Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
plötzlich geborgen und sicher.
»Nun, meine kleine Prinzessin, und jetzt sollten wir uns doch besser der Party wieder anschließen, denn sonst wird mich deine Mutter an der Rahnock aufknüpfen lassen.«
Als wir zurückkamen, war die Party schon in vollem Gange. Auf der Tanzfläche drängten sich die Paare, und andere machten sich über das leckere Essen her.
Daddy ließ sich augenblicklich von Leuten ins Gespräch ziehen, und ich schlenderte auf der Suche nach Mama umher, konnte sie aber nicht finden. Ich hielt auch nach Tony Ausschau, aber auch ihn sah ich nirgends. Ich entschloß mich, etwas zu essen. Ein wenig später entdeckte ich Mama und Tony, die gerade den Ballsaal betraten. Tony trennte sich von ihr, um mit anderen Leuten zu reden, und Mama kam an meinen Tisch.
»Ich habe Tony das Schiff gezeigt«, erklärte sie kichernd. »Jedenfalls freut es mich, daß du diesmal kein Maschinenöl an den Ellbogen hast.«
»Daddy möchte nur, daß ich die Geschäftsabläufe verstehe.«
»Man bezahlt andere Leute dafür, daß sie die Dinge verstehen, mit denen man sich nicht befassen will. Genau das kennzeichnet den Besitzer«, erwiderte sie. Sie sah immer wieder in Tonys Richtung und wartete eindeutig darauf, daß er sich ihr zuwenden würde. Es sah ihr gar nicht ähnlich, nicht zwischen den Gästen umherzulaufen. Trotz all ihrer Klagen kostete sie es gewöhnlich aus, die Frau des Besitzers zu sein und bei der Entscheidung mitzuhelfen, wer aufgefordert werden sollte, im Lauf der Reise am Kapitänstisch zu sitzen.
»Warum schlingst du bloß all dieses Essen in dich hinein?« fragte sie mich. »Es ist nie zu früh, sich Sorgen um seine Figur zu machen.«
»Ich schlinge nicht, Mama. Ich habe den ganzen Tag nicht viel gegessen, und ich habe mir doch nicht viel genommen, nur ein bißchen…«
Plötzlich veränderte sich ihr Gesicht ganz seltsam; es wurde kalt, und ihre Augen wurden schmal. »Wie sehe ich heute abend aus, Leigh? Sag mir ehrlich, ob ich nicht schöner bin als jede andere Frau im Saal? Hast du irgend jemanden gesehen, der hübscher aussieht als ich?« Sie schien in heller Aufregung zu sein. Dann veränderte sich ihre Stimme. »Du kannst mir ruhig die Wahrheit sagen«, schnurrte sie. Aber ihre Augen waren immer noch so hart und kalt wie Eiszapfen. Sie umklammerte meinen Arm so fest, daß es weh tat.
»Mama«, setzte ich an, aber sie hörte mich nicht.
»Sieh dir nur manche dieser Frauen an«, sagte sie mit einer Kopfbewegung in Richtung der Partygäste. »Manche sind so fett geworden, daß sie jede Weiblichkeit eingebüßt haben. Kein Wunder, daß ihre Männer mir wie räudige Hunde nachlaufen.« Ihr Gesicht wurde weicher, bis sie wieder die Mutter war, die ich kannte. Sie wandte ihren Blick wieder Tony zu, und er drehte sich zu ihr um. Sie schienen sich sogar über diesen riesigen Raum hinweg verständigen zu können, denn sie wandte sich wieder zu mir um und sagte, wir würden uns später wieder sehen, ehe sie davoneilte, um sich ihm anzuschließen.
Ich beobachtete sie eine Zeitlang. Daddy kam mit ein paar Leuten auf mich zu, die er mir vorstellen wollte, und ich blieb bei ihm, bis er zu seiner nächsten Besprechung ging. Ich stand ganz allein da und fühlte mich ein wenig verloren, als mir jemand auf die Schulter tippte und ich in Tonys blaue Augen sah.
»Es ist Zeit für unseren Tanz«, sagte er und breitete die Arme aus.
»Oh, aber ich bin nicht gut in Gesellschaftstänzen«, gestand ich kläglich, als er mich in seine kräftigen Arme zog und wir auf die Tanzfläche wirbelten.
»Unsinn. Vertrauen Sie sich einfach meiner Führung an.«
Mein Blick fiel auf Mama, die mit ein paar Leuten etwas abseits stand und lächelte, aber ich war so nervös und steif, daß ich sicher war, eine alberne Figur auf der Tanzfläche abzugeben.
»Es freut mich, daß Sie sich entschlossen haben, heute abend die Kette zu tragen«, sagte Tony. »Sie steht Ihnen gut.«
»Danke.« Mein Herz pochte. Ich war sicher, daß alle mich ansahen und lachten, weil ich mich so linkisch bewegte. Es fiel mir schwer, mich auf der Tanzfläche zu entspannen, wenn all diese elegant gekleideten Erwachsenen um mich herumstanden. Es war etwas ganz anderes als eine Tanzveranstaltung in der Schule.
»Es ist eine wunderbare Party«, sagte er. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es für Sie gewesen sein muß, mit alledem aufzuwachsen.«
»Es ist ein hartes Geschäft«, erwiderte ich und dachte an meinen Daddy. »Vor allem
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