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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Aufzeichnungen las, Pflichtversäumnis vorwerfen
kann, denn der Text war bestenfalls als zweideutig zu bezeichnen:
    »Eingehender Überseeruf, mit Voranmeldung für Teilnehmer. Vermittlung
am Apparat. Teilnehmer nimmt den Anruf entgegen, sagt mehrmals >hallo<. Vermittlung: Anrufer, bitte sprechen! Teilnehmer: Hallo?
Hallo?
    Vermittlung: Können Sie mich hören, Anrufer? Bitte sprechen Sie!
    Teilnehmer: Hallo? Hier Liese Worth. Wer ist dort, bitte? Gespräch wird durch Anrufer beendet.«
    Die Aufzeichnung erwähnt an keiner Stelle Vientiane als Herkunftsort
des Anrufs, und es ist sogar ungewiß, ob Smiley sie überhaupt zu sehen bekam,
denn sein Zeichen erscheint nicht bei den Unterschriften.
    Indes, ob nun Jerry der Anrufer gewesen war oder jemand anderer, am
nächsten Tag brachten ihm zwei Vettern, nicht einer, einen Marschbefehl und
endlich den willkommenen befreienden Einsatz. Die verdammte, endlose
wochenlange Warterei war vorüber - und zwar für immer.
    Er verbrachte den Nachmittag damit, sich Visa zu beschaffen und seine
Reise zu buchen und am nächsten Morgen, bei Tagesanbruch, überquerte er mit
Umhängetasche und Reiseschreibmaschine den Mekong nach Nordost-Thailand. Auf
dem langen hölzernen Fährboot drängten sich Bauern und quiekende Schweine. In
der Kontrollbaracke am Grenzübergang gab er an, daß er auf dem gleichen Weg
wieder nach Laos zurückwolle. Andernfalls hätte man ihm die Einreise verweigern
müssen, wie die Beamten streng erklärten. Vorausgesetzt, daß ich überhaupt
zurückkomme, dachte er. Als er zur entschwindenden Küste von Laos
zurückblickte, sah er auf dem Treidelpfad einen amerikanischen Wagen stehen
und daneben zwei schlanke regungslose Gestalten, die Ausschau hielten. Die
Vettern sind allezeit bei uns. Auf dem Thai-Ufer war sofort alles unmöglich:
Jerrys Visum war ungenügend, sein Foto sah ihm nicht ähnlich, das ganze Gebiet
war für farangs gesperrt. Zehn Dollar bewirkten einen Meinungswandel. Nach dem Visum
kam der Wagen. Jerry hatte auf einem englischsprechenden Fahrer bestanden, der
Preis war entsprechend festgesetzt worden, aber der alte Mann, der auf ihn
wartete, sprach nur Thai und auch dies nur mangelhaft. Jerry bellte so lange
englische Sätze in den Reisladen nebenan, bis er einen fetten trägen Jungen
herauslockte, der über einige Englischkenntnisse verfügte und behauptete,
chauffieren zu können. Umständlich wurde ein Vertrag aufgesetzt. Die
Versicherung des alten Mannes deckte keinen anderen Fahrer und war ohnehin
abgelaufen. Ein erschöpfter Commis stellte eine neue Police aus, während der
Junge nach Hauseging, um sich reisefertig zu machen. Der Wagen war ein
klapperiger roter Ford mit abgefahrenen Reifen. Von allen Todesarten, die Jerry
in den nächsten paar Tagen nicht zu sterben gedachte, war dies die allerletzte.
Sie feilschten, und Jerry rückte weitere zwanzig Dollar heraus. In einer Werkstatt
voller Hühner ließ er kein Auge von den Mechanikern, bis die neuen Reifen
aufmontiert waren.
    Nachdem so eine Stunde vertan war, brausten sie mit halsbrecherischer
Geschwindigkeit in südöstlicher Richtung über ebenes Ackerland. Der Junge ließ
fünfmal »The lights are always out in Massachussetts« spielen, ehe Jerry ihn
bat, aufzuhören.
    Die Straße war geteert, aber unbefahren. Nur dann und wann kroch ein
gelber Bus mit Schlagseite bergab auf sie zu, und sofort gab der Fahrer Gas und
blieb auf der Mitte der Straße, bis der Bus um einen Fußbreit nachgegeben hatte
und vorbeigedonnert war. Einmal nickte Jerry ein und schrak jäh durch das
Krachen eines Bambuszauns auf, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie eine
Fontäne von Splittern genau vor ihnen ins Sonnenlicht hochschoß und ein
Lastwagen langsam in den Straßengraben rollte. Er sah, wie die Tür hochflog wie
ein Laubblatt, der Fahrer hinterher und durch den Zaun und in das hohe Gras.
Der Junge hatte nicht einmal das Gas weggenommen, obwohl er so lachen mußte, daß
sie im Zickzack über die Straße schlingerten. Jerry schrie »Stopp!«, aber der
Junge wollte davon nichts wissen. »Wollen Sie Blut auf den Anzug kriegen?
Lassen Sie das den Doktors«, verwies er ihn streng. »Ich kümmere mich um Sie,
okay? Dies hier sehr schlimmes Land. Menge Kommis.«
    »Wie heißen Sie?« sagte Jerry resigniert. Der Name war unaussprechlich,
also einigten sie sich auf Mickey. Zwei weitere Stunden vergingen, bis sie an
die erste Absperrung kamen. Jerry döste wieder vor sich hin und probte seinen
Part. Immer kommt

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