Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
Lysol desinfiziert?«
»Ja, Mutter.«
»Okay.« Sie sah Cals ausdrucksloses Gesicht eindringlich an. »Also gut, Mädchen, mach alles sauber; dann laß uns nach dem Baden ins Bett gehen.«
»Ab heute schläft sie hier unten«, sagte Cal mit stählerner Stimme und blickte sie mit kalten Augen an. »Nächste Woche gehen wir einkaufen und besorgen ihr neue Möbel und werden das Gerümpel im zweiten Schlafzimmer ausräumen. Wir lassen die Töpferscheibe drinnen und was du in den Schränken eingeschlossen hast, aber wir werden ein Doppelbett hineinstellen, einen Stuhl, einen Schreibtisch und einen Kleiderschrank.«
Es machte mir angst, wie sie ihn und dann mich ansah, große Angst.
Trotzdem erklärte sie sich einverstanden. Ich würde also wirklich ein eigenes Zimmer bekommen, ein richtiges Schlafzimmer – so wie Fanny bei Reverend Wise.
Es folgten Schultage und viele Stunden harter Arbeit. Früh aufstehen und spät zu Bett. Ich mußte immer noch aufräumen, nachdem Kitty zu Abend gegessen hatte, auch wenn sie erst um Mitternacht nach Hause kam. Ich bemerkte, daß Cal es gern hatte, wenn ich beim Fernsehen neben ihm saß. Jeden Abend bereiteten wir das Essen vor und aßen gemeinsam, wenn Kitty nicht da war. Ich fand mich langsam mit dem Stundenplan zurecht und begann ein paar Freundschaften zu schließen, mit Schülerinnen, die meine Aussprache nicht komisch fanden. Über meine zu großen, billigen Kleider oder meine schrecklich klobigen Schuhe äußerten sie sich nicht.
Endlich wurde es Samstag, und ich konnte ausschlafen. Kitty hatte Cal und mir erlaubt, Möbel einzukaufen, die ganz allein mir gehören würden.
Der bevorstehende Einkaufsbummel beflügelte mich, schon am Samstag in den frühen Morgenstunden die Hausarbeit zu erledigen. Cal hatte sich den halben Tag freigenommen. Er würde zu Mittag zurückkommen und eine Mahlzeit erwarten. Was aßen die Städter zu Mittag, wenn sie zu Hause waren? Bis jetzt hatte ich nur in der Schule Mittag gegessen. Die gute Miß Deale hatte immer versucht, ihr Essen mit den vielen unterernährten Kindern in der Klasse zu teilen. Ich hatte noch nie in meinem Leben ein Sandwich gegessen, bevor sie mir eines aufgedrängt hatte. Das Schinken-Salat- und Tomatensandwich war meine Lieblingsspeise, während Tom Erdnußbutter mit Marmelade vorzog und Keith am liebsten Thunfischsandwiches aß.
Ich seufzte bei dem Gedanken, daß ich ohne ein Dankeschön von Miß Deale fortgegangen war, und ich mußte erneut seufzen, als ich an Logan dachte, der meinen Brief noch immer nicht beantwortet hatte.
Die Erinnerung an die Vergangenheit verzögerte meine Hausarbeit, deshalb mußte ich schnell noch im unteren Geschoß nachsehen, ob dort noch alles sauber war – das Wohnzimmer und das Eßzimmer –, bevor ich oben weitermachte. Ich hoffte, irgendwo Bücher in den Schränken zu entdecken, aber ich fand kein einziges. Nicht einmal eine Bibel. Es waren allerdings viele Liebesromane vorhanden, die Kitty in der Lade versteckt hielt, und Zeitschriften für schönes Wohnen, die sie säuberlich auf dem Kaffeetischchen gestapelt hatte.
In dem kleinen Zimmer, das Kitty in eine Heimtöpferwerkstatt umgewandelt hatte und das nun meines werden würde, waren überall an den Wänden Regale angebracht, auf denen winzige Tiere und Menschengestalten aufgereiht waren, alle gerade so groß, daß sie in den kleinen Brennofen paßten. An einer Wand hingen lauter verschlossene Schränkchen. Ich sah sie lange an und fragte mich, was sie wohl enthielten.
Als ich wieder unten war, räumte ich vorsichtig die Geschirrspülmaschine ein, füllte die Fächer mit Geschirrspülmittel, trat dann ängstlich einen Schritt zurück und wartete darauf, daß das Ganze in die Luft ging. Aber das komische Ding funktionierte immer noch, obwohl ich es schon eine Woche lang bedient hatte. Mir wurde seltsam heiter zumute, als beherrschte ich – nun da ich auf die richtigen Knöpfe drücken konnte – schon das Stadtleben.
Bodenschrubben war nichts neues für mich, nur daß dieser Boden eingewachst werden mußte und ich dazu die Anleitung auf der Flasche lesen mußte. Ich begoß die vielen Pflanzen und entdeckte, daß einige künstliche aus Seide darunter waren. Gott im Himmel, bewahre mich davor, daß Kitty erfährt, daß ich einige dieser Pflanzen begossen hatte, weil ich sie für echt hielt.
Es wurde Mittag. Ich hatte noch nicht einmal ein Viertel von dem erledigt, was auf den Listen stand. Es brauchte viel Zeit, bis ich
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