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Cash

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Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
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wir einen dritten Arschgrabscher?«
    Sie fuhr zurück, als hätte man sie geschlagen. »Ich wollte mich nur für den Tischetausch bedanken.« Sie taxierte ihn mit roten Wangen. »Das läuft jetzt gut.«
    »Schön«, sagte er, wartete, bis sie weg war, und ging wieder in den Kohlenkeller.
    Eine der wenigen noch erhaltenen Mietskasernen der Stadt auf dem East Broadway 24 stand gedrungen und verschachtelt neben ähnlich uralten, ungestalten Gebäuden. Die Haustür war zu dieser späten Stunde unverschlossen, Isolierband klebte über dem Schloss.
    Matty und Yolonda stapften die Treppen zum obersten Stock hoch, bei sich eine Kopie der drei Wochen alten Anzeige wegen Überfalls, unterschrieben vom Opfer Paul Ng. Zwei dunkelhäutige Männer und eine Waffe, drei Blocks vom Marcus-Mord entfernt, ungefähr zur selben nächtlichen Uhrzeit. Ng, ein Restaurantarbeiter aus Fuji, noch keine zwei Jahre im Land, hatte, so vermutete Matty, womöglich gegen seinen Willen Anzeige erstattet, jedoch keine Wahl gehabt, weil ihn die Lebensqualität beinahe überfahren hatte, als er fünf Minuten nach dem Überfall benommen mitten in der Madison Street stand, die Hosentaschen nach außen gestülpt wie Elefantenohren, aus einem mit dem Pistolenkolben traktierten Mundwinkel blutend. Wenn Matty raten müsste, was in jener Nacht weiter geschehen war, würde er sagen, Ng war die nächste halbe Stunde auf der Suche nach den Tätern hinten im Pseudotaxi durchs Viertel kutschiert worden, ein fruchtloses Unterfangen, weil für ihn alle dunkelhäutigen Jugendlichen gleich aussahen und die Cops wahrscheinlich auch halbherzig an die Sache herangingen, hatten sie doch so ihre Erfahrungen mit den unzähligen anderen Paul Ngs auf ihrer Rückbank. Und, so vermutete Matty weiter, als die Lebensqualität ihn auf die Wache mitnahm, um ihn den Detectives zu übergeben, wünschte Ng wahrscheinlich erst recht, dass sie nie über ihn gestolpert wären, weil er kein lupenreiner Einwanderer war oder weil er in einer illegalen Behausung wohnte oder weil er mit der Polizei zu Hause Ärger hatte und, zusätzlich zu einigen oder allen der oben aufgeführten Gründe, weil ihm die Zeit, die er damit zubrachte, den Diebstahl von Geld zu melden, die Zeit stahl, Geld zu verdienen, die einzig reelle Methode, den Verlust aufzuwiegen, insofern ...
    Aber das waren alles nur Mutmaßungen.
    Im obersten Stock des East Broadway 24 lag nur eine Wohnung, auch hier war die Tür angelehnt. Matty sah Yolonda an, dann stieß er sie auf, klopfte und brummte, »Hallo, Polizei« mit seinem Ausweis in der hohlen Hand. Als sie eintraten, sahen sie als Erstes eine grobe Pyramide aus Männerschuhen, etwa zwei Dutzend Paar entweder schwarze Slipper oder Plastikbadeschuhe, unter einem Kaufhaus-Stillleben mit erlegten Fasanen auf einem Pulverhorn. Keiner kam an die Tür, aber den Flur hinunter waberte asiatischer Pop. »Hallo, Polizei.« Noch ein richtungsloser Ausruf, dann gingen sie der Musik entgegen. Die Wohnung war eine modifizierte »Eisenbahnwohnung«, ein langer Flur, von Zimmern flankiert, von denen die meisten mit Rigipsplatten unterteilt und noch mal unterteilt waren, bis kleine Parzellen übrig blieben, in jeder eine Schaumstoffmatratze mit einem Geknäuel aus Laken, dann noch zwei größere Räume zu beiden Seiten des Flurs, unmöbliert bis auf eine Konstruktion entlang der Wände, die nach extrabreiten Regalen aussah mit jeweils drei Brettern übereinander. Auf einigen dieser Planken lagen Männer, die entweder im Dunkeln rauchten oder schliefen; wer wach war, rollte sich langsam mit dem Gesicht zur Wand, als die Detectives in der Tür erschienen. Der Eisenbahnschlauch mündete in eine breitere Küche, in der vier Männer um einen Tisch saßen und etwas in winzigen Muscheln und Broccoli-ähnliches Grünzeug von Zeitungspapier aßen, während ein fünfter mit Blick auf den Monitor einer Karaoke-Maschine in ein Mikro sang. Auf einer Resopalanrichte hinter dem Esstisch stand ein Aquarium mit einem Karpfen, der so groß war, dass er sich nicht umdrehen konnte. Matty dachte, diese elende Kreatur habe bestimmt schon vor Jahren den Verstand verloren. »Tag«, sagte er und hielt unnötigerweise seinen Ausweis hoch.
    Die Männer nickten zur Begrüßung, als gehörte es zur Tagesordnung, dass zwei Polizisten unangekündigt durch ihre Wohnung spazierten, und wandten ihre Aufmerksamkeit wieder dem Sänger zu. Nur ein kurzbeiniger, kompakter Mann eilte forsch strahlend aus der Küche und kehrte

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