Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen

Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen

Titel: Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
Also ging ich zurück nach oben und holte eine Kerze. Damit kehrte ich in den Keller zurück, entschlossen, diese für mein Empfinden blasphemische Verletzung aufzudecken.
    Der Schein der kleinen, gelben Flamme flackerte auf den Kellerwänden. Als ich mich von links nach rechts wandte, schimmerte die schwache Lichtquelle sanft durch die Dunkelheit und ließ den Fußboden und die Wände des dunklen, leeren Raums aufscheinen. Ich nahm an, daß er sich in die unterirdischen Gänge zurückgezogen habe, und ging langsam auf sie zu. Als mir Troy zum ersten Mal die Gänge zeigte, erzählte er mir, daß er als kleiner Junge immer Angst davor gehabt hatte, sie zu durchwandern. An jeder Biegung des Tunnels erwartete er, daß Monster erscheinen oder Gespenster aus den Nestern der Dunkelheit heraustreten würden.
    Aber ich erwartete jetzt keine Monster oder Gespenster; ich erwartete, einen kleinen, eingeschüchterten Mann vorzufinden, der Angst um seine Arbeit hatte. Denn wenn ich ihn fing, würde Tony ärgerlich werden und ihn hinauswerfen. Ich wußte, daß es nicht fair war, an ihm meine Wut auszulassen, aber meine Erregung konnte ich nicht mehr unterdrücken. Die Hütte und alles in ihr war so sehr ein Teil von Troy gewesen. Die Vorstellung, daß ein Fremder nun in seinem Bett schlief und seine Kostbarkeiten berührte, war unvorstellbar schmerzhaft.
    Ganz deutlich konnte ich vor mir Schritte vernehmen. Irgend jemand, wer auch immer, zog sich schnell zurück und floh vor der Reichweite meines Kerzenscheins. Ich senkte die Kerze zum Boden und konnte den Abdruck von Fußspuren erkennen. Manche von ihnen sahen frisch aus, andere wiederum hätten auch von der letzten Nacht stammen können.
    Als ich mich umdrehte, bemerkte ich, daß ich schon fast den halben Weg durch die Gänge zurückgelegt hatte. Wie lange sollte das noch weitergehen? Wußte der Fliehende, daß er der Entdeckung nicht entgehen konnte? Hatte er keine Angst, durch die Dunkelheit zu rennen? Oder vielleicht trafen sich Tony und sein neuer Angestellter hin und wieder hier unten in den Gängen.
    »Wer Sie auch sind«, rief ich, »Sie können genauso gut gleich hervorkommen. Sonst folge ich Ihnen bis nach Farthy, und das wird sehr peinlich für Sie sein. Kommen Sie heraus! Ich weiß doch, daß Sie in der Hütte waren; ich weiß, daß Sie für Tony arbeiten.«
    Ich wartete und lauschte. Alles war mit einem Mal sehr still. »Sie sind sehr dumm«, sagte ich. »Ich habe Ihre Arbeiten gesehen. Ich weiß, was Sie machen. Sie haben keinen Grund mehr davonzulaufen.«
    Wieder wartete ich. Immer noch nichts.
    »Gut, wie Sie wollen«, sagte ich und machte einen Schritt vorwärts.
    Ich bedeckte die Flamme mit der linken Hand, um sie vor dem stärker werdenden Luftzug zu schützen, denn ich ging immer schneller und zögerte auch nicht, wenn ich an eine Biegung gelangte. Ich wußte, wo ich mich befand und wie weit es noch bis Farthy war. Irgendwann würde ich zum Fuß einer steilen, engen Treppe kommen, die hinauf zum rückwärtigen Teil der Küche führte. Das Frühstück war vorbei. Wenn alles schon aufgeräumt war, wäre möglicherweise niemand in der Küche, dachte ich. Tonys geheimnisvoller Arbeiter könnte ins Haus entkommen und es durch einen der Seiteneingänge verlassen, noch bevor ich ihn erreichen würde. Blitzschnell entschloß ich mich, auf das Kerzenlicht zu verzichten, und stürmte vorwärts. Ich erinnerte mich genau an den Verlauf der Gänge. Es war stockfinster, aber da ich mich an den Wänden entlangtastete, bewegte ich mich schnell voran. Als ich zur letzten Biegung kam, hielt ich an. Jemand stand nur ein paar Schritte entfernt von mir in der Dunkelheit, in der Nähe einer der Türen, die nirgendwo hinführten.
    Er bewegte sich nicht; ich konnte ihn nicht einmal atmen hören. Ich lauschte und hielt den Atem an. Aber er schien nur ein weiterer Schatten zu sein, der mit der Dunkelheit verschmolz, fast nicht zu unterscheiden von ihr. Da sich jedoch meine Augen inzwischen an das mangelnde Licht gewöhnt hatten, konnte ich ganz deutlich seine dunkle Silhouette vor mir ausmachen. Es schien, als ob er sich an die Wand preßte und hoffte, daß ich einfach an ihm vorbeigehen würde. Irgend etwas an seinem Umriß war mir vertraut und erinnerte mich sofort an die dunkle Gestalt, die in der letzten Nacht mein Schlafzimmer betreten hatte.
    »Wer ist da?« wisperte ich. »Wer sind Sie? Leben Sie in Troys Hütte?«
    Eine lange Stille folgte, dann flüsterte er: »Ja.«
    So

Weitere Kostenlose Bücher