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Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Titel: Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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und natürlich, als wir erst in ein warmes Klima kamen, das Schwimmen in einem der drei Pools der Jillian. Abends standen Tanz und Unterhaltung durch Sänger und Komiker und sogar Erstaufführungen von Kinofilmen auf dem Programm.
    Mama schlief jeden Morgen lange, und deshalb frühstückten Daddy und ich meistens ohne sie. Wir nahmen die Mahlzeiten immer mit dem Kapitän zusammen ein oder, wenn er nicht verfügbar war, mit dem ersten Offizier und weiteren Gästen. An manchen Tagen kam Mama nicht vor dem frühen Nachmittag aus ihrer Suite und ließ sich das Frühstück ans Bett bringen. Normalerweise bestellte sie lediglich ein kleines Glas Saft, ein pochiertes Ei und eine einzige Scheibe Toast.
    Sie ging nie lange in die Sonne, und sie teilte sich die Zeit genau so ein, daß sie nur ein wenig Farbe im Gesicht bekam, mehr nicht. Irgendwo hatte sie gelesen, daß die Sonne die Faltenbildung beschleunigte, und Mama grauste vor nichts mehr als vor der Möglichkeit, Fältchen könnten sich bei ihr zeigen. Auf ihrem Toilettentisch standen alle Hautcremes und Körperlotionen, die es nur irgend gab, aber insbesondere die, die ewige Jugend versprachen. Den größten Teil des Vormittags verbrachte sie damit, sich eine Creme nach der anderen in die Haut zu massieren, als Vorbereitung für ihr Make-up. Sie war oft in der Sauna und unterzog sich einmal täglich einer Körpermassage und einmal jede Woche einer Gesichtsmassage.
    Von dem Tag an, an dem wir aus dem Hafen von Boston ausgelaufen waren, klagte Mama unablässig über die verheerende Wirkung der salzigen Meerluft auf ihr Haar. Sie mußte fast täglich in den Schönheitssalon gehen, damit ihr Haar nicht »schlappmachte«. Sie sagte, die Seeluft ließe ihr weiches Haar spröde werden und ihre Haut rissig, da ihr Gesicht zu empfindlich sei. Abends war sie selten an Deck, selbst dann nicht, als wir in ein wärmeres Klima gekommen waren und die Abende lau waren. Ich fand kaum einen Anblick so schön wie den des stillen Meeres in einer warmen Nacht, wenn der Mondschein auf das Wasser fiel. Die Wellen glitten unter einem unverhangenen Nachthimmel so berauschend auf und ab, daß es mir den Atem verschlug. Immer wieder versuchte ich, Mama dazu zu bewegen, daß sie an Deck kam und sich das mit mir ansah, doch sie meinte, wenn sie wollte, könne sie es auch durch die Fenster sehen.
    Daddy hatte auf dieser Reise zwar mehr zu tun als sonst, weil es eine Jungfernfahrt war, bei der die Route einer neueingeführten Kreuzfahrt erst noch festgelegt wurde, doch er gab sich alle Mühe, möglichst viel Zeit mit Mama und mir zu verbringen, und er versprach uns ständig, uns da oder dort zu treffen, sich uns bei irgendwelchen Veranstaltungen später anzuschließen. Mama schien es gleichgültig zu sein, ob er bei ihr war oder nicht. Wenn er Zeit hatte, etwas mit uns zu unternehmen, fiel ihr jedesmal etwas anderes ein, was sie solange tun könnte. Daddy und ich verbrachten viele Abende ohne sie, sahen uns einen Film an oder besuchten eine Bühnenveranstaltung. Sie versprach uns dann, später nachzukommen, aber sie tauchte nie auf. Wenn ich sie danach fragte, sagte sie mir, sie sei zu müde oder sie hätte Kopfschmerzen. Gewöhnlich fand ich sie im Bett vor, und sie las in einer ihrer vielen Zeitschriften oder schrieb Briefe. Wenn ich sie fragte, an wen sie schrieb, antwortete sie schlicht: »Ach, nur an Freunde«, und dann legte sie alles zur Seite, als hätte sie das, was sie gerade getan hatte, gelangweilt.
    Selbst wenn ich auf ihrer Bettkante saß und ihr die Sänger, die Komiker und sonstige Geschehnisse schilderte, wirkte sie sehr abgelenkt und nicht allzu interessiert, und daher wußte ich, daß sie nicht gerade glücklich war. Eines Nachts erwachte ich von den Stimmen von Mama und Daddy. Sie schrien sich an.
    »Ich mache alles, was du von mir verlangst«, klagte Daddy, »aber du tust immer noch so, als würdest du leiden. Du wolltest die Suite umgestalten, und ich habe es zugelassen und das Geld ausgegeben. Ich fand es idiotisch, aber ich habe es trotzdem ausgegeben. Du bist die Frau des Eigners – aber kümmerst du dich etwa um unsere bedeutenderen Gäste? Nein. Und wenn du wirklich einmal in den Speisesaal kommst und dich mit mir und dem Kapitän und einem der Gäste deiner eigenen Wahl an den Tisch setzt, was tust du dann… du beklagst dich über das Meer und über das Leben an Bord eines Dampfers, als seist du eine Negersklavin, die man aus Afrika geholt hat und unter Deck ankettet.

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