Carre, John le
ihr Liebhaber
mit dem Geld abgehauen«, sagte Mrs. Pelling. »Es war ein Schiebergeschäft. Ein
ziemlich gutes.«
»Pures, haltloses Geschwätz!« schrie Mr. Pelling. »Diese Frau weiß
nicht, was sie sagt. Hören Sie nicht darauf.«
»Und wie lautete ihre damalige Adresse, bitte?« fragte Smiley.
»Schreiben Sie Generalvertretung««, sagte Mr. Pelling und schüttelte den Kopf,
als wäre die Sache völlig aus dem Konzept geraten. »Generalvertretung einer
Großbrennerei und Geheimagentin.«
»Sie lebte mit einem Piloten zusammen«, sagte Mrs. Pelling. »Tiny
nannte sie ihn. Ohne Tiny wäre sie verhungert. Er war fabelhaft, aber der Krieg
hat ihn völlig aus der Bahn geworfen. . War schließlich nur natürlich! Ging unseren Jungs genauso, wie? Einsätze
fliegen, Nacht für Nacht, Tag für Tag.« Sie legte den Kopf zurück und kreischte
lauthals: »Alarm!«
» Sie spinnt«, erklärte Mr. Pelling.
»Nervenbündel mit achtzehn, die Hälfte von ihnen. Aber sie haben's
ausgehalten. Sie liebten Churchill, wissen Sie. Sie liebten seinen Mumm.«
»Spinnt komplett« wiederholte Mr. Pelling. »Durchgedreht. Total
übergeschnappt.«
»Tut mir leid«, sagte Smiley und schrieb emsig. »Tiny und wie noch? Der
Pilot? Wie hieß er?«
»Ricardo. Tiny Ricardo. Ein Opferlamm. Er starb, wie du weißt«, sagte sie zu ihrem Mann gewandt. »Lizzie war untröstlich, nicht wahr,
Nunc? Trotzdem, es war vielleicht besser so.«
»Lizzie lebte mit niemandem zusammen, du Affenweib! Es war nur ein Vorwand. Lizzie arbeitete für
den britischen Geheimdienst!«
»Mein Gott!« sagte Mrs. Pelling resigniert. »Nicht dein Gott. Mein
Mellon. Schreiben Sie das hin, Oates. Ich will sehen, daß Sie es hinschreiben. Mellon. Der Name ihres vorgesetzten
Offiziers im britischen Geheimdienst war M-e -l-l -o-n. Gab sich als schlichten
Handelsmann aus. Und war auch darin nicht schlecht. Für einen intelligenten Menschen ganz natürlich. Aber
darunter -« Mr. Pelling hieb mit der Faust in die flache Hand, was ein
erstaunlich lautes Geräusch verursachte -, »aber unter dem höflichen und
liebenswürdigen Äußeren eines britischen Geschäftsmanns kämpfte dieser gleiche
Mellon einen geheimen und einsamen Krieg gegen die Feinde Ihrer Majestät, und
meine Lizzie half ihm dabei. Drogenhändler, Chinesen, Homosexuelle, alle diese
fremden Elemente, die sich zusammenrotteten, um unsere Inselheimat ins
Verderben zu stürzen - meine tapfere Tochter Lizzie und ihr Freund, Colonel
Mellon, fochten Seite an Seite, um diesen schnöden Machenschaften Einhalt zu
gebieten! Und das ist die reine Wahrheit!«
»Jetzt fragen Sie mich, woher sie es hat«, sagte Mrs. Pelling, ließ die Tür hinter
sich offen und schlurfte vor sich hinbrummelnd den Korridor entlang. Smiley,
der ihr nachblickte, sah, wie sie stehenblieb, den Kopf wandte und ihm aus dem
dämmrigen Gang zuzunicken schien. Man hörte eine weit entfernte Tür knallen.
»Es stimmt«, sagte Pelling hartnäckig, aber ruhiger. »Ja, ja und nochmals ja.
Meine Tochter war eine höhere und geschätzte Kraft unseres britischen
Nachrichtendienstes.«
Smiley antwortete zunächst nicht, er war viel zu sehr ins Schreiben
vertieft. Eine ganze Weile hörte man nichts als das langsame Kratzen seiner
Feder über das Papier, und das Rascheln, als er die Seite umwendete.
(»Gut. Also, dann notiere ich diese Details auch noch, wenn Sie gestatten.
Streng vertraulich, versteht sich. Bei unserer Arbeit kommt uns allerhand
unter, das sage ich Ihnen ganz ehrlich.«
»Also«, sagte Mr.. Pelling, ließ sich nachdrücklich auf einen
plastikbezogenen Hocker nieder, zog ein einzelnes Blatt Papier aus der Tasche
und drückte es Smiley in die Hand. Es war ein Brief, handgeschrieben,
eineinhalb Seiten lang; die Schriftzüge waren zugleich pompös und kindlich, die
Ichs für die erste Person Singular schwungvoll, während die übrigen Buchstaben
zurückhaltender wirkten. Der Brief begann mit »Mein lieber geliebter Pops« und
endete »Deine Einzige Treue Tochter Elizabeth«, und die Botschaft dazwischen,
die Smiley im wesentlichen seinem Gedächtnis anvertraute, lautete so: »Ich bin
in Vientiane angekommen, das eine uninteressante Stadt ist, ein bißchen französisch
und wild, aber sorg Dich nicht, ich habe wichtige Nachricht für Dich, die ich
Dir sofort mitteilen muß. Es ist möglich, daß Du eine Zeitlang nichts von mir
hörst, aber sorg Dich nicht, auch nicht, wenn Du Schlimme Dinge hörst. Mir
gehts prima und ich bin in guten Händen und
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