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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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funken. Sie hätten einen sicheren Unterschlupf für mich.« Er
schien abwesend. »Wir fliegen hinüber. Nichts rührt sich, kein Scheinwerfer,
kein Schuß, und ich bin ganz dran. Als ich lande, sind sie da: zwei Männer und
eine Frau. Nach dem Erkennungswort führen sie mich zu den Fahrrädern. Keine
Zeit, den Fallschirm zu vergraben. Wir finden das Haus, ich bekomme zu essen.
Danach gehen wir hinauf zum Gerät. Es gab damals keine Sendezeiten, London
war Tag und Nacht auf Empfang. Man gibt mir den Zettel mit der Meldung. Ich
gebe das Rufzeichen: >TYR kommen, TYR kommen< und danach die Meldung,
einundzwanzig Gruppen, zu vier Buchstaben.« Er brach ab. »Und?«
    »Sie sahen
mir zu, verstehen Sie? Sie wollten nur wissen, wann das Sicherheitszeichen kam.
Es war der neunte Buchstabe. Sie warteten, bis ich fertig war, und dann waren
sie auf mir drauf, einer schlug mich - das Haus war voller Männer.«
    »Wer,
Fred? Wer waren sie?«
    »Das kann man nicht sagen. So
etwas weiß man nie. Ganz so einfach ist das nicht.«
    »Wessen Schuld war das, um Himmels
willen? Wer hat Sie verraten, Fred?«
    »Irgend jemand. Das kann man nie
sagen. Sie werden das auch noch lernen.« Er schien aufgegeben zu haben.
    »Diesmal
sind Sie allein. Niemand weiß davon. Niemand erwartet Sie.«
    »Ja. Das
stimmt.« Seine Hände lagen gefaltet im Schoß. Er saß zusammengekauert da, sein
Körper wirkte klein und alt. »Im Krieg war es leichter, gleichgültig wie
schlimm es war, weil man daran glaubte, daß wir eines Tages gewinnen. Selbst
wenn man geschnappt wurde, sagte man sich: >Sie werden mich rausholen, ein
paar Männer werden abspringen, oder sie greifen an.< Auch wenn man ganz
genau wußte, daß sie das niemals tun würden, konnte man es sich ausmalen,
verstehen Sie? Man wollte nichts, als in Ruhe gelassen werden, damit man daran
denken konnte. Aber diesen Krieg wird niemand gewinnen, oder?«
    »Man kann
es nicht vergleichen. Aber dies hier ist wichtiger.«
    »Was tun
Sie, wenn man mich schnappt?«
    »Wir
werden Sie herausholen. Keine Bange, was, Fred?«
    »Ja, aber
wie?«
    »Wir haben einen großen Apparat.
Es geht eine Menge vor, wovon Sie nichts wissen. Verbindungen da und dort. Sie
können nicht das ganze Bild sehen.«
    »Können Sie es denn?«
    »Das ganze nicht, Fred. Nur der
Direktor sieht das ganze. Sogar der Captain sieht es nicht.«
    »Wie ist er, der Direktor?«
    »Er ist seit langem bei dieser
Arbeit. Sie werden ihn morgen kennenlernen. Ein bemerkenswerter Mann.«
    »Und der Captain - mag er ihn?«
    »Natürlich.«
    »Er spricht aber nie über ihn«,
sagte Leiser. »Niemand von uns redet über ihn.«
    »Ich hatte da einmal ein Mädchen.
Sie arbeitete in der Bank. Ich sagte ihr, daß ich wegginge. Wenn was schiefgehen
sollte - ich möchte nicht, daß sie etwas erfährt, ja? Sie ist ja noch ein Kind.«
    »Wie hieß sie?«
    Ein kurzer mißtrauischer Blick.
»Ist ja egal. Aber machen Sie keinen Wirbel, wenn sie bei Ihnen auftauchen
sollte.«
    »Was meinen Sie, Fred?«
    »Ist ja egal.«
    Danach sagte Leiser nichts mehr.
Als es dämmerte, ging Avery in sein Zimmer zurück.
    »Was war denn los?« fragte
Haldane.
    »Er war im Krieg in einem
Schlamassel, in Holland. Er wurde verraten.«
    »Aber er gibt uns eine zweite
Chance. Wie nett von ihm! Genau, was die immer gesagt haben.« Dann: »Leclerc
kommt heute früh an.« Das Taxi traf um elf Uhr ein. Noch ehe es ganz angehalten
hatte, war Leclerc schon ausgestiegen. Er trug einen Dufflecoat, schwere braune
Wanderschuhe und eine weiche Mütze. Er sah sehr gut aus. »Wo ist Mayfly?«
    »Bei Johnson«, sagte Haldane.
»Habt ihr ein Bett für mich?«
    »Du kannst das von Mayfly haben,
wenn er fort ist.« Um elf Uhr dreißig gab Leclerc seine Instruktionen. Für den
Nachmittag war eine Besichtigungsfahrt zur Grenze vorgesehen.
    Die
Befehlsausgabe fand in der Halle statt. Leiser kam als letzter herein. Er stand
auf der Schwelle und sah Leclerc an, der ihm gewinnend zulächelte, als gefalle
ihm, was er sah. Sie waren ungefähr gleich groß. Avery sagte: »Herr Direktor,
das ist Mayfly.« Seinen Blick noch auf Leiser geheftet, antwortete Leclerc:
»Ich glaube, ich darf ihn Fred nennen. Guten Tag.« Er trat auf ihn zu und
schüttelte ihm die Hand. Beide waren so steif wie zwei Figuren aus einem Wetterhäuschen.
    »Guten Tag«, sagte Leiser.
    »Ich hoffe, man hat Sie nicht zu
hart angefaßt?«
    »Alles in Ordnung, Sir.«
    »Wir sind alle sehr beeindruckt«,
sagte Leclerc. »Sie haben ausgezeichnete

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