Cash
sagen? Nur eins, wenn die irgendwie, auf irgendeine Weise falsch liegen und dieser arme Schlucker hier die Wahrheit sagt.« Er fuhr zu Berkowitz herum. »Boss, dann reiten wir uns hier gerade tief in die Scheiße und verbraten unsere Zeit, während der Täter sich mit zwölf Stunden Vorsprung vom Acker macht.«
»Kevin.« Yolonda schnippte mit den Fingern, damit der Staatsanwalt sie ansah. »Wie oft haben Sie die beiden befragt?«
»Vielleicht telefoniere ich gerade?«, patzte er zurück, Hand auf dem Hörer.
»Sieh mal.« Sie boxte Matty an den Arm. »Schon wieder eingeschlafen.«
»Staatsanwalt erhebt Anklage?«, fragte Matty Flaherty, sobald der aufgelegt hatte.
»Meint, wir haben Probleme, aber auch hinreichenden Tatverdacht.«
»Die Sache stinkt«, sagte Matty wieder.
»Bin auch nicht begeistert«, sagte Flaherty, »aber wie ich schon gleich gesagt habe: Zwei Augenzeugen sind besser als keine Beweise. Wenn wir den Kerl laufen lassen, und er geht in der Schweiz skilaufen, bevor er endgültig entlastet wird? Zu riskant.«
»In der Schweiz? Der Typ ist Kellner.«
»Soll ich die Honneurs machen?«, fragte Yolonda. »Mich mag er.«
«Ich mach das schon«, sagte Matty.
»Wer auch immer«, sagte Berkowitz. »Nur ziehen Sie endlich den verdammten Stöpsel. Himmelherrgott.«
Neben Marcus und Iacone warteten nur noch zwei Leute im Erdgeschoss der Rechtsmedizin, ein schwarzes Paar mit versteinerten Mienen, jünger als Marcus, das nebeneinander saß, ohne sich anzufassen, die Frau mit einem zerknüllten, aber trockenen Papiertaschentuch in der Hand.
Nachdem er zwanzig Minuten schweigend dagesessen, die leicht tiefgekühlte, leicht ranzige Luft eingeatmet und das große Ölgemälde eines Sonnenuntergangs angestarrt hatte, das direkt über den beiden hing, stand Marcus plötzlich auf, ging zu dem Paar hinüber, stützte die Hände auf die Knie, um ihnen in die Augen zu sehen, sagte, »Mein herzliches Beileid«, als gehörte ihm der Laden, und setzte sich wieder.
Kurz darauf kam ein markiger Detective mit den runden Schultern eines Boxers aus einer Seitentür und murmelte: »William Marcus?« Billy fuhr wieder einmal hoch wie angepiekst. Nachdem sich der Mann als Detective Fortgang von der Identifizierung vorgestellt und Iacone zugenickt hatte - die beiden hatten in einer NYPD-Footballmannschaft gespielt, bevor er sich das Knie lädiert und dreißig Kilo zugelegt hatte -, führte er die beiden durch die Seitentür zwei Treppen hinunter; der Geruch nach Desinfektionsmittel nahm mit jeder Stufe zu. Nach dem Gang durch einen Betonblockkorridor, in dem Fortgang den ausgestreckten Arm in Marcus' Rücken behielt, ohne ihn zu berühren, gelangten sie in einen Raum, den Iacone mehr als jeden anderen Raum in New York hasste, groß, doch kahl mit einem Schreibtisch und zwei Stühlen. In eine Wand war ein großes rechteckiges, von schmalen Metalljalousien verdecktes Fenster eingelassen.
Im Stehen beobachtete Iacone, wie der Vater auf dem Stuhl neben Fortgangs Schreibtisch angespannt das Durcheinander betrachtete: ein Foto von Fortgang in Trainingsanzug neben einem Mädchen-Softballteam, einen Kaffeebecher mit den Worten niemals vergessen und nypd über dem Bild der Zwillingstürme und einen Stapel Stellmappen, in Kugelschreiber mit Namen, Daten und Kürzeln versehen, die wohl nicht allzu schwer zu entschlüsseln waren. Als er den Blick abwandte, entdeckte Iacone unter einem Tischbein ein Polaroid, das Portrait eines mittelalten Latinos, dem die Augäpfel hervorquollen wie einem lüsternen Comic-Wolf und dem noch immer der Stutzen eines Beatmungstubus am Mund klebte. Dann sah er, dass auch Marcus darauf starrte.
»Entschuldigung.« Fortgang hob es auf und steckte es in eine Schublade.
Marcus schnaubte empört aus, dann nickte er zu dem langen, verdeckten Fenster. »Die Leiche ist dahinter?«
»Nein, das ist eigentlich nicht notwendig.«
«Okay.«
Fortgang zog eine Mappe aus dem Stapel, auf der in schnörkeliger weiblicher Handschrift Isaac Marcus stand sowie Erschossen 10/8/02. »Mr Marcus, die Person hier ...« - die sonore Stimme des Detectives -»kann Ihr Sohn sein oder auch nicht. Sie brauchen sich nur die Fotos anzusehen, zwei Stück insgesamt, und wenn er es tatsächlich ist... unterschreiben Sie einfach auf der Rückseite, das ist alles.«
»Okay.«
»Zuvor allerdings ... Also, solche Polaroids, die sind manchmal etwas kiesig.«
«Kiesig?«
»Sie zeigen den Menschen nicht im besten
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