen, wenn sie
dahinterkäme.«
    »Ich
vertraue Ihnen«, sagte Guillam. Er ging die vier Stufen hinauf und stieß die
Schwingtüren zum Leseraum auf. Darin sah es aus wie in einem improvisierten
Hörsaal: ein Dutzend Arbeitsplätze, alle in einer Richtung, und eine überhöhte
Fläche, wo die Archivarin saß. Guillam setzte sich an

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