Carre, John le
Weg
zeigte ihm das gleiche Mondlicht den erschreckend vertrauten Anblick von Jeans,
einem Paar schwerer Kommißstiefel und einer ramponierten
Olivetti-Reiseschreibmaschine, nicht unähnlich seiner eigenen.
»Noch einen Schritt näher, und es ist versuchte Notzucht«, sagte Luke
und entkorkte die Flasche auf seinem Nachttisch.
Charlie
Marshalls Freunde
Jerry hatte die Nacht auf Lukes Fußboden verbracht und machte sich vor
Tagesanbruch davon. Er nahm seine Schreibmaschine und die Schultertasche mit,
obgleich er überzeugt war, keines von beidem zu benötigen. Er ließ einen Zettel
zurück, auf dem er Keller bat, an Stubbs zu drahten, daß er die Story über den
Belagerungszustand draußen in der Provinz weiter verfolge. Sein Rücken
schmerzte vom Fußboden, und sein Kopf von der Flasche. Luke war wegen der
Päng-Pängs, wie er sagte, gekommen, nachdem sein Büro ihm eine Pause von Big
Moo eingeräumt hatte. Außerdem hatte Jake Chiu, sein erboster Hauswirt, ihn
endgültig aus der Wohnung geworfen.
»Ich bin obdachlos, Westerby!« hatte er gerufen und angefangen, laut zu
jammern: »Obdachlos!«, bis Jerry, um sich ein bißchen Schlaf zu erkaufen, und das Klopfen der
Nachbarn zum Schweigen zu bringen, seinen zweiten Wohnungsschlüssel vom Ring
nestelte und ihn Luke zuwarf.
»Bis ich wieder da bin«, warnte er. »Dann raus. Verstanden?« Jerry
fragte nach dem Fall Frost. Luke hatte alles vergessen und mußte erst erinnert
werden. Ach der, sagte er. Der. Tja, also, es gingen Gerüchte um, Frost habe sich mit den Triaden
angelegt, und vielleicht stelle sich in hundert Jahren heraus, daß dem wirklich
so war, aber wen kümmere das heute? Aber nicht einmal dann konnte er so ohne
weiteres schlafen. Sie hatten die Pläne für den. heutigen Tag besprochen. Luke
wollte alles tun, was Jerry tat. Allein sterben sei langweilig, behauptete er.
Am besten würden sie sich betrinken und sich ein paar Huren suchen. Jerry hatte
erwidert, Luke werde noch eine Weile warten müssen, ehe sie beide gemeinsam in
ihr letztes Abendrot marschierten, denn er wolle den Tag über Fischen gehen,
und zwar allein.
»Wonach fischen, zum Teufel? Wenn's eine Story ist, dann teilen Sie.
Wer hat Ihnen Frost gegeben, gratis und franko? Wohin können Sie gehen, wo's
nicht unendlich schöner wäre., wenn Bruder Luke dabei ist?«
So ziemlich überall hin, hatte Jerry unfreundlich erwidert, und war
jetzt aus dem Zimmer geschlichen, ohne ihn aufzuwecken. Als erstes begab er
sich zum Markt; schlürfte eine soupe chinoise und musterte eingehend die Verkaufsstände und Ladenfronten. Er
entschloß sich für einen jungen Inder, der ausschließlich Plastikeimer,
Wasserflaschen und Besen zu verkaufen hatte und dennoch dabei gute Geschäfte zu
machen schien, nach seinem Aussehen zu schließen.
»Was verkaufen Sie sonst noch, altes Haus?«
»Sir, ich verkaufe alles, an alle Gentlemen.« Sie klopften beide eine
Weile auf den Busch. Nein, sagte Jerry, er wolle nichts zu rauchen und nichts
zu schlucken, nichts zu schnüffeln und auch nichts für die Handgelenke. Und
nein, vielen Dank, bei allem Respekt vor den zahlreichen schönen Schwestern,
Cousinen und jungen Männern seiner Kreise, auch für Jerrys sonstige Bedürfnisse
sei gesorgt.
»Dann, Freude meines Herzens, Sir, sind Sie ein sehr glücklicher Mann.«
»Ich habe wirklich etwas gesucht, für einen Freund«, sagte Jerry. Der junge Inder blickte
scharf die Straße auf und nieder und jetzt klopfte er nicht mehr auf den Busch.
»Einen freundlichen Freund, Sir?«
»Nicht sehr.«
Sie nahmen gemeinsam eine Rikscha. Der Inder hatte einen Onkel, der auf
dem Silbermarkt Buddhas verkaufte, und der Onkel hatte ein Hinterzimmer mit
Schlössern und Riegel an der Tür. Für dreißig amerikanische Dollar kaufte Jerry
eine niedliche braune Walther Automatic mit zwanzig Runden Munition. Die
Bärentreiber in Sarratt, dachte er, als er wieder in die Rikscha kletterte,
wären glatt in Ohnmacht gefallen. Erstens wegen der, wie sie es nannten,
unpassenden Zutat, und zweitens weil sie den zählebigen Unsinn predigten,
kleine Kanonen brächten mehr Verdruß als Nutzen. Aber wenn er seine Webley aus
Hongkong durch den Zoll nach Bangkok und von dort aus nach Phnom Penh
mitgenommen hätte, wären sie vermutlich überhaupt nicht mehr aus ihrer Ohnmacht
erwacht, also konnten sie sich nach Jerrys Meinung noch glücklich schätzen, daß
er nicht nackt und bloß in dieses Abenteuer zog, welche Parole auch immer sie
in dieser
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