Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
sonst, und es gibt Champagner und Desserts, die du dir gar nicht ausmalen kannst. Du erinnerst dich doch noch, wie gut sein Koch sein Handwerk versteht.«
»Aber ohne einen Truthahn ist es kein Erntedankfest.«
»Ach, es wird so viele andere Köstlichkeiten geben, daß du den Truthahn keinen Moment vermissen wirst. Ich weiß, was wir machen«, fuhr sie fort, »wir werden uns neue Kleider kaufen, eigens für dieses Fest.«
»Aber ich habe viele von den Sachen, die du mir zum Geburtstag gekauft hast, noch gar nicht getragen.«
»Das ist etwas ganz anderes«, sagte sie. Sie drehte sich langsam um und dachte nach. »Wir müssen auffallen… Hol deinen Mantel«, sagte sie plötzlich, und ihr Gesicht strahlte vor Freude. »Wir gehen in André’s Boutique und suchen uns etwas Originelles für uns beide aus.«
»Aber, Mama…« Ich wußte, daß Kleider bei Andre irgendwo um die achthundert Dollar anfingen und bis zu zehntausend kosten konnten. »Können wir uns das denn leisten, jetzt, nachdem Daddy… nachdem Daddy nicht mehr hier ist?«
»Natürlich können wir uns das leisten. Dein Vater muß immer noch für all unsere Ausgaben aufkommen«, erwiderte sie mit fester Stimme. »Bis ich mich wieder verheirate. Dann muß er nur noch für deine Kosten aufkommen, aber deshalb brauchst du dir überhaupt keine Sorgen zu machen. Tony ist sehr großzügig. Komm schon«, sagte sie. »Laß uns gehen.«
Mama kaufte sich ein schwarzes Samtkleid mit Spaghettiträgern und einem breiten Seidengürtel. Sie trug schwarze Satinhandschuhe, die ihr bis über die Ellbogen reichten, und sie zog ihre Kette mit den größten Diamanten und passende tropfenförmige Diamantohrringe an.
Für mich kaufte sie ein wunderschönes blaugrünes Kleid aus einem hauchdünnen Stoff. So etwas Schönes hatte ich bisher noch nie getragen.
Tony schickte Miles mit seiner Limousine am frühen Nachmittag, um uns abzuholen, aber er mußte sich in den Flur setzen und mindestens eine Dreiviertelstunde warten, bis Mama mit ihrem Haar und ihrem Make-up fertig war. Endlich kam sie in ihrem Zobel die Treppe herunter. Nie hatte ihr Haar so fein ausgesehen und einen derart schimmernden Glanz gehabt. Daran, wie Miles sich erhob, konnte ich erkennen, daß er sie unglaublich schön fand.
Wie sehr wünschte ich, Daddy hätte hier sein und sie sehen können! Aber dann dachte ich, daß es ihm nur noch mehr weh getan hätte, weil sie so schön und aus seinem Leben verschwunden war.
»Wie sehe ich aus?« fragte sie mich und drehte sich im Kreis.
»Schöner als jede andere.«
»O Liebling, ich danke dir. Du siehst auch gut aus. Wir werden die Blicke aller auf uns ziehen«, fügte sie noch hinzu, und dann gingen wir zu der bereitstehenden Limousine.
Auf der Fahrt nach Farthy erzählte sie mir von einigen von Tonys Freunden, die sie schon kennengelernt hatte. Im wesentlichen schien es bei diesen Leuten darum zu gehen, in welcher Branche sie tätig waren oder welchen Beruf sie ausübten.
»Und warte nur, bis du erst ihre Frauen siehst«, sagte sie. »Bei all ihrem Reichtum und ihrem gesellschaftlichen Rang wissen sie doch nicht allzuviel über Mode und Make-up. Wir beide, du und ich, wir werden uns gegen sie absetzen wie… wie Rosen in einem Mistbeet.« Sie kicherte und drückte mich an sich. Wenn ich auch noch so traurig war, ein Erntedankfest ohne Daddy feiern zu müssen, so faszinierte mich doch, wie Mama mit mir sprach. Sie gab sich eher wie meine größere Schwester und nicht wie meine Mutter. Ich hatte, vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben, das Gefühl, daß sie mich wie ihre engste Freundin behandelte.
»Du brauchst nicht nervös zu sein, bloß weil diese Menschen so viel Geld haben. Du wirst sehen, daß sie im gesellschaftlichen Umgang gar nicht so geschickt sind. Wenn sie dir eine Frage stellen, dann antworte höflich, aber gib ihnen nicht mehr Informationen, als unbedingt erforderlich ist. Männer wissen Frauen zu schätzen, die an einem Eßtisch nicht übermäßig gesprächig und geschwätzig sind. Männern gefällt es, wenn sie mit ihren Gesprächen über Politik und Geschäfte im Vordergrund stehen.«
»Aber Daddy war nie so.« Der arme Daddy, dachte ich, der jetzt keine Familie um sich hatte, auf einem seiner Schiffe draußen auf dem Meer war und das Erntedankfest mit Fremden feiern mußte.
»Schau nicht so traurig«, riet mir Mama. »Du bist viel hübscher, wenn du lächelst.«
Mrs. Deveroe und ihr Mann und die Darrows waren schon da, als wir
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