Cash
Licht.«
«Okay.«
»Geht es Ihnen gut?« Fortgangs Hand auf der Mappenlasche. »Was?«
»Wollen Sie einen Schluck Wasser?«
«Wasser? Nein.«
Fortgang zögerte, sah kurz zu Iacone hinauf und nickte ihm zu, sich zu wappnen, dann holte er zwei Neun-mal-dreizehn-Polaroids heraus und legte sie behutsam so nebeneinander, dass der Vater sie sehen konnte. Im ersten lag Ike Marcus mit dem Gesicht nach oben, Mund offen, ein Auge trübe unter einem leicht geöffneten Lid hervorlugend, wobei Iacone sich fragte, weshalb man ihm das Auge nicht ganz geschlossen hatte, bevor man ihn fotografierte; man zeigte das Foto doch mit ziemlicher Sicherheit einem Elternteil, und mit so einem Blick sah das Kind zurückgeblieben aus.
Marcus runzelte beim Betrachten der Bilder die Stirn, als wären ihm möglicherweise die Tätowierungen auf den Armen, die Meerjungfrau, der Panther, der Teufelskopf, unbekannt und brächten ihn aus dem Konzept. Die Eintrittswunde sah belanglos aus, wie eine dritte Brustwarze nicht ganz in der Mitte zwischen den anderen beiden.
Fortgang wartete, sah ihm in die Augen.
Auf dem zweiten Foto lag der Junge auf dem Bauch mit dem Gesicht nach links, die Augen leicht geschlossen unter hochgezogenen Augenbrauen, als wäre der Radiowecker soeben angesprungen und als kämpfte er mit dem Wachwerden. Die Schultern waren zu den Ohren hochgezogen und die Hände umgedreht, so dass die Handflächen zur Kamera zeigten. Marcus betrachtete das stoppelkurze Haar und die Rückseite des Tattoos, das den linken Oberarm umschlängelte, einen keltisch angehauchten Navajo-Reif, und schüttelte den Kopf, als enttäuschte ihn dieser klischeehafte Mystik-Schwachsinn, als meinte er, dass sein Junge eigentlich darüberstehe. Die Austrittswunde im Kreuz schien wiederum nicht der Rede wert, kaum größer als eine Erdbeere.
Marcus hob die Fotos hoch, legte sie hin. »Das ist er nicht.«
Iacone zuckte zusammen, aber Fortgang wirkte weder überrascht noch verärgert. »Soll lieber jemand anders aus der Familie herkommen?«
»Wozu? Wenn er es nicht ist, haben Sie die falsche Familie, was soll das also? Ich bin sein Vater, ich muss es schließlich wissen.« Fortgang nickte. »Verstehe.«
«Tut mir leid.«
»Ist schon in Ordnung. Wir können ihn auch anders identifizieren.«
»Wie anders?«
«Über die Zähne.«
»Aber wenn er es nicht ist, wozu dann zum Zahnarzt gehen? Sie reden schon wieder Unsinn.«
Fortgang atmete durch, sah erneut zu Iacone hinauf und zuckte die Schultern. »Ist gut, Mr Marcus, ich weiß dann Bescheid. Danke, dass Sie hergekommen sind.«
Marcus stand auf, reichte dem Detective die Hand, zupfte sein Hemd zurecht, tat einen Schritt zur Tür, fuhr dann herum und stieß einen einzigen gellenden Schluchzer aus, den man im gesamten Gebäude gehört hätte, wäre er nicht von den schallgedämpften Wänden verschluckt worden: eigens installiert, so hatte Iacone irgendwann erfahren, für derartige Vorfälle.
»Wir haben schlechte Nachrichten«, sagte Matty beinahe entschuldigend, während er seinen Stuhl so nah wie möglich heranschob, ohne dass sie einander berührten.
Eric richtete sich auf, wartete.
»Ike ist gestorben.«
»Oh.« Ein wirr glänzender Blick.
»Und nach Rücksprache mit dem Staatsanwalt haben wir angesichts der beiden Zeugenaussagen keine andere Wahl, als Sie anzuklagen.«
«Anklagen. Also festnehmen?«
«Genau.«
»Eric«, sagte Yolonda mit herzensschwerer Stimme. »Sie können sich immer noch selber helfen. Sagen Sie uns, was passiert ist.«
Stattdessen jedoch tat er etwas, das Matty aufrichtig entsetzte. Mit grinsender Fratze stand er auf und streckte ihm seine Handgelenke entgegen.
Matty spürte Yolondas >Was hab ich dir gesagt!< geradewegs durch den Hinterkopf.
»Ganz ruhig.« Matty drückte sachte auf Erics Schulter. »Das dauert noch ein bisschen.«
»Eric, bitte«, stöhnte Yolonda, doch als sie seine blanke Miene sah, ließ sie es einfach sein.
Als Matty wieder zur Eldridge Street 27 kam, brauchte er nur die Reporter anzusehen, um zu wissen, dass etwas vorgefallen war. Fast alle waren still, konzentriert und zugleich zögerlich und starrten eine Frau mittleren Alters an, die mit dem Rücken zu ihnen am Flatterband stand, die Hände mit leichtem Druck auf dem federleichten Plastik, als handelte es sich um eine Klaviertastatur.
Ohne sich der Aufmerksamkeit bewusst zu sein, die sie auf sich zog, starrte sie blicklos auf das Mietshaus, den Kopf zu einer Schulter geneigt. Hin
Weitere Kostenlose Bücher