Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
Schultern. »Ich hoffe, daß Kitty dein Gesicht nie mehr verunstalten wird.«
Er seufzte tief, dann hakte er sich bei mir ein und führte mich zur Garage. »Heaven, wenn Kitty dich zu hart behandelt, dann sag es mir bitte. Ich liebe sie sehr, aber ich möchte nicht, daß sie dir weh tut – weder körperlich noch seelisch. Ich muß zugeben, daß sie zu beidem imstande ist. Scheu dich nicht davor, mich um Hilfe zu bitten, wenn du sie brauchst.«
Er gab mir Sicherheit und das Gefühl, endlich einen richtigen Vater zu haben. Ich drehte mich zu ihm und lächelte ihn an; das Blut schoß ihm ins Gesicht, und er wandte sich ab. Warum hatte ihn mein Lächeln so verlegen gemacht?
Auf dem Weg zum Möbelgeschäft saß ich stolz neben ihm, voller Vorfreude auf all die kommenden Vergnügen, die neuen Möbel und das Kino. Plötzlich wurde Cals Stimmung heiter, während er mich am Ellbogen hielt und wir in das Geschäft eintraten, in dem es so viele Schlafzimmergarnituren gab, daß ich mich nicht entscheiden konnte. Der Verkäufer sah von mir zu Cal und rätselte allem Anschein nach darüber, in welcher Beziehung Cal und ich zueinander standen. »Meine Tochter«, sagte Cal stolz, »kann wählen, was sie will.« Die Schwierigkeit lag darin, daß mir alles gefiel und schließlich war es Cal, der etwas für mich Geeignetes wählte. »Dieses Bett, diesen Kleiderschrank und diesen Schreibtisch«, bestellte er, »die nicht zu neckisch sind, damit du sie noch haben kannst, wenn du über zwanzig bist.«
Ein leichter Schauder ergriff mich. Wenn ich über zwanzig war, würde ich nicht mehr bei ihm und Kitty sein, sondern bei meinen Brüdern und Schwestern in Boston. »Nein«, widersprach Cal, »man muß die Zukunft so planen, als wüßte man, was kommt; wenn man das nicht tut, dann verliert die Gegenwart ihre Gültigkeit und wird bedeutungslos.«
Ich verstand zwar nicht ganz den Sinn seiner Worte, aber mir gefiel sein Wunsch, daß er mich immer in seinem Leben haben wollte.
Allein der Gedanke an mein Zimmer muß meine Augen zum Leuchten gebracht haben. »Du siehst so hübsch aus, als hätte jemand deinen Glücksschalter angeknipst.«
»Ich denke gerade an Fanny, die im Haus von Reverend Wise wohnt. Jetzt bekomme ich ein Zimmer, das bestimmt so schön wird wie ihres.«
Für diese Worte bekam ich noch ein Nachttischchen und eine Lampe mit einem gewölbten blauen Fuß. »Und zwei Schubladen kannst du abschließen, falls du Geheimnisse haben solltest…«
Es war seltsam, wie uns der Einkaufsbummel einander näherbrachte, als würde das gemeinsame Einrichten eines hübschen Zimmers eine besondere Verbindung zwischen uns herstellen. »Was für einen Film sollen wir uns ansehen?« fragte ich, als wir wieder im Wagen saßen.
Wieder sah er mich mit dem merkwürdig ironischen Blick an, der manchmal in seinen goldbraunen Augen aufleuchtete.
»Du wirst schon sehen.« Mehr sagte er nicht.
Es war aufregend, zum Kino zu fahren und die Menschenmenge auf der Straße zu sehen. Viel schöner, als wenn Kitty dabei war, die immer eine angespannte Atmosphäre verursachte. Ich war noch nie in einem Kino gewesen. Cal kaufte Popcorn, Cola, zwei schokoladenüberzogene Zuckerstangen, und dann erst suchten wir uns einen Platz, bis wir schließlich nebeneinander im Dunkeln saßen.
Mit großen Augen starrte ich auf die farbige Leinwand, auf der eine Frau singend auf einer Bergspitze stand. The Sound of Music! Das war der Film, den Logan mit mir hatte sehen wollen. Aber jetzt konnte ich nicht mehr darüber traurig sein, als Cal und ich uns das salzige Popcorn teilten. Ich konnte nicht genug davon bekommen. Manchmal griffen wir gleichzeitig in die Tüte. In einem Sessel zu sitzen, zu essen und zu trinken, während ein faszinierender Film lief, das machte mich so selig, daß ich meinte, in einem Bilderbuch voller Gesang und Tanz zu sein. Dies war wirklich der allerschönste Tag meines Lebens.
Ich saß wie gebannt da, mein Herz barst schier vor Freude, ein Zauber hatte mich ergriffen, und ich dachte, daß ich mich selbst in dem Film befand. Die Kinder waren Tom, Fanny, Keith, Unsere-Jane – und ich. So hätten wir es haben sollen, und dabei wäre es mir völlig gleichgültig gewesen, wenn Vater eine Trillerpfeife benutzt und eine Nonne als Erzieherin angestellt hätte. Ach, wenn doch auch meine Brüder und Schwestern mit uns hier hätten sein können!
Nach dem Kino fuhr mich Cal zu einem eleganten Restaurant namens Midnight Sun. Ein Kellner schob mir den
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