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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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über die Stadt verteilt.
Die Vettern hatten alle drei angezapft. Schon seit Jahren. Sie wußten über
jeden Cent Bescheid, den die Residentur abhob und sogar, je nach der
Kontpnummer, ob es für beigebrachtes Nachrichtenmaterial oder subversive
Aktivitäten war. Die Sowjet-Residentur hatte ihre eigenen Geldboten und für
jede Abhebung über tausend Eier waren drei Unterschriften nötig. Herrgott,
George, das steht doch alles in den Akten!«
    »Sam, ich
möchte, daß Sie sich vorstellen, diese Akte existierte nicht«, sagte Smiley
ernst und schrieb noch immer. »Zur rechten Zeit sollen Sie alles erfahren. Bis
dahin müssen Sie Geduld mit uns haben.«
    »Ganz wie
Sie wünschen«, sagte Sam und atmete bedeutend leichter, wie Smiley feststellte:
er schien sich jetzt auf festerem Boden zu fühlen.
    An dieser
Stelle machte Smiley den Vorschlag, sie sollten Connie heraufkommen und zuhören
lassen und vielleicht auch Doc di Salis, denn schließlich war Südostasien Docs
Revier. Aus taktischen Gründen war er durchaus willens, sich mit Sams kleinem
Geheimnis Zeit zu lassen; und strategisch war der Inhalt von Sams Geschichte
bereits von brennendem Interesse. Also wurde  Guillam ausgeschickt, die beiden
anzuschleppen, während Smiley eine Pause einlegte und Sam und er ein wenig die
Beine ausstreckten. »Wie geht's Geschäft?« fragte Sam höflich. »Ein bißchen schleppend«,
gab Smiley zu. »Vermissen Sie es?«
    »Das ist
Karla, wie?« fragte Sam und studierte das Foto. Smileys Tonfall wurde sofort
steif und ausweichend. »Wer? Ah ja, ja, gewiß. Leider nicht sehr ähnlich, aber
das Beste, das wir haben.«
    Sie hätten
ein frühes Aquarell bewundern können.
    »Sie haben
irgend etwas persönlich gegen ihn, wie?« sagte Sam grübelnd.
    In diesem
Moment kamen Connie, di Salis und Guillam im Gänsemarsch herein, Guillam an der
Spitze, und der kleine Fawn hielt gänzlich überflüssigerweise die Tür auf.
    Das Rätsel
wurde vorübergehend ausgespart und die Sitzung glich einem Kriegsrat: die Jagd
war eröffnet. Zuerst rekapitulierte Smiley, was Sam berichtet hatte, wobei er en passant einflocht, sie hätten sich vorgestellt, es
existierten keine Akten - eine verschleierte Warnung an die Neuankömmlinge.
Dann nahm Sam seinen Bericht dort auf, wo er stehengeblieben war: bei den Kanten, den
auffälligen Kleinigkeiten; obwohl es, wie er betonte, wirklich nicht mehr viel
zu sagen gab. Die Fährte führte bis zu Indocharter, Vientiane S. A. und brach
dort ab.
    »Indocharter
war eine chinesische Überseegesellschaft«, sagte Sam mit einem flüchtigen Blick
auf di Salis. »Vorwiegend swatonesisch.«
    Bei dem
Wort »swatonesisch« stieß di Salis einen Laut aus, halb Lachen, halb Klage:
»Oh, die sind die All erschlimmsten«,
erklärte er: sollte heißen, am schwierigsten zu knacken. »Es war eine
chinesische Überseefirma«, wiederholte Sam für die übrige Gesellschaft, »und
die Klapsmühlen von Südostasien sind randvoll mit ehrlichen Außenagenten, die
versucht haben, den weiteren Lebenslauf heißer Gelder aufzudröseln, nachdem sie
einmal im Rachen der Übersee-Chinesen gelandet waren.« Ganz besonders, fügte er
hinzu, im Rachen der Swatonesen oder der Chiu Chow, die ein Volk für sich seien
und das Reis-Monopol in Thailand, Laos und noch verschiedenen anderen Orten
innehatten. Für diese Sippschaft, sagte Sam, sei Indocharter, Vientiane S. A.
klassisch gewesen. Seine Tarnung als Kaufmann hatte ihm anscheinend erlaubt,
der Sache weiter nachzugehen. »Erstens war die societe
anonyme in Paris eingetragen«, sagte er. »Zweitens gehörte die societe nach
zuverlässiger Information einer ebenso diskreten wie vielseitigen schanghainesischen
Übersee-Handelsgesellschaft mit Sitz in Manila, die ihrerseits im Besitz einer
Chiu-Chow-Gesellschaft, eingetragen in Bangkok, war, welche hinwiederum ihre
Gewinne an ein total undurchsichtiges Unternehmen in Hongkong abführte, das
sich China Airsea nannte und an der dortigen Aktienbörse notiert war; ihm
gehörte alles mögliche, von ganzen Dschunken-Flotten über Zementfabriken und
Rennpferden bis zu Restaurants. Nach Hongkonger Maßstäben war China Airsea ein
hochseriöses Handelshaus, alteingesessen und sehr angesehen«, sagte Sam, »und
die einzige Verbindung zwischen Indocharter und China Airsea bestand vermutlich
darin, daß irgend jemandes fünftältester Bruder eine Tante hatte, die mit einem
der Aktionäre zur Schule gegangen war und ihm eine Gefälligkeit schuldete.«
    di Salis
nickte

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