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Cash

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Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
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kosmetisch war er jedoch wahrscheinlich die bessere Wahl. Die meisten Familien fühlten sich bei dem bärbeißigen, unbeugsamen großen Iren mit kantigem Kinn besser aufgehoben als bei der rehäugigen Latina; da spielte es keine Rolle, dass Yolonda ihrer ganzen Gefühligkeit zum Trotz eine sehr viel bessere Jägerin war, als er es je werden würde.
    Marcus schien jetzt nicht mehr so redselig, eher benommen, zuckte allerdings bei jedem Geräusch zusammen - bei der Toilettenspülung einen Meter neben ihm, dem raumgreifenden Telefonklingeln, den körperlosen Zurufen, dem plötzlichen Auftauchen eines Polizisten, der um die Stellwand spähte und sich, als er sah, dass die Toilette besetzt war, die Krawatte an den Bauch drückte und umstandslos einen Schwall Mundwasser in die mit Zeitungen gefüllte Mülltonne spuckte.
    Als die Toilettentür endlich aufging, stand Jimmy Iacone da und schnallte seinen Gürtel zu; er war zunächst erschrocken, dann peinlich berührt, als er Marcus nur einen Meter weiter sitzen sah. »Entschuldigung«, hustete er leise, drehte sich noch einmal um, damit die Klotür auch ganz sicher zu war, und murmelte Matty zu, als er sich an ihm vorbeidrückte: »Hättest mich ruhig mal warnen können oder so.«
    »Ich entschuldige mich für das Durcheinander hier, wir sind nicht...« Matty unterbrach sich; als er sich umdrehte, sah er, wie Marcus abwesend eine Baseballkappe auf dem Fernseher anstarrte, auf deren rotem Schirm nypd crime scene unit stand und darunter wir sehen tote. »Verzeihung«, sagte Matty. »Leider ist das unsere Art, mit diesen Dingen umzugehen.«
    »Galgenhumor«, sagte Marcus tonlos.
    Als Matty die Kappe verstaute, warf er einen Blick aus dem Fenster. John Mullins geleitete Marcus' verzweifelte Frau und Tochter zu seinem Wagen.
    »Bei allem Respekt.« Matty drehte sich wieder zum Tisch um. »Ich finde, Sie machen einen Fehler, wenn Sie jetzt nicht mit Ihrer Familie zusammen sind.«
    »Es war ein Überfall?«, fragte Marcus beiläufig; das Rot kroch ihm wieder ins Gesicht.
    Matty zögerte, er wollte eigentlich erreichen, dass zumindest die Frau bei ihm blieb, verfing sich jetzt aber in dieser heiklen Frage. »Na ja, zur Zeit schließen wir das eher aus.« Nach kurzem Zögern fuhr er fort: »Ich will Ihnen die Situation genau erklären. Zu diesem Zeitpunkt haben wir zwei glaubwürdige Zeugen, die ausgesagt haben, dass sie drei weiße Männer vor einem Haus haben stehen sehen, von denen einer eine Waffe gezückt, auf Ihren Sohn geschossen hat und dann in den Hausflur gelaufen ist.«
    »Okay.« Marcus' Blick irrte umher.
    »Als, als die erste Streife den Tatort erreichte, kam der Weiße, der ins Haus gelaufen war, wieder heraus und behauptete, dass er und seine Freunde von zwei schwarzen oder hispanischen Männern ausgeraubt wurden und einer geschossen hat. Aber wie gesagt, die beiden Augenzeugen haben dem widersprochen.« Matty war sich nicht sicher, ob irgendetwas von dem, was er gerade erzählt hatte, auch nur entfernt bei Marcus angekommen war, wusste aber, dass dieses kompakte Szenario den Mann höchstwahrscheinlich bis an sein Lebensende begleiten würde. »Mr Marcus, möchten Sie ein Glas Wasser?«
    «Warum hat er das getan?«
    »Ganz ehrlich? Wir wissen es nicht. Sie hatten alle ziemlich heftig getrunken, es könnte Streit gegeben haben, möglicherweise um eine Frau, aber unterm Strich ...«
    »Waren sie befreundet?«
    »Arbeitskollegen im Cafe Berkmann, er heißt Eric Cash. Hat Ihr Sohn diesen Namen jemals erwähnt?«
    «Nein.« Dann: »Ist er hier?«
    »Noch wird ihm nichts zur Last gelegt, aber wir reden mit ihm.«
    »Hier.«
    »Ja.«
    »Kann ich ihn sehen?«
    »Das können wir nicht machen.«
    »Ich will ihn nur fragen ...«
    »Das können wir nicht machen, Mr Marcus, haben Sie Verständnis.«
    »Na gut, ich dachte nur, Ihnen zuliebe und mir könnte ich ...«
    «Das ist nicht...«
    »Verstehe«, sagte Marcus einsichtig. »Wo war es denn?«
    Wieder zögerte Matty. »Oben, Oberkörper.«
    »Habe ich Sie das gefragt?«, rief Marcus, der unsichtbare Dienstraum hinter der Trennwand verstummte.
    »Tut mir leid«, sagte Matty behutsam, »ich habe die Frage missverstanden.«
    »Wo, da draußen, in New York.«
    »In der Eldridge Street, ein paar Blocks südlich von ...«
    «Ich bin ... Eldridge? Darf ich fragen, welche Hausnummer?«
    «Siebenundzwanzig.«
    »Wir sind aus der Eldridge Street, Ecke Houston und Eldridge ...
    Ikes Urgroßvater.« Zum ersten Mal hörte Matty aus seinem

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