Carte Blanche - Ein Bond-Roman
Arbeit mehr steckt, als du mir erzählt hast«, sagte sie ruhig. »Nein, sag nichts. Ich weiß nicht, wie es dir dabei geht, aber falls wir uns weiterhin treffen sollten, könntest …« Ihre Stimme erstarb.
»Red weiter«, flüsterte er.
»Falls wir uns weiterhin treffen, könntest du vielleicht das eine oder andere ändern? Ich meine, wenn du schon manch einen dunklen Ort aufsuchen musst, könntest du mir versprechen, wenigstens die … schlimmsten zu meiden?« Er spürte ihre Anspannung. »Ach, ich weiß auch nicht, was ich damit sagen will. Ignorier mich einfach, Gene.«
Obwohl sie annahm, mit einem Sicherheitsexperten und Söldner aus Durban zu sprechen, sprach sie in gewisser Weise auch mit ihm, James Bond, einem Agenten der Sektion 00.
Und er begriff ihr Eingeständnis, dass sie bezüglich Gene Theron mit einem gewissen Grad an Finsternis leben konnte, als Hinweis darauf, dass sie auch Bond so würde akzeptieren können, wie er war.
»Ich glaube, das ist sehr gut möglich«, flüsterte er.
Sie küsste seine Hand. »Red nicht weiter. Das ist alles, was ich hören wollte. Jetzt weiß ich ungefähr, woran ich bin. Ich weiß ja nicht, ob du am Wochenende schon was vorhast …«
Ich auch nicht, dachte Bond säuerlich.
»… aber wir werden morgen Abend alle Lieferungen auf den Weg gebracht haben. Ich kenne da einen Gasthof in Franschhoek – warst du schon mal in der Gegend?«
»Nein.«
»Das ist der hübscheste Fleck der ganzen westlichen Kapregion. Ein Weinanbaugebiet. Das Restaurant hat einen Michelin-Stern und die romantischste Terrasse der Welt, mit Blick auf die Hügel. Fährst du am Samstag mit mir dahin?«
»Das würde ich liebend gern«, sagte er und küsste ihr Haar.
»Ehrlich?« Die entschlossene Kämpferin, die es gewohnt war, sich mit Großkonzernen anzulegen, klang auf einmal verletzlich und verunsichert.
»Ja, ehrlich.«
Fünf Minuten später war sie eingeschlafen.
Bond hingegen blieb wach und starrte hinaus auf die Lichter des Hafens. Seine Gedanken kreisten nicht länger um den eventuellen Verrat seines Vaters. Er dachte auch nicht an das Versprechen, mit dem er Felicity Willing eine Besserung seiner finsteren Natur in Aussicht gestellt hatte, oder an das Wochenende, das sie womöglich gemeinsam verbringen würden. Nein, James Bond konzentrierte sich nur auf eines: auf die undeutlichen Gesichter all jener Menschen irgendwo auf der Welt, deren Leben nur er allein würde retten können – ganz gleich, was Whitehall glaubte.
FREITAG
Abwärts zu Gehenna
53
Um acht Uhr vierzig lenkte Bond seinen staubigen und mit Schlamm bespritzten Subaru auf den Parkplatz der Kapstadter SAPS -Zentrale. Er zog den Zündschlüssel ab, stieg aus und betrat das Gebäude. Bheka Jordaan, Gregory Lamb und Kwalene Nkosi erwarteten ihn bereits im Büro.
Bond nickte ihnen zu. Lamb reagierte mit einem verschwörerischen Blick, Nkosi mit einem freundlichen Lächeln.
»Wir haben Hydts neu eingetroffene Geschäftspartner identifiziert«, sagte Jordaan, drehte ihren Laptop herum und ließ mehrere Bilder durchlaufen. Die ersten Fotos zeigten einen dicken Mann mit rundem dunkelhäutigem Gesicht. Er trug ein grelles gold- und silberfarbenes Hemd, eine Designersonnenbrille und eine ausladende braune Stoffhose.
»Charles Mathebula. Ein schwarzer Diamant aus Johannesburg.«
»So nennt man die Neureichen in Südafrika«, erklärte Lamb. »Manche von denen sind über Nacht und auf kaum nachvollziehbare Weise an ihr Vermögen gelangt, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Und manche verdanken ihren Wohlstand harter Arbeit«, fügte Jordaan eisig hinzu. »Mathebula scheint legale Speditionsgeschäfte zu betreiben. Vor ein paar Jahren wurde es mal eng, als es um einige Waffenlieferungen ging, das stimmt. Aber letztlich konnte man ihm nichts nachweisen.« Sie drückte auf eine Taste, und das nächste Bild erschien. »Das ist David Huang.« Er war schlank und lächelte in die Kamera. »Seine Tochter hat diesen Schnappschuss auf ihrer Facebook-Seite gepostet. Dumm von ihr … aber gut für uns.«
»Ein bekannter Gangster?«
»Ein mutmaßlicher Gangster«, schränkte Nkosi ein. »Aus Singapur. Hauptsächlich Geldwäsche. Möglicherweise auch Menschenschmuggel.«
Ein weiteres Gesicht erschien. Jordaan zeigte auf den Bildschirm. »Der Deutsche – Hans Eberhard. Er ist schon am Mittwoch angekommen. Hat mit Bodenschätzen zu tun, vorwiegend Diamanten. Hauptsächlich für die Industrie, aber manchmal auch Schmuck.« Der gut
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