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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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niemanden.
    »Wohlgemerkt,
Junkers«, schloß Craw, »ein Teil ihrer Person wußte verdammt genau, daß das
ganze kalter Kaffee war. Und hier beginnt Ihre Aufgabe. Hier muß der Außenmann immer auf dem Sprung sein.
Ja! Wir sind die Hüter des Glaubens, Jungens. Wenn er wankt, wir stärken ihn.
Wenn er strauchelt, unsere Arme sind ausgestreckt, ihn zu halten.« Er hatte den
Zenith erreicht. Als Antiklimax ließ er die Stimme zu einem weichen Flüstern
abfallen. »Sei der Glaube noch so hirnrissig, Euer Ehrwürdens, verachten Sie
ihn nicht. Wir haben heutzutage weiß Gott wenig anderes zu bieten. Amen.«
    Sein
ganzes Leben lang sollte sich Old Craw in seiner ungenierten Sentimentalität an
den Applaus erinnern.
    Phoebe
hatte ihren Bericht beendet und kauerte nun vorgebeugt da, die Unterarme auf
den Knien, die Knöchel der großen Hände wie ein ermattetes Liebespaar lose
Rücken an Rücken liegend: Craw erhob sich feierlich, nahm Phoebes Notizen vom
Tisch und verbrannte sie auf dem Gasbrenner.
    »Bravo,
meine Liebe«, sagte er ruhig. »Eine prima Woche, wenn ich so sagen darf. Sonst
noch etwas?«
    Sie
schüttelte den Kopf.
    »Ich
meine, zu verbrennen«, sagte er.
    Sie
schüttelte wieder den Kopf.
    Craw
musterte sie aufmerksam. »Pheeb, mein Herz«, verkündete er dann, als sei er zu
einem plötzlichen Entschluß gelangt. »Lüpfen Sie Ihre vier Buchstaben. Zeit,
daß ich Sie zum Essen ausführe.« Verwirrt blickte sie zu ihm auf. Der Alkohol
war ihr rasch zu Kopf gestiegen, wie immer. »Ein freundschaftliches Dinner
unter Kollegen von der Schreiberzunft, so dann und wann, ist nicht unvereinbar
mit Ihrer Legende, wie ich zu behaupten wage. Wie wär's damit?«
    Er mußte
sich zur Wand drehen, während sie sich schön machte. Früher hatte sie einen
Kolibri gehabt, aber er war gestorben. Craw brachte ihr einen neuen, aber der
starb auch, und so entschieden beide, die Wohnung sei schlecht für Kolibris und
ließen es dabei bewenden.
    »Eines
Tags nehme ich Sie zum Skifahren mit«, sagte er, als sie hinter ihnen die
Wohnungstür abschloß. Es war ein alter Scherz zwischen den beiden, er hatte mit
der Schneelandschaft über ihrem Bett zu tun.
    »Nur für
einen Tag?« erwiderte sie. Was gleichfalls ein Scherz war und die übliche
Replik bildete.
    In jenem
Jahr des Unheils , wie Craw sagen würde, war es noch lohnend, auf
einem Sampan in der Causeway Bay zu essen. Die Schickeria hatte den Ort noch
nicht entdeckt, die Gerichte waren preiswert und unvergleichlich. Craw
riskierte es also, und als sie zum Meer kamen, hatte der Nebel sich gelichtet,
der Himmel war klar. Er wählte den Sampan, der am weitesten draußen lag,
eingekeilt in eine Traube kleiner Dschunken. Der Koch hockte am Holzkohlenöfchen,-
und seine Frau bediente. Über ihnen ragten drohend Rümpfe von Dschunken auf und
verwischten die Sterne vom Himmel. Auf den Booten krabbelten Kinder von einem
Deck zum andern, während ihre Eltern einen langsamen, sonderbaren
katechetischen Singsang über das schwarze Wasser schickten. Craw und Phoebe
kauerten auf hölzernen Hockern unter dem gerefften Baldachin zwei Fuß über dem
Meeresspiegel und aßen Seebarben beim Lampenlicht. Jenseits der Wellenbrecher
glitten Schiffe wie hellerleuchtete wandelnde Gebäude an ihnen vorüber, und in
ihrem Kielwasser hoppelten die Dschunken. Landwärts wimmerte, lärmte und
pulsierte die Insel, und die riesigen Slums glitzerten wie Schmuckschatullen,
die sich der trügerischen Schönheit der Nacht geöffnet hatten. Hoch über ihnen konnten
sie sekundenlang zwischen den wippenden Fingern der Masten den' schwarzen Peak
thronen sehen, Victoria, ihr gedunsenes Gesicht, von mondlichten Strähnen
verhüllt: die Göttin, die Freiheit, der Köder, dem alles wilde Streben im Tal
galt. Sie sprachen über Kunst. Phoebe zieht ihre Kulturnummer ab, dachte Craw.
Es war sehr langweilig. Eines Tages, sagte sie schläfrig, werde sie einen Film,
vielleicht sogar zwei Filme über das wahre, das echte China drehen. Sie hatte unlängst eine historische
Schnulze von Run Run Shaw gesehen, alles über die Palastintrigen. Sie fand das
Ganze ausgezeichnet, wenn auch ein wenig zu - nun ja -, zu heroisch. Und jetzt zum Theater. Ob Craw schon die frohe
Botschaft vernommen habe, daß die >Cambridge Players< im Dezember vielleicht
eine neue Revue in die Kolonie bringen wollten? Zur Zeit sei es nur ein
Gerücht, aber sie hoffte, es werde sich nächste Woche bestätigen. »Das wäre
aber ein Spaß, Pheeb«, sagte Craw

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