Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
Türen zugeknallt.
Jennifer und ich wechselten einen Blick, und wir lachten wieder los. Wir lachten derart laut und lange, daß wir hinterher zu müde waren, um unsere Betten ordentlich zu machen.
Das Schuljahr verlief ganz anders für uns, weil wir nicht mehr zum »Privatclub« gehörten. Manche der Mädchen konnten nicht anders, als uns wieder freundlich zu behandeln, zum Beispiel Wendy und Carla, aber wir wurden nie mehr zu einer ihrer Partys und Zusammenkünfte eingeladen. Das machte uns nicht soviel aus, wie wir gefürchtet hatten, weil wir voll und ganz mit William und Joshua beschäftigt waren.
An jedem Wochenende, an dem ich in Winterhaven blieb, gelang es uns vieren, zusammenzukommen und etwas miteinander zu unternehmen, und sei es nur, in der Bibliothek zu arbeiten. Wir gingen zusammen ins Kino und in Restaurants und machten Spaziergänge am Hafen. An den Wochenenden, an denen ich nach Hause fahren mußte, rief mich Joshua zweimal am Tag an.
Ich erzählte Mama von ihm, aber es schien sie nicht allzusehr zu interessieren. Sie war außer sich, weil es ihr nicht gelang, vier Pfund abzunehmen, ganz gleich, an welche neue Diät sie sich hielt. Sie hatte sogar eine Diätköchin eingestellt, die Rye dabei helfen sollte, das Essen zuzubereiten, aber als das nicht so schnell, wie sie es sich gedacht hatte, zu den gewünschten Ergebnissen führte, feuerte Mama sie wieder.
Tony hatte sehr viel zu tun, da sich seine Geschäfte in vieler Hinsicht ausweiteten. Als ich ihn nach der Puppe fragte, sagte er, sie sei fast fertig, aber er hätte sich entschlossen, sie zurückzuhalten und sie nicht vor dem Weihnachtsgeschäft auf den Markt zu bringen. Meine Mutter sagte mir, daß er mir die Puppe bis zu meinem Geburtstag vorenthalten wollte.
Troys Allergien legten sich, und Tony stellte einen Hauslehrer für ihn ein. Da er jetzt schon lesen und schreiben konnte, würde er sicher Klassen überspringen können, wenn er erst in die Schule kam.
An einem Wochenende Anfang Oktober war Mama besser aufgelegt als sonst. Sie hatte eine Essensgesellschaft besucht, bei der auch ein Redakteur von Vogue zu Gast gewesen war, und er hatte ihr gesagt, sie sei eine Schönheit, die sich auf dem Titelblatt unterbringen ließe. Er wollte sogar einen Fotografen vorbeischicken, um ein paar Probeaufnahmen zu machen, die er dann herumzeigen konnte. Ich nutzte ihre gute Laune, um sie zu fragen, ob ich eine Geburtstagsparty feiern und Jennifer, William und Joshua einladen dürfte, aber auch ein paar andere Mädchen, mit denen wir uns seit unserem Ausschluß aus dem »Privatclub« angefreundet hatten. Sie war einverstanden und kümmerte sich sogar um die Vorbereitungen. Mein Geburtstag würde auf einen Montag fallen, und wir entschlossen uns, die Party am Sonntag davor zu feiern.
Am Samstag abend ging Tony mit meiner Mutter und mir aus, um bei einem Abendessen ganz unter uns zu feiern. Es machte großen Spaß. Tony hatte dafür gesorgt, daß das Restaurant eine spezielle Geburtstagstorte für mich backen sollte, und der Küchenchef servierte sie persönlich. Die Kellner und Kellnerinnen versammelten sich um unseren Tisch und sangen: »Happy Birthday«. Mama und Tony küßten mich, und dann überreichte mir der kleine Troy ein Geschenk, auf das er stolz war, weil er es selbst ausgesucht hatte. Es war ein goldenes Medaillon. Darin war ein Bild von ihm. Auf der Rückseite hatte er den Juwelier eingravieren lassen: »Für meine Schwester Leigh«.
»Wie lieb von dir«, rief ich und drückte ihn an mich. »Es ist wunderschön. Ich werde es immer tragen, Troy«, sagte ich zu ihm, und er sah so stolz und auch so würdig aus in seinem Freizeitjackett mit der Krawatte.
Am späteren Abend, nicht mehr als eine Stunde nach unserer Rückkehr vom Restaurant, hörte ich ein Klopfen an der Tür meiner Suite. Es war Tony. Er stand da und hielt ein Päckchen in der Hand, das in ein rosa-blau gemustertes Papier eingewickelt war.
»Dazu wollte ich mit dir allein sein«, erklärte er, und seine blauen Augen bohrten sich in meine und hielten meinen Blick lange fest. »Für uns beide ist es etwas ganz Besonderes, und deshalb sollte kein Dritter dabeisein.«
»Danke, Tony.« Ich nahm das Päckchen von ihm entgegen und setzte mich aufs Sofa, um es auszupacken, während er danebenstand, die Hände hinter dem Rücken hielt und mir zusah. Meine Finger waren ungeschickt, weil ich so aufgeregt war. Ich verriet nicht, daß ich wußte, was in der Schachtel war, da
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