Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
nur, was er sehen wollte: seine Braut, das neue Leben, das Versprechen einer perfekten Zukunft.
»Ich hätte es beinahe vergessen. Wir sollen zu der Bühne am Swimmingpool kommen«, sagte Logan. »Man will uns etwas mitteilen.«
»Mitteilen?«
Er zuckte die Achseln.
»Ich weiß darüber genausowenig wie du«, sagte er grinsend. Sein Grinsen war jedoch so selbstzufrieden, daß ich ihm nicht glaubte.
Tony kam auf die Bühne und ging zum Mikrofon. Seine Augen schweiften über die Menge, bis sie Logan und mich erblickten, wie wir uns einen Weg nach vorne bahnten.
»Meine Damen und Herren«, begann er, »ein Hoch auf unser Brautpaar!« Er hob sein Glas. »Ein Hoch auf die Braut und ein Hoch auf die Zukunft – «
Er brach plötzlich ab. Die Menschen drehten die Köpfe, um zu sehen, was er sah: Jillian schritt auf die Tanzfläche. Ein verwundertes Raunen ging durch die Menge. Martha Goodman huschte hinter ihr her.
Jillian hatte ihr Hochzeitskleid angezogen. Sie hatte immer schon eine schöne, schlanke, anmutige Figur. Selbst in dem Zustand des Wahnsinns paßte sie so gut in das Kleid hinein wie an dem Tag, an dem sie Tony geheiratet hatte. Ihr goldenes Haar, das so lange gebleicht worden war, bis es aussah wie ein Strohbüschel, hatte sie glatt herunter gekämmt, so daß die steifen Strähnen sich nur am Ende lockten. Auf ihren Wangen lagen zwei knallige Flecken von dunkelrosa Rouge, und sie hatte blutroten Lippenstift dick auf ihre Lippen geschmiert wie schon an dem Tag meiner Ankunft.
Sie hielt an der Treppe inne und wandte sich an die Menge der Gaffer.
»Ich danke Ihnen allen, daß Sie gekommen sind«, sagte sie. »Das ist der glücklichste Tag meines Lebens, der Tag, an dem ich Mr. Anthony Tatterton heirate. Ich bin so glücklich, daß so viele von Ihnen diesen Tag mit mir feiern wollen. Bitte, bitte, amüsieren Sie sich.«
Für einen Augenblick wagte keiner, sich zu rühren oder etwas zu sagen. Dann flüsterte Martha ihr etwas ins Ohr.
»Das ist meine Hochzeit, mein besonderer Tag«, sagte Jillian und drehte sich wütend zu Martha um. Sie wischte eine Strähne ihres Haares aus dem Gesicht. »Diese Menschen sind wegen mir gekommen. Sie sind hier, um dabeizusein, wenn ich heirate, wenn ich mich Tony Tatterton hingebe… und ich weiß«, ihre Stimme war nun kaum mehr als ein Flüstern, »ich weiß, daß diese Liebe immer währen wird.« Plötzlich schien alle Kraft aus ihrer Haltung gewichen zu sein, und sie mußte sich auf Martha stützen.
»Kommen Sie, Miss Jillian«, sagte Martha zärtlich und führte sie zurück zu ihrem Stuhl.
Die Menschen waren verwirrt. Tony fing sich wieder und ging zum Mikrofon, als wäre nichts Außergewöhnliches passiert.
»Meine Damen und Herren«, begann er noch einmal. »Ein Hoch auf Mr. und Mrs. Logan Stonewall.«
»Hoch, hoch«, hörte man die Menschen rufen, die versuchten, ihr Erstaunen zu verbergen. Dann tranken vierhundert Menschen auf unser Glück und unsere Gesundheit.
»Heaven und Logan, ich wünsche euch ein langes Leben in Glück und Gesundheit, und um das zu unterstreichen, übergebe ich euch das…«
Er hob seine freie Hand als Signal. Als die Zuschauer, Logan und ich da hinsahen, wohin er zeigte, blickten wir auf einen funkelnagelneuen silberfarbenen Rolls-Royce. Aus der Menge hörte man einen einstimmigen Seufzer der Bewunderung. Ich blickte auf Tony und sah die Entschlossenheit in seinem Gesicht.
Er würde alles tun, um mein Herz und meine Zuneigung zu gewinnen. Seine Liebe zu mir war gleichzeitig unbarmherzig und überwältigend. Jetzt kehrte der Messerstich von Angst, den ich auf dem Tanzboden gespürt hatte, zurück. Für einen Augenblick sah mein stattlicher, geheimer Vater wie eine Inkarnation des Teufels aus. Vor dieser Macht, diesem Reichtum, dieser Liebe ohne Einschränkungen fühlte ich mich hilflos.
Ich schaute hinüber zu Logan, um zu sehen, wie er reagierte. Er war glücklich, seine Augen leuchteten, seine Wangen glühten, sein Mund war in blankem Staunen aufgerissen. Er drückte meine Hand, dann ließ er sie los und ging nach vorn, um Tonys außergewöhnliches, funkelndes Geschenk zu bewundern. Ich folgte ihm. Sein Gesicht strahlte derartig vor Glück, daß ich fast weinen mußte.
»O Heaven«, sagte er. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Mensch jemals glücklicher war, als ich es im Moment bin.«
»Das hoffe ich auch, Logan«, sagte ich, »das hoffe ich.« Wie leicht war es doch, ihn zu erfreuen und ihn glücklich zu machen! Sein
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