Carre, John le
sein
Wahrsager ihm versprach, eines Tages werde er eine zweite finden, und er war
der Meinung, Lizzie komme der Sache nahe genug, also halfen sie ein bißchen
nach und nannten sie Liese, und weil sie schon einmal dabei war, stutzte sie
ihren Familiennamen zu einem schlichten Worth.
»Blonde
Biene«, sagte sie zerstreut.
Der
Namenswechsel habe auch einen praktischen Zweck gehabt, sagte sie. Nachdem Ko
ihr einen neuen Namen gegeben hatte, habe er dafür gesorgt, daß ihre auf den
alten Namen lautende Polizeiakte vernichtet wurde.
»Bis
dieses Schwein Mellon auftaucht und sagt, er läßt eine neue erstellen, und
darin werde dann auch stehen, daß ich sein verdammtes Heroin befördert habe«,
sagte sie. Was sie wieder darauf brachte, wo sie jetzt waren. Und warum. Sie
redeten gelöst dahin, als ruhten sie von der Liebe aus. Jerry lag auf dem
Diwan, er war hellwach, Lizzie hingegen schlief im Sprechen immer wieder ein
und nahm danach ihre Erzählung dort wieder auf, wo sie eingeschlummert war, und
er wußte, daß sie ihm die Wahrheit sagte, denn es kam nichts darin vor, was er
nicht schon von ihr wußte und verstand. Er begriff auch, daß Ko für sie zum
Lebensanker geworden war. Er wachte über ihrer Odyssee, ähnlich wie es der
Schulmeister getan hatte. »Drake hat nie im Leben ein Versprechen gebrochen«,
sagte sie einmal, drehte sich um und fiel wieder in unruhigen Schlummer. Jerry
dachte an die Waise: lüg mich bloß nie an. Stunden, Ewigkeiten später erwachte
sie durch einen ekstatischen Schrei aus dem Zimmer nebenan.
»Herrje«,
erklärte sie anerkennend. »Die ist wirklich im siebenten Himmel!« Der Schrei
wiederholte sich. »Ach! War nur Mache!« Stille.
»Bist du
wach?« fragte sie.
»Ja.«
»Was
willst du jetzt machen?
»Morgen?«
»Ja.«
»Ich weiß
nicht«, sagte er.
»Herzlich
willkommen im Club«, sagte sie.
Ich muß
neue Instruktionen von Sarratt kriegen. Unbedingt, dachte er. Einen
Kassiberanruf bei Old Craw, dachte er. Den lieben alten George um einen seiner
philosophischen Winke bitten, die er in letzter Zeit so gern spendiert. Er muß
in der Nähe sein.
Irgendwo.
Smiley war
in der Nähe, aber zu diesem Zeitpunkt hätte er Jerry überhaupt keine Hilfe
zuteil werden lassen können. Er würde sein ganzes Wissen für ein bißchen
Verständnis eingetauscht haben.
Die
Isolierstation kannte keine Nacht, sie lagen oder lungerten unter dem
Tageslicht des durchbrochenen Plafonds, die drei Vettern und Sam auf der einen
Seite des Raums, Smiley und Guillam auf der anderen, und Fawn schritt
unermüdlich die Reihe der Kinositze ab, ein Gefangener, der vor Wut beinah
platzte, und preßte in jeder der winzigen Fäuste etwas, das wie ein Tennisball
aussah. Seine Lippen waren schwarz und verschwollen, ein Auge war geschlossen.
Unter seiner Nase hielt sich hartnäckig ein Blutgerinsel. Guillam trug den
rechten Arm bis zur Schulter bandagiert und ließ kein Auge von Smiley. Auch die
Blicke aller anderen waren auf Smiley gerichtet, aller, außer Fawn. Ein Telefon
klingelte, aber es war der Nachrichtenraum im Oberstock, der meldete, daß
Jerrys Spur mit Sicherheit bis Vientiane verfolgt werden konnte.
»Sagen Sie
ihnen, die Fährte ist kalt, Murphy«, befahl Martello und hielt dabei den Blick
auf Smiley gerichtet. »Sagen Sie ihnen irgendwas. Aber schaffen Sie uns die
Bande vom Hals. Recht so, George?« Smiley nickte.
»Recht
so«, sagte Guillam energisch an seiner Stelle. »Die Fährte ist kalt, honey«, echote Murphy ins Telefon. Das honey war eine Überraschung. Murphy hatte bislang
keinerlei Symptome menschlicher Wärme gezeigt. »Wollen Sie zurückdrahten, oder
muß ich es erledigen? Wir sind nicht interessiert, ja? Abblasen.« Er legte auf.
»Rockhurst
hat ihren Wagen gefunden«, sagte Guillam zum zweitenmal, während Smiley
unentwegt vor sich hinstarrte. »In einer Tiefgarage in Central. Ein Mietwagen
steht auch drunten. Westerby hat ihn gemietet. Heute. Auf seinen Arbeitsnamen.
George?«
Smiley
nickte so schwach, als hätte er nur einen Anfall von Schläfrigkeit verscheuchen
wollen.
»Wenigstens
unternimmt er etwas, George«, sagte Martello anzüglich aus seiner Ecke, die er
mit Collins und den schweigsamen Männern teilte. »Es heißt, wenn ein Elefant
ausbricht, dann gibt's nur eins: hingehen und ihn erschießen.«
»Zuerst
muß man ihn finden«, schnauzte Guillam, dessen Nerven am Zerreißen waren.
»Ich bin
nicht einmal ganz sicher, ob George das möchte, Peter«, Martello war wieder
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