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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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an, einen nach dem anderen, nur mich nicht. Es traf mich tief, daß er sich auch jetzt nicht durchringen konnte, mir in die Augen zu sehen.
    »Paßt auf euch auf«, sagte er, und dann war er in der Dunkelheit verschwunden. Wir hörten noch das Aufheulen des Motors, als er losbrauste und den Weg – wo immer er ihn hinführte – hinabfuhr.
    Ich tat das, was Sarah auch getan hätte. Ich fing an, die Sachen aufzuräumen, tränenlos, meine Lippen zusammengepreßt und grimmig lächelnd, als ich mich mit der Verantwortung vertraut machte, den Haushalt in der Hütte so lange in Ordnung zu halten, bis Vater wieder nach Hause kam.

 
    8. KAPITEL
     
    G LANZ UND E LEND
     
     
     
    Einen kurzen, glücklichen Augenblick lang, bevor Vater uns verließ und in der Dunkelheit verschwand, waren unsere Herzen von Hoffnung erfüllt und beflügelt, aber gleich darauf, als Vater fortging und wir wieder allein waren, sanken wir nur noch tiefer in Verzweiflung. Gefangen wie in einem Alptraum, standen wir dicht aneinandergedrängt und lauschten, nachdem der Motorenlärm in der Ferne verklungen war, den einsamen Nachtgeräuschen. Auf dem Tisch lagen Nahrungsmittel, die bezeugten, daß er sich um uns kümmerte – wenn auch nicht genug. Ich hatte tausenderlei Gründe, ihn zu verfluchen, nicht nur, weil er nicht geblieben war.
    Still starrte ich auf den Tisch, der sich unter den Sachen, die Vater mitgebracht hatte, bog. Es war sehr viel – aber würde es auch bis zu seiner Rückkehr reichen?
    Das Fleisch, das wir heute nicht essen konnten, verstauten wir in einer primitiven Holzkiste, die uns im Winter als Eisschrank diente. In gewisser Weise hatten wir Glück, daß es Winter war, im Sommer hätten wir alles schnell verzehren müssen, bevor es verdarb. Als Großmutter noch lebte, und zusammen mit Sarah und Vater, waren wir neun Personen gewesen, und wir hatten nie so viel gehabt, daß etwas übriggeblieben und verdorben wäre.
    Erst hinterher fiel mir ein, daß Vater am Thanksgiving Day gekommen war und uns unser Festessen gebracht hatte.
    Der Hunger diktierte unseren Speisezettel. Allzu schnell schrumpften Vaters Vorräte, die ja bis zu seiner Rückkehr ausreichen sollten, auf Bohnen, Erbsen und unsere Grundnahrungsmittel, Brot und Griebenschmalz, zusammen.
    Der heulende Wind trug nicht dazu bei, unsere Gemüter zu erheitern, ebensowenig wie die Kälte, die uns zwang, uns um Old Smokey zu drängen. Tom und ich verbrachten Stunden im Hof; wir hackten Holz, fällten kleine Bäume und suchten Äste, die von den Windböen zu Boden gerissen worden waren.
    Das Leben in der Hütte verlief wie in einem Alptraum, den jetzt nicht einmal das strahlendste Morgenlicht vertreiben konnte. In der Frühe hörte ich kein fröhliches Vogelzwitschern mehr (von den wenigen Vögeln, die den Mut gehabt hatten, zu bleiben), und ich betrachtete mir nicht mehr den Sonnenuntergang. Wir hatten nicht die Muße, draußen zu verweilen, zudem bestand die Gefahr, daß wir dann krank wurden, und niemand hätte uns gesund pflegen können. Wir hatten nicht einmal Zeit, aus dem Fenster hinauszusehen.
    Bei Tagesanbruch war ich auf den Beinen und führte meinen täglichen Kampf fort, alles das zu bewältigen, was Sarah früher getan hatte. Erst jetzt, seit meine Stiefmutter nicht mehr da war, erkannte ich, wieviel mir erspart geblieben war, auch an ihren faulsten Tagen. Tom bemühte sich aufrichtig zu helfen, aber ich bestand darauf, daß er zur Schule ging, während Fanny wiederum nur allzu gerne zu Hause blieb.
    Leider fehlte Fanny nicht etwa in der Schule, um zu helfen, sondern um sich aus dem Haus zu schleichen und Jungens zu treffen. Es war die Sorte Jungens, die zu nichts taugten und eines Tages im Gefängnis landen oder einen frühen Tod finden würden. Sie gehörten zu der Kategorie, die ständig Schule schwänzten, regelmäßig tranken, Billard oder Karten spielten und sich mit Mädchen herumtrieben.
    »Brauch’ keine Erziehung mehr«, brauste Fanny auf, »bin schon genug erzogen!« Unzählige Male hatte sie das schon gesagt und sich dabei in einem Silberspiegelchen bewundert, das meiner Mutter gehört hatte; unglücklicherweise hatte Fanny es mir aus der Hand gerissen und für sich beansprucht, als ich es einmal unbedacht aus seinem Versteck hervorgeholt hatte. Das Silber war jedoch angelaufen, und so erkannte sie nicht, daß es wertvoll war. Bevor ich mich darum raufte und das Brot im Ofen in der Zwischenzeit anbrannte, beschloß ich, mir den Spiegel zu holen, wenn

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