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Cash

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Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
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Matty, jetzt, da Cash entlassen war und alles zurück auf Los, beziehungsweise noch vor Los, bedachte man den knappen Tag Vorsprung, den sie dem Schützen gegeben hatten, zu dieser späten Stunde dazu verdonnert, Manhattan-Raubüberfälle der vergangenen sechs Monate zu vergleichen und die Monatsakte ungelöster Fälle zu studieren, dabei jedoch im näheren Umfeld zu bleiben, dem Achten, dem Fünften und dem Neunten, denn Wild entfernt sich nie weiter als eine Meile von seinem Geburtsort und wandelt auf den Pfaden seiner Vorfahren. Die Sozialbausiedlungen waren am naheliegendsten, vorher jedoch musste er noch bändeweise Computerauswurf sichten, nachdem er die kategorisierbaren Details des Marcus-Mordes eingegeben hatte: Tatort, Anzahl der Täter, Hautfarbe der Täter, Tatwaffe, Wortlaut der Drohung, Herangehensweise an Opfer, Art der Flucht.
    Dann gab es noch seine eigenen Ein- und Ausgänge: seinen privaten Fotostapel mit Bezirkstrotteln - welche gerade frei herumliefen, welche saßen, welche frisch entlassen worden waren. Matty kümmerte sich insbesondere um zwei Kategorien: Straßenraub und Waffenbesitz. Müßig, sich Schützen per se anzusehen, weil es sich seiner Meinung nach nicht um einen vorsätzlichen Schuss handelte, sondern das Opfer dem Täter höchstwahrscheinlich zu nahe gerückt war oder ihn sonstwie in Panik versetzt hatte. Des Weiteren sortierte er bei seiner Soziopathen-Patience jene aus, die nach Cashs vager Beschreibung zu alt waren oder vom Äußeren nicht passten oder eine ganz falsche Raub-Präferenz hatten: Einbruchdiebe, Gewerbespezialisten, alle, die lieber mit Dach über dem Kopf klauten. Als sein Täterstapel von fünfzig auf zwanzig geschrumpft war, stellte er ein Flugblatt mit ihren Fotos, Modi operandi und einer Liste möglicher Komplizen zusammen und verschickte das Dokument - den Steckbrief - an alle Reviere der Stadt; wenn irgendwo in einem der fünf Bezirke einer dieser Männer aufgegabelt wurde, erschien eine rote Flagge: Matty Clark vom achten Revier benachrichtigen. Der potentielle Täter wurde als möglicher Zeuge ausgeschrieben, nicht als Schütze, damit den Kollegen quer durch die Stadt der Abzugsfinger nicht so juckte.
    Außerdem: Einheimische festnageln, auf die ein Haftbefehl wartete, Kandidaten mit Damoklesschwert über dem Kopf, die plaudern würden, damit sich das Schwert langsam in seine Scheide zurückzog, besonders Wiederholungstäter, die auf Nimmerwiedersehen in den Knast wandern würden, oder besser noch, ihre weicheren Komplizen, die Beta-Männchen, die von derselben drakonischen Strafe bedroht waren, aber die Dinger überhaupt nur gedreht hatten, weil man sie dazu gezwungen hatte - sie waren auch Opfer, jedenfalls würde er ihnen das so verkaufen.
    Außerdem: die von der Stadt automatisch ausgesetzte Belohnung von 12.000 Dollar beantragen sowie die zusätzlichen 10.000 vom Bürgermeisterfonds für mediensensible Mordfälle. Außerdem, außerdem, Matty sortierte, verschickte, überflog, zog an, schloss aus und wartete darauf, dass ihm irgendjemand, irgendwas ins Gesicht sprang.
    Um Mitternacht kam eine frische Ladung Detectives rein, und als Matty die sah, vergleichsweise fit und beisammen, machte er endlich Schluss. Auf dem Weg nach draußen rief Lugo vor seinem Lebensqualitäts-Büro am anderen Ende des Flurs leise seinen Namen und bedeutete ihm, die Treppe hochzukommen.
     
    Matty setzte sich auf eine staubige Fensterbank in dem trüben langen Korridor des unbenutzten dritten Stocks, wo er weiß Gott wie viele Stunden zuvor Billy Marcus auf seiner Flucht vor den Überresten seiner Familie abgefangen hatte.
    »Hatten heute Verkehrskontrolle.« Als Lugo so anfing, wusste Matty mehr oder weniger, was kam. »Und haben deine Söhne rausgewunken.«
    »Und?«, fragte Matty ruhig.
    »Und nichts.« Lugo steckte sich eine Zigarette an. »Aber nur, dass du's weißt: Der Wagen hat wie bekloppt nach Gras gestunken.«
    Matty nickte, nickte nochmals und reichte Lugo die Hand. »Hast was gut bei mir, Donnie.«
    «So machen wir's, Kumpel.«
    «Alles klar.« Matty fühlte sich wie neunzig.
    »Eine Frage ...« Lugo spuckte einen Tabakkrümel aus. »Dein Sohn, der ältere, hat uns seine Marke gezeigt, ja? Was ist er denn für ein Bulle?«
    »Was man so erwartet.« Matty fuhr nach Hause in seine Untermietwohnung in den Dubinsky-Genossenschaftshäusern in der Grand Street, die jetzt von schlafenden Söhnen besetzt war; der Große lag auf der Couch, der Andere in einem

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