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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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erzählst, was du ihnen erzählt hast. Und danach möchte
ich, daß du mir alles sagst, was sie dich gefragt haben, ob du es beantworten
konntest oder nicht. Und wenn du damit fertig bist, dann wollen wir's mit einem
kleinen Spielchen versuchen, das sich Rückpeilung nennt, und gemeinsam herausfinden,
wo diese ganze Schweinebande ihre Plätze im Weltenplan hat.«
    »Es ist
die Wiederaufführung eines alten Stücks«, sagte sie schließlich. _ »Welches
Stück?«
    »Das weiß
ich nicht. Es soll alles genauso ablaufen, wie es schon einmal war.«
    »Und was
war schon einmal?«
    »Was immer
es war«, sagte sie müde, »es wird sich genauso noch einmal abspielen.«
     
    Nelson
     
    Es war ein
Uhr morgens. Sie hatte ein Bad genommen. Sie kam aus dem Badezimmer, in ein
weißes Laken gehüllt, ein Handtuch ums Haar geschlungen und war barfuß, so daß
ihre Proportionen plötzlich ganz anders wirkten.
    »Sogar
Papierbanderolen sind über dem Klodeckel«, sagte sie. »Und die Zahnputzbecher
in Cellophan verpackt.« Sie döste auf dem Bett, er auf dem Sofa. Einmal sagte
sie: »Ich möchte schon, aber es ist nichts zu machen«, und er antwortete, nach
Fawns gezieltem Fußtritt sei auch seine eigene Libido ein wenig angeschlagen.
Sie erzählte ihm von ihrem Schulmeister - Mr. Bloody Worthington, nannte sie
ihn - und ihrem »einzigen Versuch, auf dem Pfad der Tugend zu wandeln«, und von
dem Kind, das sie ihm aus Höflichkeit geboren habe. Sie sprach von ihren
schrecklichen Eltern und von Ricardo und was für ein Schwein er gewesen sei und
wie sie ihn geliebt habe und wie ein Mädchen in der Constellation Bar ihr
geraten habe, ihn mit Cytisin zu vergiften und daß sie ihm eines Tages, nachdem
er sie halbtot geprügelt hatte, eine »verdammt große Dosis in seinen Kaffee
getan« habe. Aber vielleicht hatte sie nicht das richtige Mittel erwischt,
sagte sie, denn es sei weiter nichts passiert, als daß er tagelang krank
gewesen sei, und »wenn es etwas Schlimmeres gibt als den gesunden Ricardo, dann
ist es ein Ricardo an der Schwelle des Todes«. Wie sie ihm ein anderesmal
tatsächlich einen Messerstich beigebracht habe, als er in der Badewanne saß,
aber er habe einfach ein Stück Heftpflaster drübergeklebt und sie aufs neue
verdroschen.
    Wie sie
und Charlie Marshall nach Ricardos offiziellem Verschwinden nicht an seinen
Tod hatten glauben wollen und eine, wie sie es nannten, »Ricardo-lebt-Campagne«
gestartet hatten, und wie Charlie sich hinter seinen alten Herrn geklemmt habe,
alles genau, wie er es Jerry geschildert hatte. Wie Lizzie ihren Rucksack
gepackt und nach Bangkok gegangen sei, geradewegs in die Suite von China Airsea
im Erawan, in der Absicht, sich Tiu vorzuknöpfen, und statt dessen an Ko
geriet, den sie erst einmal und nur sehr kurz gesehen hatte: bei einer
Teegesellschaft in Hongkong, die eine gewisse Sally Cale gegeben hatte, ein
Mannweib mit blaugetöntem Haar, im Antiquitätenhandel und nebenbei im
Heroingeschäft tätig. Und wie sie im Erawan ein richtiges Boulevardstück gespielt
habe, das mit Kos barschem Befehl, sie solle sich rausscheren, anfing, und
damit endete, daß, wie Lizzie fröhlich sagte, »die Natur ihren Lauf nahm«:
»Wieder ein Schritt auf Lizzie Worthingtons unbeirrbarem Marsch ins Verderben.«
Und wie sie langsam und umständlich, während »Charlie Marshalls alter Herr zog
und Lizzie Worthington schob«, wie man sagen könnte, einen sehr chinesischen
Vertrag zustande brachten, mit Ko und Charlies altem Herrn als Signatarmächten
und als Gegenstand der Transaktion erstens Ricardo und zweitens dessen
Lebensgefährtin a. D., Lizzie. Jerry erfuhr ohne große Überraschung, daß sowohl
sie wie Ricardo dankbar in das Abkommen einwilligten. »Du hättest ihn
verschimmeln lassen sollen«, sagte Jerry und dachte an die Zwillingsringe an Ricardos
rechter Hand und an den in die Luft gesprengten Ford.
    Aber
Lizzie hatte die Sache ganz anders und gar nicht so gesehen und tat es auch
heute noch nicht.
    »Er
gehörte zu uns«, sagte sie. »Auch wenn er ein Schwein war.« Aber nachdem sie
ihm sein Leben erkauft hatte, fühlte sie sich nicht mehr an ihn gebunden.
    »Die
Chinesen arrangieren alle Tage Hochzeiten. Warum also nicht Drake und Liese?«
    Was es mit
diesem Liese auf sich
habe? wollte Jerry wissen. Warum Liese anstatt Lizzie?
    Sie wußte
es nicht. Das sei etwas, worüber Drake nicht spreche, sagte sie. Er habe ihr
nur erzählt, daß es einmal eine Liese in seinem Leben gegeben habe und daß

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