Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
Vom Netzwerk:
dem Indocharter-Vertrag noch übrig
waren. Zum Beispiel mehrere Geständnisse früherer »technisch illegaler
Unternehmungen«, die - sagte Ricardo mit beträchtlicher Empörung - häufig auf
das Konto von Indocharter gegangen seien. Einer der chinesischen Bullen
entpuppte sich sogar als Jurist. Ricardo betrachtete das als besonders
unsportlich.
    Erst dann rückte Tiu mit den Landkarten und den Instruktionen heraus,
die Ricardo in einer Mischung aus seiner eigenen und Tius Redeweise wiedergab.
»>Sie nehmen Kurs nach Norden, Mister Ricardo, und Sie behalten diesen Kurs
bei. Ob Sie nun den Abschneider über Laos nehmen oder über den Shans bleiben
ist mir egal. Das Fliegen ist Ihre Sache, nicht die meine. Fünfzig Meilen
hinter der chinesischen Grenze stoßen Sie auf den Mekong und folgen ihm. Dann
fliegen Sie weiter nach Norden, bis sie eine kleine Gebirgsstadt namens
Tien-pao sehen, die an einem Zufluß dieses berühmten Stroms steht. Von dort
zwanzig Meilen nach Osten finden Sie eine Landebahn, ein grünes Leuchtfeuer,
ein weißes. Sie tun mir den Gefallen, dort zu landen. Ein Mann wird Sie
erwarten. Er spricht Englisch nur mangelhaft, aber er spricht es. Hier ist eine
halbierte Dollarnote. Der Mann hat die andere Hälfte. Laden Sie das Opium aus.
Der Mann wird Ihnen ein Paket und gewisse spezielle Instruktionen übergeben.
Dieses Paket ist Ihre Quittung. Bringen Sie es mit, wenn Sie zurückkommen, und
befolgen Sie sämtliche Instruktionen ganz genau, besonders was den Ort Ihrer
Landung betrifft. Haben Sie mich komplett verstanden, Mr. Ricardo?<«
    »Was für eine Art Paket?« fragte Jerry.
    »Er sagt es nicht, und mir ist es egal. >Sie tun das«, sagt er,
>und halten Ihre große Klappe, Mr. Ricardo, und meine Geschäftspartner
werden sich ihr ganzes Leben lang um Sie kümmern wie um einen eigenen Sohn. Um
Ihre Kinder werden sie sich kümmern, um Ihre Mädchen. Um Ihr Mädchen in Bali.
Solange Sie leben, werden sie sich dankbar zeigen. Aber wenn Sie sie betrügen
oder etwas in der Stadt austrompeten, dann bringen sie Sie todsicher um, Mr.
Ricardo, glauben Sie mir. Vielleicht nicht morgen und auch nicht übermorgen,
aber sie bringen Sie todsicher um. Wir haben einen Vertrag, Mr. Ricardo. Meine
Geschäftspartner brechen niemals einen Vertrag. Sie sind sehr rechtsbewußte
Männer.« Mir ist der Schweiß ausgebrochen, Voltaire. Ich bin in bester
Kondition, erstklassiger Sportsmann, aber der Schweiß bricht mir aus. >Keine
Sorge, Mr. Tiu«, sage ich zu ihm. >Mr. Tiu, Sir, wann immer Sie Opium nach
Rotchina fliegen wollen, ist Ricardo Ihr Mann.« Voltaire, glauben Sie mir, mir
war gar nicht wohl bei der Sache.«
    Ricardo kniff sich in die Nase, als wollte er Meerwasser herausdrücken.
    »Hören Sie zu, Voltaire. Hören Sie sehr aufmerksam zu. Als ich jung und
dumm war, flog ich zweimal für die Amerikaner in die Provinz Yünnan. Um ein
Held zu sein, muß man gewisse blödsinnige Dinge tun, und wenn man abstürzt,
holen sie einen vielleicht eines Tages heraus. Aber bei jedem Flug schaue ich
hinunter auf die lausige braune Erde und sehe Ricardo in einem Holzkäfig. Keine
Weiber, einen lausigen Fraß, kein Platz zum Stehen, kein Platz zum Sitzen oder
Schlafen, Ketten an den Armen, keinerlei Status oder Zugehörigkeit. >Hier
ist ein Imperialistenspion und Schmuggler zu sehen !< Voltaire, diese
Vorstellung gefällt mir nicht. Mein ganzes Leben lang in China eingesperrt zu
sein, weil ich Opium geschmuggelt habe? Ich bin nicht begeistert. >Klar, Mr.
Tiu! Bye-bye! Bis heute nachmittag!« Ich muß ernsthaft nachdenken.«
    Der braune Dunst des Sonnenuntergangs erfüllte plötzlich den Raum. Auf
Ricardos gebräunter Brust hatte sich trotz seiner tadellosen Kondition wiederum
Schweiß gebildet. Er lag in Tropfen auf dem schwarzen Haar und den geölten
Schultern.
    »Wo war Lizzie während der ganzen Zeit?«fragte Jerry abermals.
    Ricardos Antwort kam nervös, ja ärgerlich.
    »In Vientiane. Auf dem Mond. Im Bett mit Charlie. Was zum Teufel geht
das mich an?«
    »Wußte sie von dem Handel mit Tiu?«
    Ricardo schnitt nur eine verächtliche Grimasse.
    Zeit, daß ich gehe, dachte Jerry. Zeit, daß ich die letzte Ladung zünde
und davonrenne. Drunten zog Mickey vor Ricardos Frauen eine große Schau ab.
Jerry konnte sein singendes Geplapper hören, unterbrochen von ihrem hellen
Lachen, das sich anhörte wie das Lachen einer ganzen Mädchenklasse.
    »Also sind Sie geflogen«, sagte er. Er wartete, aber Ricardo blieb tief
in seinen Gedanken

Weitere Kostenlose Bücher