Carre, John le
ein Exemplar in Sarratt ausgestellt, in dem schwarzen
Museum neben der Bar.«
»Ist
es noch. Ein grauenhaftes Ding«, sagte Mostyn.
Strickland
bedachte ihn mit einem giftigen Blick.
»Aber
George!« rief Lacon.
Smiley
wartete, denn er wußte, daß Lacon in seiner jetzigen Stimmung fähig gewesen
wäre, das Vorhandensein von Big Ben abzustreiten.
»Diese
Leute - diese Emigranten -, zu denen der arme Kerl ja gehörte - kommen sie
denn nicht aus Rußland? Hatte nicht die Hälfte von ihnen irgendwann Kontakt mit
der Moskauer Zentrale - sei es mit unserem Wissen, sei es ohne ? Eine derartige
Waffe- ich sage natürlich nicht, daß Sie recht haben -, eine derartige Waffe
könnte in ihrer Welt etwas so Landläufiges sein, wie Käse!«
Mit
der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens, dachte Smiley; aber Schiller
hatte die Bürokraten vergessen. Lacon wandte sich an Strickland.
»Lauder.
Da steht immer noch diese Presseverlautbarung aus.« Es war ein Befehl.
»Vielleicht sollten Sie mal nachstochern und sehen, wie weit es damit ist.«
Strickland
machte sich gehorsam auf die Socken, tappte durchs Zimmer und wählte eine
Nummer.
»Mostyn,
vielleicht sollten Sie das alles hier in die Küche bringen. Wir müssen ja
nicht unbedingt Spuren hinterlassen, nicht wahr?«
Nachdem
Mostyn ebenfalls aus dem Weg war, waren Lacon und Smiley plötzlich allein.
»Ein
klares Ja oder Nein, George«, sagte Lacon. »Jemand muß den Aufwasch machen,
Erklärungen geben, den Geschäftsleuten, was weiß ich. Post. Milch. Freunde.
Was eben bei solchen Leuten anfällt. Keiner kennt sich da so aus wie Sie. Die
Polizei hat versprochen, Ihnen einen Vorsprung zu lassen. Sie wird nichts
verschleppen, nur eine gemessene Ordnung bei der Erledigung der Dinge
einhalten und der Routine ihren Lauf lassen.« Mit einem nervösen Sprung näherte
Lacon sich Smileys Sessel und hockte sich linkisch auf die Armlehne. »George,
Sie waren sein Vikar. Na schön, dann bitte ich Sie jetzt, hinzugehen und die
Messe zu lesen. Er wollte Sie, George. Nicht uns. Sie.«
Von
seinem Stammplatz am Telefon aus unterbrach ihn Strickland: »Man braucht eine
Unterschrift für diese Presseverlautbarung, Oliver. Vorzugweise die Ihre,
wenn's Ihnen nichts ausmacht.«
»Warum
nicht die vom Chef?« fragte Lacon vorsichtig.
»Scheinen
anzunehmen, Ihre hätte mehr Gewicht, wenn Sie mich fragen.«
»Sagen
Sie, Moment noch«, sagte Lacon und rammte mit windmühlenartigem Armschwung
eine Faust in die Tasche. »Kann ich Ihnen die Schlüssel geben, George?« Er ließ
sie vor Smileys Gesicht baumeln. »Unter bestimmten Bedingungen? Einverstanden?«
Die Schlüssel baumelten weiter. Smiley starrte sie an, und vielleicht fragte er
»Welche Bedingungen?«, aber vielleicht starrte er auch schweigend; er war nicht
eigentlich in der Stimmung zu palavern. Seine Gedanken waren bei Mostyn und
den fehlenden Zigaretten; oder bei Anrufen, Nachbarn betreffend; bei Agenten
ohne Gesicht; beim Schlaf. Lacon zählte auf. Er legte größten Wert auf
Numerierung seiner Klauseln. »Erstens, daß Sie Privatmann sind. Wladimirs
Testamentsvollstrecker, nicht unserer. Zweitens, daß Sie der Vergangenheit
angehören, nicht der Gegenwart, und sich entsprechend verhalten. Der keimfreien Vergangenheit. Daß Sie Öl auf die Wogen gießen und sie nicht etwa
aufrühren. Daß sie Ihr altes berufliches Interesse an ihm unterdrücken,
versteht sich, denn Ihres bedeutet unseres. Kann ich Ihnen zu diesen
Bedingungen die Schlüssel geben? Ja? Nein?«
Mostyn
stand in der Küchentür. Er wandte sich an Lacon, doch seine ernsten Augen
glitten dauernd zu Smiley.
»Was
gibt's, Mostyn?« fragte Lacon. »Machen Sie schon!«
»Mir
ist gerade eine Eintragung auf Wladimirs Karte eingefallen, Sir. Er hatte eine
Frau in Reval. Ich fragte mich, ob sie benachrichtigt werden sollte. Ich
dachte nur, ich müßte es erwähnen.« »Die Kartei ist auch hierin ungenau«, sagte
Smiley und erwiderte Mostyns Blick. »Seine Frau war bei ihm in Moskau, als er
überlief, sie wurde verhaftet und in ein Arbeitslager gebracht, wo sie starb.«
»Mr.
Smiley muß in dieser Angelegenheit das tun, was er für richtig hält«, sagte
Lacon schnell, um einem weiteren Ausbruch zuvorzukommen, und ließ die Schlüssel
in Smileys passive Hand fallen. Plötzlich geriet alles in Bewegung. Smiley war
auf den Beinen, Lacon war bereits halbwegs durchs Zimmer, und Strickland hielt
ihm den Hörer hin. Mostyn war in die dunkle Diele geschlüpft und hatte
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