Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cash

Cash

Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
Vom Netzwerk:
wenn es gekonnt hätte - die Besitzer hatten mitten in der Bauphase kalte Füße bekommen und sich aus Furcht, den Reiz des Viertels überschätzt zu haben, um langfristige Verpflichtungen innerhalb der Gemeinde gerissen, aber das Hotel war vom Start weg ein Hit.
    Jimmy Iacone kümmerte sich ums Einchecken. Da sie kein Gepäck zu tragen hatten und die Parkplatzsuche eine halbe Stunde in Anspruch nehmen konnte, beschloss Iacone, Marcus die kurzen sieben Blocks von der Pitt Street zur Ludlow zu Fuß zu begleiten. Das brauchte seine Zeit, der Mann ging, als liefe er durch eine plattgebombte Gegend mit lodernden Fassaden und über die Gehwege verstreuten Leichen; und er konnte den Blick nicht von den Jugendlichen wenden, die ihnen entgegenkamen, ob männlich, weiblich, bieder, schräg, schwarz oder weiß. An der Ecke Rivington und Suffolk blieb er schließlich ganz stehen und starrte mit offenem Mund jemandem nach, an dem sie gerade vorbeigegangen waren. Iacone wusste, dass Marcus soeben seinen Sohn gesehen hatte, das ging den meisten so, und deshalb mochte Iacone kein normaler Ermittler sein: Lieber würde er durch die gepanzerte Tür eines Drogenhauses treten, sich mit einem unsedierten 120-Kilo-Psychopathen im Dreck wälzen oder einem zugedröhnten Biker Crystal abkaufen - alles lieber, als sich um die Eltern eines ermordeten Kindes zu kümmern.
    Weil das Hotel praktisch ausgebucht war, musste Marcus wohl oder übel in einem Vorzeigezimmer untergebracht werden, einem vollverglasten Adlerhorst im sechzehnten Stock, mehr Ast als Nest und ganz in weiß gehalten: Möbel und Armaturen, der Flachbildschirm an der Wand und das mit weißem Kunstpelz bezogene Doppelbett. Trotz seiner Opulenz war das Zimmer nicht größer als ein Schuhkarton, kaum eine Handbreit zwischen dem riesigen Bett und der nach drei Richtungen blickenden Terrasse, die das Viertel fürstlich präsentierte: ein Meer aus dicht an dicht kauernden Mietshäusern und ein Jahrhundert alten Grundschulen, dazwischen die einzigen Gebilde, die etwas höher hinaus wollten, die sporadisch aufragenden gelben Tyvek-verpackten Aufstockungen und, weiter hinten, abgehoben vor dem Fluss, die Sozialbausiedlungen und die Genossenschaftshäuser, die die Ostseite dieses Schmuddelpanoramas wie Belagerungsfestungen flankierten.
    Marcus saß zusammengesackt am Rand des Polarbettes, Iacone wand sich vor ihm, als wollte er eine Trennung vollziehen und wüsste nicht, wie er gehen sollte, ohne eine Szene heraufzubeschwören. »Brauchen Sie noch irgendwas, Mr Marcus?«
    »Was denn?«
    »Essen, Medikamente, frische Kleidung ...«
    «Nein, alles in Ordnung, danke.«
    «Wirklich?«
    »Ja, danke, vielen Dank.« Er streckte den Arm aus und gab ihm die Hand. Iacone nahm eine Karte aus seiner Jackentasche, legte sie auf den Nachttisch und druckste noch zwei Minuten lang mit schlechtem Gewissen herum, weil er so glimpflich davonkam.
     
    Eine Stunde, nachdem sie Eric verlassen hatten, kehrten sie in den Vernehmungsraum zurück; Matty knallte die Tür, um ihn aufzuwecken.
    »Was.« Er fuhr auf, der Mund weiß vor Schlaf. »Geht's ihm gut?«
    »Jetzt fragen Sie?«
    »Wir waren noch nicht drüben, uns ist was dazwischengekommen.« Yolonda nahm ihren Stuhl und setzte sich so nah zu ihm, dass sich ihre Knie berührten.
    »Was.«
    »Eric, sind Sie sicher, dass alles, was Sie uns erzählt haben, nach bestem Gewissen Ihren Erinnerungen entspricht?« Sie kam noch näher heran.
    »Dafür, dass ich betrunken war«, sagte er vorsichtig. »Na, jetzt sind Sie ja nüchtern«, dröhnte Matty und stieß sich von der Wand ab.
    »Was?«, wiederholte Eric. Sein Blick flackerte von einem Gesicht zum anderen.
    »Sie haben praktisch als Erstes in diesem Raum hier das Stahlrohr angeguckt«, bellte Matty, stützte sich jetzt auf den Tisch, den Kopf zwischen die Schultern geklemmt, »und gesagt, >Mir ist, als sollte ich mit Handschellen dranhängen.<«
    »Was wollten Sie uns damit sagen?«, fragte Yolonda.
    »Nichts.« Er wich vor ihnen zurück. »Ich hab mich einfach mies gefühlt.«
    »Mies. Wegen Ike oder Ihnen?«
    «Was?«
    »Hier ist der neueste Stand.« Matty reckte sich. »Wir haben gerade zwei Zeugen reingekriegt, die aussagen, dass sie direkt gegenüber waren letzte Nacht, als der Schuss fiel. Und nun raten Sie mal. Die haben Sie gesehen mit Steve und Ike und sonst niemanden. Das müssen Sie mir jetzt mal erklären.«
    »Nein, das stimmt nicht.«
    »Die Zeugen haben den Schuss gehört und gesehen, wie Ike

Weitere Kostenlose Bücher