Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
pechschwarzen Haar und den dunkelblauen Augen war atemberaubend. »Er hat Termine in der Stadt. Was du eben getan hast, war entsetzlich, Fanny«, sagte ich. Ich wollte nicht, daß sie mich aus dem Konzept brachte. »Du bist kein Teenager mehr. Solche Possen kann ich nicht entschuldigen. Logan ist mein Mann, und du wirst dich nicht wieder so vor ihm aufführen!«
»Nun aber«, sagte sie und stützte die Hände in die Hüften. »Du denkst wohl, du kannst den armen alten Logan aus den Willies fortlocken und so einen Bostoner Schickie aus ihm machen?«
»Alles, was er macht, macht er freiwillig.«
Sie sah mich einen Augenblick an, dann verwandelte sich der Ausdruck von Ärger auf ihrem Gesicht in Kummer. Nur Fanny konnte Gefühle so schnell austauschen.
»Klar. Ihr zwei lebt wie die Könige, und mich laßt ihr im Schweinekoben, wie gewöhnlich.«
»Es war deine Entscheidung, hier zu leben, Fanny. Du hast dir selbst das Haus gekauft mit dem Geld deines früheren Ehemannes.«
»Aber ich dachte doch, ich bekomme mein Kind zurück. Ich dachte, du würdest mir dabei helfen, Heaven. Statt dessen haben dieser Hund von Reverend und seine Frau es immer noch. Und was habe ich? Ich habe keine Familie. Ich habe kein Ansehen. Ja, du lädst mich nicht einmal zu deinem Empfang in Farthy ein. Aber Keith und Jane hast du eingeladen, nur weil sie auf ein vornehmes College gehen und reden und aussehen wie deine Leute.«
»Es sind nicht meine Leute«, sagte ich. Aber ich wußte, daß sie recht hatte. Ich hatte sie nicht auf dem Fest haben wollen. Ich hatte nicht riskieren wollen, daß es peinliche Situationen geben würde. Schließlich kannte ich ja die Dinge, die sie sagte, um mich mit Absicht zu demütigen.
»Ich möchte auch in Farthy leben«, jammerte sie. »Warum darf ich all diese reichen, frustrierten, alten Männer nicht kennenlernen und mir auch solch einen Sugardaddy suchen wie du, Heaven?«
»Ich habe mir keinen Sugardaddy gesucht, Fanny.« Ich schüttelte den Kopf. Manchmal war es wirklich entnervend, mit ihr zu reden. »Ich kann dich nicht einladen, in Farthy zu leben, Fanny, damit du dir einen reichen Mann suchst, der dich heiratet.«
»Du versuchst immer, mich zu überflügeln, Heaven Leigh Casteel. Ja, Casteel. Es ist mir gleich, welchen Namen du annimmst, für mich bist du immer noch Heaven Leigh Casteel, das Mädchen aus den Willies, hörst du mich? Als Ma uns verlassen hat, hast du versprochen, dich um mich zu kümmern. Du hast erst damit aufgehört, als Pa mich an diesen Lustmolch von Reverend verkauft hat. Als ich dich um Hilfe gebeten habe, mein Kind zurückzuholen, hast du es nicht getan. Du hättest ihm nur mehr Geld anbieten müssen. Aber das hast du nicht gemacht.«
»Du bist nicht der Typ, der eine gute Mutter ist, Fanny. Du wirst es nie sein.«
»Stimmt das? Sei dir da nicht so sicher! Hör auf, herumzulaufen und über jeden Bescheid zu wissen, außer über dich selbst!«
»Ich weiß nicht gut Bescheid über mich selbst. Wir können nie uns selbst so gut sehen, wie uns die anderen sehen, und wir wollen oft nicht wahrhaben, was wir sind. Ich sage das nicht gern, aber es ist wahr. Gut, ich habe jetzt Dinge in Winnerow zu erledigen, und dann – «
»Du möchtest nicht, daß ich Logan sehe. Das stimmt doch, oder? Du traust ihm nicht.«
»Ich habe vollstes Vertrauen in meinen Mann. Aber du hast recht. Ich habe es nicht gern, wenn du in seine Nähe kommst, und zwar wegen deiner Aufführung eben in der Hütte. Ich hatte gehofft, daß all die Dinge, die dir in deinem Leben zugestoßen sind, dir geholfen hätten, erwachsen zu werden, aber ich sehe, daß du davon noch Meilen entfernt bist.«
»Meinst du? Gut, ich will dir was sagen, Frau Saubermann. Logan hat meine kleine Show genossen, bis du gekommen bist. Ich bat ihn, mir ein Handtuch zu bringen. Er sagte, ich soll herauskommen und es mir selbst holen. Als er dein Auto hörte, da änderte er seinen Tonfall.«
»Das ist eine Lüge, eine jämmerliche Lüge«, brüllte ich ihr ins Gesicht. Schon immer hatte Fanny gewußt, wie sie mich in Wut bringen konnte. »Du sagst das nur, weil du es mir heimzahlen willst.«
Sie zuckte die Achseln.
»Glaube, was du willst. Aber wenn du auch nur einem Mann vertraust, dann verdienst du es nicht anders, Heaven, und dann bist du diejenige, die erwachsen werden muß.« Sie zeigte mit dem Finger auf mich und stand vor mir, aufrecht und arrogant. Einen Augenblick nur sah ich sie an.
»Ich muß jetzt gehen«, sagte ich.
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