Carre, John le
wuchteten Möbelstücke
treppauf, treppab, wie Kulis.
Die traurige Seite war schwieriger zu beschreiben, obwohl mehrere Leute
dies versuchten. Connie sagte, Sam sei frigide, eine verwirrende Wahl des
Adjektivs. Für Guillam war er hungrig, für die Mütter fragwürdig und für die Wühlmäuse viel zu glatt. Eigentümlich erschien allen, die nicht über die Hintergründe
orientiert waren, seine Passivität: er forderte keine Akten an, er suchte nicht
um diese oder jene Genehmigung nach, er benutzte kaum das Telefon, außer um
Rennpferde zu plazieren und zu überwachen, was in seinem Club vorging. Aber
sein Lächeln begleitete ihn auf Schritt und Tritt. Die Tippmädchen erklärten,
er schlafe darin und wasche es am Wochenende von Hand durch. Smileys Gespräche
mit ihm fanden hinter verschlossenen Türen statt, und die Ergebnisse wurde dem
Team nur nach und nach mitgeteilt.
Ja, das Mädchen war mit einigen Hippies in Vientiane gelandet, die den
Katmandu-Treck überholt hatten. Ja, als sie von den anderen kaltgestellt wurde,
hatte sie Mackelvore gebeten, ihr einen Job zu verschaffen. Und ja, Mackelvore
hatte sie an Sam weitergereicht, weil er dachte, allein schon ihr Aussehen
mache sie brauchbar: alles, wenn man zwischen den Zeilen lesen konnte, ziemlich
genau so, wie das Mädchen es in dem Brief an den Vater beschrieben hatte. Sam
hatte ein paar müde Drogengeschichten laufen und im übrigen herrschte, dank
Haydon, absolute Windstille, also dachte er, er könnte sie ja mal den Jungs
vom fliegenden Personal unterjubeln und zusehen, was dabei herauskäme. Er sagte
London nichts davon, denn London würgte damals alles ab. Er nahm sie einfach
auf Probe und bezahlte sie aus seiner Spesenkasse. Was dabei herauskam, war
Ricardo. Er ließ sie außerdem eine alte Spur verfolgen, die zu den
Goldschiebern nach Hongkong führte, aber das alles noch zu einer Zeit, bevor
ihm klar wurde, daß sie ein komplettes Stück Malheur war. Er sei ausgesprochen
erleichtert gewesen, sagte Sam, als Ricardo sie ihm abgenommen und ihr einen
Job bei Indocharter verschafft habe. »Und was weiß er sonst noch?« fragte
Guillam entrüstet. »Für diesen Spottpreis darf er die Hackordnung
durcheinanderbringen und unsere Sitzungen stören?«
»Er kennt sie«, sagte Smiley geduldig und widmete sich wieder dem Studium von Jerry
Westerbys Akte, die in letzter Zeit seine Lieblingslektüre bildete. »Wir sind
selber dann und wann nicht über eine kleine Erpressung erhaben«, fügte er mit
aufreizender Duldsamkeit hinzu, »und es ist nur recht und billig, daß wir's uns
auch einmal gefallen lassen müssen.« Während Connie jeden durch ungewohnte
Ruppigkeit erschreckte, indem sie Präsident Johnsons - angeblichen - Ausspruch
über J. Edgar Hoover zitierte: »George ist es eben lieber, daß Sam Collins in
unserem Zelt ist und rauspinkelt, als daß er draußen steht und reinpinkelt«,
erklärte sie und kicherte über ihre Keckheit wie ein Schulmädchen.
Und vor allem dauerte es bis Mitte Januar, ehe Doc di Salis im Zuge
seiner weiteren Ausflüge in die Einzelheiten von Kos Background seine
phantastische Entdeckung kundtat: ein gewisser Mr. Hibbert, China-Missionar in
Diensten der Baptisten, den Ko in seinem Antrag auf Zulassung zum Jura-Studium
in London als Bürgen angegeben hatte, war noch am Leben. Alles war also viel
verzweigter, als es die heutige Erinnerung wohlweislich wahrhaben will: und der
Druck, unter dem Jerry stand, war dementsprechend stärker.
»Es besteht die Möglichkeit, daß er geadelt wird«, sagte Connie Sachs.
Sie hatten es schon am Telefon gesagt. Es war eine sehr nüchterne Szene. Connie
hatte sich die Haare schneiden lassen. Sie trug einen dunkelbraunen Hut und ein
dunkelbraunes Kostüm, dazu eine dunkelbraune Handtasche, die das Mikrophon
barg. Draußen auf dem kleinen Fahrweg tat Toby Esterhase - der ungarische
Pflasterkünstler, der mit einer Schirmmütze auf dem Kopf in einem blauen Taxi
saß und Motor und Heizung laufen ließ -, als döste er, während er die
Unterhaltung mit Hilfe der Geräte unter dem Sitz empfing und aufnahm. Connies
ausgefallene Erscheinung hatte sich zu steifer Korrektheit gewandelt. Sie hielt
ein Notizheft aus der Königlichen Kanzlei bereit, einen Bleistift gleicher
Herkunft zwischen den Gichtfingern. Den absonderlichen di Salis ein wenig zu
modernisieren, hatte einiger Kunst bedurft. Unter Protest trug er eines von
Guillams gestreiften Hemden und eine dazu passende dunkle Krawatte. Das
Ergebnis war
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