Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
was Mutter kocht. Jetzt muß sie es ja wohl oder übel essen.« Maisie grinste wie eine schadenfrohe Katze. »Sie mag überhaupt nichts an uns. Ganz schön komisch, unsere Kitty. Aber traurig, daß sie so im Bett liegt und sich nicht rührt. Was ist denn passiert?«
Eine gute Frage, eine sehr gute Frage, die sich die Ärzte auch schon viele Male gestellt hatten.
Als Maisie gegangen war, sank ich in einen mit gelbem Chintz bezogenen Ohrensessel und überlegte. Wie hatte es begonnen? Nachdem Chuckles getötet worden war? Ich versuchte mich zu erinnern, konzentriert und mit geschlossenen Augen. Wo war der Anhaltspunkt? Vielleicht war es der Tag, als Kitty nach Hause gestürmt war, voll Wut, weil die Hälfte ihrer Kundinnen ihre Termine nicht eingehalten hatten. »Blöde Weiber!« kreischte sie. »Meinen wohl, sie sind besser als ich und können mich warten lassen, als hätte ich nichts Besseres zu tun. Bin hungrig, habe einen Wolfshunger –trotzdem verlier’ ich dauernd an Gewicht! Möcht’ essen, essen und wieder essen.«
»Ich beeil’ mich, so sehr ich kann«, antwortete ich und raste zwischen Spüle und Herd hin und her.
»Ich bad’ erst mal… Wenn ich fertig bin, steht alles auf dem Tisch.«
Klick-klack klapperten ihre hohen Absätze die Treppe hinauf.
Fast konnte ich Kitty vor mir sehen, wie sie sich die rosa Arbeitskleidung vom Leib riß, sich ihrer Unterwäsche entledigte und alles auf den Boden fallen ließ. Kleidungsstücke, die ich später aufheben, waschen und einräumen mußte. Ich hörte Kitty mit lauter Stimme singen, ein Lied, das sie immer sang, wenn sie im Bad war.
»Dort unten im Tal… so tief im Tal… ja, ja…
Am frühen Abend… pfiff der Zug… ja, ja, ja…«
Immer und immer wieder, bis sich das Lied in meinem Kopf festsetzte, an meinen Nerven zerrte. Immer nur diese zwei Zeilen, die sie so oft wiederholte, daß ich mir zum Schluß Watte in die Ohren stopfen wollte.
Dann kam der Schrei.
Ein langer, markerschütternder Schrei.
Ich flog die Stufen hinauf, in der Annahme, daß Kitty in der Badewanne ausgerutscht sei… Aber ich fand sie nur nackt vor dem Spiegel stehend, wie sie mit großen, ängstlichen Augen ihre rechte Brust anstarrte. »Krebs, ich hab’ Brustkrebs.«
»Mutter, du mußt zu einem Arzt gehen. Vielleicht ist es nur eine Zyste oder ein gutartiger Tumor.«
»Was, zum Teufel, heißt schon ›gutartig‹?« schrie sie erregt. »Sie werden sie abschneiden, mich aufschneiden mit einem Skalpell, mich verstümmeln… Kein Mann will mich dann mehr! Ich werd’ schief sein, nur eine halbe Frau, und ich kann nie mein Baby bekommen! Nie werd’ ich erfahren, wie das ist, sein eigenes Kind zu säugen! Haben mir schon gesagt, daß ich keinen Krebs hab’, aber ich weiß es, weiß es ganz genau!«
»Warst du denn schon beim Arzt, Mutter?«
»Ja, verdammt noch mal, ja! Was wissen die schon? Wenn man auf dem Totenbett liegt, dann wissen sie Bescheid!«
Wie eine Wahnsinnige hatte Kitty getobt, bis ich Cal angerufen und ihn gebeten hatte, sofort nach Hause zukommen. Dann ging ich wieder nach oben und fand Kitty auf ihrem großen Bett liegend, die Augen starr zur Decke gerichtet.
Aber ich konnte mich, verflixt noch mal, nicht so genau daran erinnern.
Nach unserer ersten, sehr guten Mahlzeit bei den Settertons half ich Maisie und Reva beim Geschirrspülen; dann leisteten wir Mr. Setterton auf der Veranda Gesellschaft. Es gelang mir, Cal leise an jenen Tag zu erinnern, während Reva Setterton oben herumfuhrwerkte und die Mahlzeit in Kitty hineinstopfte. »Sie hat gegessen«, verkündete sie, als sie zurückgekehrt war und steif in ihrem Schaukelstuhl aus Rohr saß. »Bei mir ist noch keiner verhungert.«
»Reva, vor ein paar Wochen hat Kitty erzählt, daß sie einen Knoten in ihrer Brust gefunden hat. Sie sagte, daß sie zu einem Arzt gegangen sei und der kein bösartiges Geschwür gefunden habe – aber wie können wir sicher sein, daß sie wirklich zu einem Arzt gegangen ist? Immerhin, als sie dann zwei Wochen im Krankenhaus lag, haben die Ärzte sie genau untersucht und nichts Verdächtiges gefunden.«
Aus irgendeinem Grund stand Kittys Mutter abrupt auf und verließ die Veranda.
»Ist das alles?« rief Maisie mit erstaunt aufgerissenen, grünen Augen. »Wie dumm von ihr, sich so einzuigeln, bis sie Bescheid wußte… Sie hat aber auch wirklich große Dinger, was? Bei solchen kann man ja verstehen, daß sie nichts davon wissen wollte.«
»Aber die Ärzte
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