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Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Carte Blanche - Ein Bond-Roman

Titel: Carte Blanche - Ein Bond-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Club mochte früher einmal etwas Exklusives an sich gehabt haben, als er noch Jägern vorbehalten war, die Jodhpurhosen trugen und Jacken mit aufgenähten Schlaufen für die Patronen der großkalibrigen Gewehre. Heutzutage wirkte er wie ein kleines Veranstaltungsgebäude, in dem mehrere Hochzeitsempfänge zur selben Zeit stattfinden konnten. Bond war sich nicht mal sicher, ob der Kopf eines Kaffernbüffels, der in der Nähe des Eingangs wütend auf ihn herabstarrte, echt war oder aus chinesischer Fertigung stammte.
    Er nannte einer der hübschen jungen Damen an der Tür den Namen Gene Theron. Die Frau war blond und üppig und trug ein enges karmesinrotes Kleid mit tiefem Ausschnitt. Die andere Hostess war eine Zulu oder Xhosa, aber ebenso gebaut und gekleidet. Bond nahm an, dass die Veranstalter der Gala wussten, wie man die vorwiegend männlichen potenziellen Spender, gleich welcher Hautfarbe, in Stimmung bringen konnte. »Ich bin Gast von Mr. Hydt«, fügte er hinzu.
    »Ah, ja«, sagte die Blondine und ließ ihn in den dämmrig beleuchteten Raum, in dem sich ungefähr fünfzig Leute aufhielten. Es gab alkoholfreie Getränke, Wein und Champagner. Bond entschied sich für Letzteres.
    Er hatte Hydts Rat befolgt und trug eine hellgraue Hose, ein schwarzes Sportsakko und ein hellblaues Hemd, aber keine Krawatte.
    Mit seinem Champagnerkelch in der Hand sah Bond sich in dem vornehmen Saal um. Als Gastgeber des Abends fungierte die in Kapstadt beheimatete International Organisation Against Hunger. Auf Fotowänden sah man Arbeiter, die große Pakete an glückliche, zumeist weibliche Empfänger aushändigten, Hercules-Transportflugzeuge, die entladen wurden, und Boote, auf denen sich Reis- oder Weizensäcke türmten. Bilder von ausgezehrten hungernden Kindern gab es hier nicht. Ein geschmackvoller Kompromiss. Die Spender sollten sich ein wenig, aber nicht zu sehr unter Zugzwang gesetzt fühlen. Bond schätzte, dass die Welt des Altruismus ebenso umsichtiges Verhalten erforderte wie die Hinterzimmer von Whitehall.
    Aus Lautsprechern in der Decke ertönte die gefällige Hintergrundmusik des Abends: harmonische Klänge von Ladysmith Black Mambazo und inspirierende Lieder der Kapstadter Sängerin Verity.
    Es würde eine stille Auktion geben – auf mehreren Tischen lagen verschiedenste Spenden aus, die die Unterstützer der Gruppe gestiftet hatten: ein Fußball mit Unterschriften von Spielern der Bafana Bafana, der südafrikanischen Fußballnationalmannschaft, eine Bootsfahrt mit Walbeobachtung, ein Wochenendausflug nach Stellenbosch, eine Zulu-Skulptur, ein Paar Diamantohrringe und vieles mehr. Die Gäste gingen von Tisch zu Tisch und schrieben ihre jeweiligen Gebote auf einen Zettel; wer bei Auktionsschluss den höchsten Betrag geboten hatte, gewann den Artikel. Severan Hydt hatte ein Abendessen in einem erstklassigen Restaurant gestiftet, für vier Personen, im Wert von achttausend Rand – etwa siebenhundert Pfund, überschlug Bond.
    Der Wein floss in Strömen, und Kellner boten auf silbernen Tabletts kunstvolle Kanapees an.
    Zehn Minuten nach Bond traf auch Severan Hydt mit seiner Begleiterin ein. Niall Dunne war nirgendwo zu sehen. Bond nickte Hydt zu, dessen gut geschnittener marineblauer Anzug vermutlich aus amerikanischer Fertigung stammte, falls er den Schnitt der Schulterpartie richtig deutete. Die Frau – deren Name Jessica Barnes lautete, erinnerte er sich – trug ein schlichtes schwarzes Kleid und sehr viel Schmuck, ausschließlich Diamanten und Platin. Ihre Strümpfe waren makellos weiß. An ihr gab es nicht den kleinsten Farbtupfer zu entdecken; sie hatte nicht einmal Lippenstift aufgelegt. Sein früherer Eindruck bestätigte sich: Sie war blass und hohlwangig, trotz ihrer guten Figur und des attraktiven Gesichts. Ihr asketisches Erscheinungsbild ließ sie beträchtlich älter wirken, beinahe gespenstisch. Bond war neugierig; jede andere anwesende Frau in Jessicas Alter hatte eindeutig Stunden darauf verwandt, sich herauszuputzen.
    »Ah, Theron«, dröhnte Hydt, marschierte los und ließ Jessica einfach stehen. Sie folgte ihm. Während Bond seine Hand schüttelte, bedachte die Frau ihn mit einem unverbindlichen Lächeln. Er wandte sich ihr zu. Seine Arbeit erforderte eine konstante, oftmals erschöpfende Konzentration. Wenn man eine Person traf, die man bisher nur durch Überwachungsmaßnahmen kannte, durfte man sich das keinesfalls anmerken lassen. Ein unbedachtes »Ah, wie schön, Sie wiederzusehen«, obwohl

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