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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smileys Leute oder Agent in eigener Sache (Smiley Bd 7)
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unbenutzt.
    »Gelbe
Kreidespur auch an linker Hand«, ließ Mr. Murgotroyd sich zum erstenmal
vernehmen. Seine Gesichtshaut war grau wie Stein. Auch seine Stimme war grau
und traurig wie die eines Leichenbestatters. »Wir haben uns gefragt, ob er
wohl im Lehrberuf tätig war«, fügte Mr. Murgotroyd hinzu, doch Smiley ging absichtlich
oder versehentlich nicht darauf ein, und der Superintendent ließ es dabei
bewenden.
    Und
ein zweites Taschentuch, Baumwolle, diesmal von Mr. Murgotroyd vorgewiesen,
teils blutig, teils sauber und sorgfältig zu einem scharfen Dreieck für die
Brusttasche gebügelt.
    »Wahrscheinlich
auf dem Weg zu einer Party, haben wir uns überlegt«, sagte Mr. Murgotroyd,
diesmal ohne jede Hoffnung. »Crime and Ops über Funk, Sir«, rief eine Stimme
aus dem Vorderteil des Wagens.
    Wortlos
verschwand der Superintendent in die Dunkelheit und ließ Smiley unter dem
deprimierten Blick Mr. Murgotroyds zurück.
    »Sind
Sie irgendein Experte, Sir?« fragte Mr.  Murgotroyd, nachdem er seinen Gast
lange und düster gemustert hatte. »Nein. Nein, leider nicht«, sagte Smiley.
    »Innenministerium,
Sir?«
    »Tut
mir leid, auch nicht Innenministerium«, sagte Smiley leicht kopfschüttelnd, als
teile er Mr. Murgotroyds Ratlosigkeit.
    »Meine
Vorgesetzten machen sich ein bißchen Sorge wegen der Presse, Mr. Smiley«, sagte
der Superintendent, als er den Kopf wieder in den Wagen steckte. »Scheinen
schon hierher unterwegs zu sein, Sir.«
    Smiley
kletterte hastig hinaus. Die beiden Männer standen einander in der Allee
gegenüber.
    »Sie
waren sehr freundlich«, sagte Smiley. »Vielen Dank.«
    »Keine
Ursache«, sagte der Superintendent.
    »Sie
erinnern sich nicht zufällig, in welcher Tasche die Kreide war, oder?« fragte
Smiley.
    »Mantel,
links«, antwortete der Superintendent leicht überrascht.
    »Und
die Durchsuchung - könnten Sie mir nochmals Ihre genaue Ansicht darüber geben?«
    »Entweder,
sie hatten keine Zeit mehr, ihn umzudrehen, oder es lag ihnen nichts daran.
Knieten neben ihm nieder, angelten nach der Brieftasche, wollten an seine
Börse. Verstreuten dabei ein paar Dinge. Hatten dann genug.«
    »Vielen
Dank«, sagte Smiley wieder.
    Und
einen Augenblick später war er mit einer Behendigkeit, die man ihm bei seiner
Korpulenz nicht zugetraut hätte, zwischen den Bäumen verschwunden. Jedoch
nicht, ehe der Superintendent, unter Hintanstellung der bis dahin geübten
Diskretion, den Strahl seiner Handlampe voll auf Smileys Gesicht gerichtet und
einen intensiven geschulten Blick auf die legendären Züge getan hatte, und sei
es nur, um später einmal, als Greis, seinen Enkelkindern erzählen zu können:
wie George Smiley, einst Chef des Geheimdienstes und damals im Ruhestand, eines
nachts aus dem Nebel auftauchte, um einen toten Ausländer zu beäugen, der unter
höchst unerfreulichen Umständen ums Leben gekommen war.
    Nicht
eigentlich ein Gesicht, überlegte der Superintendent. Nicht, wenn es so
von unten mit einer Stablampe indirekt angeleuchtet wurde. Eher eine ganze
Reihe von Gesichtern. Eher ein Patchwork aus verschiedenen Altern, Leuten und
Mühen. Sogar, dachte der Superintendent, aus verschiedenen Glaubensbekenntnissen.
    »Der
Beste, den ich je gekannt habe«, hatte der alte Mendel, sein Vorgänger im Amt,
dem Superintendent unlängst bei einem freundschaftlichen Glas Bier anvertraut.
Mendel war jetzt pensioniert, wie Smiley. Aber Mendel wußte, wovon er sprach,
und er mochte die Circus-Clowns ebensowenig wie der Superintendent -
Amateurfatzken, die einem dazwischenpfuschten, und meist noch dazu krumme
Hunde. Nicht so Smiley. Smiley war anders, hatte Mendel gesagt. Smiley war der
Beste - ganz einfach der beste Fall-Bearbeiter, den Mendel je gekannt hatte,
und der alte Mendel wußte, wovon er sprach.
    Eine
Abtei, entschied der Superintendent. Genau das war er, eine Abtei. Er würde das
bei nächster Gelegenheit in seine Predigt einarbeiten. Eine Abtei,
zusammengesetzt aus allen möglichen einander widersprechenden Altern, Stilen und
Überzeugungen. Der Superintendent fand an dieser Metapher immer mehr Gefallen,
je länger er bei ihr verweilte. Er würde sie, sobald er nach Hause kam,
zunächst an seiner Frau ausprobieren: der Mensch als Architektur Gottes, meine
Liebe, geprägt von der Hand der Zeiten, unendlich in seinem Streben und in
seiner Vielfalt . . . Doch hier legte der Superintendent seiner rhetorischen
Phantasie Zügel an. Vielleicht doch nicht, dachte er. Vielleicht schießen wir
ein

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