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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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war überzeugt, es würde nicht allzu lange dauern. Ich wollte niemanden mit meinem Leid belasten, so daß es ihn verletzen könnte, wie ich von dem Bewußtsein verletzt wurde, daß das Schicksal gegen mich war.«
    Unfähig länger zu schweigen, brauste ich auf: »Troy, ein Mann mit deiner Intelligenz kann doch nicht glauben, daß das Schicksal alles bestimmt!«
    »Ich glaube an das, woran ich gezwungen wurde zu glauben. Nichts, das in meinen Alpträumen vorhergesagt worden ist, ist nicht eingetreten.«
    Kühl und feucht wehte der Sommerwind vom Meer her durch die geöffneten Fenster. Möwen und Tölpel schrien klagend, während die Wellen an die Küste klatschten. Mein Kopf lag an seiner Brust, und durch seine dünne Pyjama-Jacke konnte ich sein Herz klopfen hören. »Es waren doch nur Träume eines kleinen, kranken Jungen«, murmelte ich und wußte doch, während ich es noch aussprach, daß er schon viel zu lange an seinem Glauben festgehalten hatte, als daß ich es jetzt ändern könnte. Er schien mich gar nicht zu hören.
    »Niemand hätte einen liebevolleren Bruder haben können als ich. Aber da war noch immer Jillian, die ihren Kummer um den Verlust ihrer Tochter dazu benutzte, um mir Tony mehr und mehr zu entfremden. Sie mußte auf Reisen gehen, um ihren Kummer zu vergessen. Sie mußte zum Einkaufen nach Paris, London und Rom, um den Erinnerungen an Leigh entfliehen zu können. Aus allen Teilen der Welt schickte mir Tony Postkarten und kleine Geschenke, um mich davon zu überzeugen, daß auch ich einmal, als Erwachsener, die Sahara sehen und auf die Pyramiden klettern würde. Die Schule war keine echte Herausforderung für mich. Die höheren Klassen erreichte ich viel zu früh, so daß sich die Freunde, die ich vielleicht hätte gewinnen können, von dem, was die Lehrer ein Wunderkind nannten, abwandten. Ich glitt durchs College, ohne auch nur jemals von irgendeinem akzeptiert worden zu sein. Ich war Jahre jünger und brachte die älteren Jungs in Verlegenheit. Die Mädchen neckten mich, weil ich noch ein Kind war. Immer stand ich draußen und sah hinein. Und dann machte ich mit achtzehn meinen Abschluß in Harvard, mit Auszeichnung. Geradewegs von der Prüfung ging ich zu Tony und erzählte ihm, ich wolle die Welt so erleben wie er damals.
    Er wollte nicht, daß ich gehe, und bat mich, doch zu bleiben, bis er mich begleiten könne… aber er mußte sich um Geschäfte kümmern, und mich trieb die Zeit zur Eile an; unentwegt, denn bald würde es zu spät sein. Also ritt ich letztendlich vielleicht auf denselben Kamelen durch den Sand der Sahara wie Tony und Jillian, kletterte vielleicht dieselben bröckeligen Stufen der Pyramiden hinauf. Und zu meinem großen Kummer entdeckte ich, daß die exotischen Reisen, die ich in meiner Phantasie gemacht hatte, während ich im Bett lag und mir ausmalte, wie es wohl sein würde, bei weitem die besten Reisen gewesen waren.«
    Diesmal ließ mich seine Stimme vor Schreck erstarren. Als er zu sprechen aufhörte, kam ich mit einem schmerzhaften Schlag wieder zu mir. Alles, was er nicht ausgesprochen hatte, hatte mich verwirrt. Alles war ihm zu Füßen gelegen, die Hälfte eines enormen Vermögens, seine Intelligenz, sein gutes Aussehen, aber er hatte es zugelassen, daß ihm kindische Träume die Hoffnung auf eine lange und glückliche Zukunft raubten! Schuld war dieses Haus, redete ich mir selbst ein, dieses riesige Haus mit seinen vielen, endlosen Hallen und geisterhaften Räumen. Schuld war ein kleiner Junge mit viel zu viel Zeit für sich selbst. Trotzdem, wie konnte das passieren, wenn doch die Casteel-Geschwister, die so wenig besessen hatten, sich immer so wildentschlossen an den Glauben geklammert hatten, die Zukunft würde für alles entschädigen?
    Ich hob den Kopf und versuchte all das mit Küssen auszudrücken, was ich nicht in Worte fassen konnte. »Ach, Troy, es gibt so viel, was wir zwei noch nicht ausprobiert haben. Alles, was dir fehlte, war ein Reisebegleiter für dich, und du hättest jeden Platz genauso toll gefunden, wie du’s dir ausgemalt hattest. Ich bin sicher, das stimmt. Ich will einfach nicht glauben, daß alle Träume, die Tom und ich über Entdeckungsreisen in der Welt hatten, während wir aufwuchsen, in Wirklichkeit eine Enttäuschung sein werden.«
    Seine Augen schienen wie dunkle Waldseen, in denen sich die Ewigkeit spiegelte. »Du und Tom, ihr seid nicht zu demselben verurteilt wie ich. Ihr habt die Welt noch vor euch; meine Welt wird immer von

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