Castle 2: Naked Heat - In der Hitze der Nacht (German Edition)

Cassidy Towne zum letzten Mal gesehen, Miss Gray?“
    Soleil blies die Backen auf und bemühte sich ein wenig zu sehr darum, nachdenklich auszusehen. Nikki fand, dass ihr Schauspieltalent dem des Hundeausführers von der Juilliard entsprach – anders ausgedrückt: Sie war nicht überzeugend. „Ich kann mich nicht erinnern. Ist vermutlich schon ziemlich lange her. Offenbar war mir das nicht so wichtig.“ Sie sah zu den Tänzern, die ihre Fünfminutenpause beendeten. „Hören Sie, ich muss ein Musikvideo drehen und kann hier nicht dumm rumsitzen.“
    „Klar, das verstehe ich. Ich habe auch nur noch eine letzte Frage“, sagte Nikki und hielt ihren Stift bereit. „Können Sie mir sagen, wo Sie in der Nacht, in der Cassidy Towne ermordet wurde, zwischen ein und vier Uhr waren?“ Da vermutlich der Texaner der Mörder war, spielte Soleils Alibi – ebenso wie die Alibis aller anderen in den Fall verwickelten Personen – keine große Rolle mehr. Dennoch hielt sich Nikki an die Vorgehensweisen, die für sie stets gut funktioniert hatten. Die Zeitleiste sehnte sich nach neuen Daten und musste damit versorgt werden.
    Soleil Gray rechnete zurück und sagte dann: „Ja, das kann ich. Ich war mit Allie zusammen, einer Assistentin bei meiner Plattenfirma.“
    „Und waren Sie die ganze Zeit über mit ihr zusammen?“
    „Hm, lassen Sie mich überlegen …“ Soleils Verhalten ließ Heats Alarmglocken klingeln. Bei dem langen Nachdenken schien es sich um eine Verzögerungstaktik zu handeln. „Ja, so ziemlich die ganze Nacht lang, ungefähr bis halb drei.“
    „Können Sie mir den vollen Namen und die Kontaktdaten dieser Assistentin Allie geben?“
    Nachdem sie der Aufforderung nachgekommen war, fügte Soleil schnell hinzu: „Oh, warten Sie. Mir fällt gerade was ein. Nachdem ich mit Allie unterwegs gewesen war, hab ich mich noch mit Zane, meinem alten Keyboarder von Shades of Gray, getroffen.“
    „Und um wie viel Uhr war das?“
    „… Drei, schätze ich. Wir waren was essen, und so gegen vier oder halb fünf ging ich dann nach Hause, um zu schlafen. War’s das?“
    „Ich habe noch eine Frage“, sagte Rook. „Wie haben Sie es geschafft, sich solche Oberarme anzutrainieren? Wollen Sie demnächst im Vorprogramm von Madonna auftreten?“
    „Hey, so wie es momentan läuft, wird Madonna bald in meinem Vorprogramm auftreten.“
    Das leise Klingeln des Fahrstuhls hallte durch die aus hellbraunem Marmor gefertigte Lobby von Rad Dog Records, bis sich das Geräusch in der hohen gewölbten Decke verlor. Eine blonde Frau in den frühen Zwanzigern war die Einzige, die aus der Kabine trat. Sie schaute von ihrem Blackberry auf, entdeckte Heat und Rook am Schreibtisch der Sicherheitswache und ging auf sie zu.
    „Hi, ich bin Allie“, sagte sie, als sie noch gut sechs Meter entfernt war.
    Nachdem sie sich die Hände geschüttelt und sich vorgestellt hatten, fragte Nikki, ob sie kurz Zeit zum Reden hätte. Sie bejahte die Frage, betonte aber, dass sie ihren Schreibtisch nur für fünf Minuten verlassen könne. „Haben Sie
Der Teufel trägt Prada
gesehen?“, wollte Allie wissen. „Meiner trägt Ed Hardy und ist ein Kerl, aber der Rest trifft den Nagel ziemlich genau auf den Kopf.“ Sie führte sie durch den Empfangsbereich zu einer Sitzgruppe. Die Möbel bestanden aus hartem modelliertem Plastik und trugen nicht gerade dazu bei, die Geräusche im Raum zu dämpfen. Nikki war überrascht, wie bequem das Sofa war.
    Rook nahm ihnen gegenüber auf einem großen weißen Plastikstuhl Platz. „Sieht so aus, als warteten wir auf das nächste Shuttle zur Raumstation.“ Dann sah er nach unten auf den Beistelltisch vor sich und entdeckte Nikkis Titelbild, das als oberstes auf einem Stapel Zeitschriften lag. Er griff nach einer Ausgabe der
Variety
, tat so, als würde er die Überschriften lesen, und warf sie dann über die
First Press
.
    „Geht es um den Mord an dieser Klatschkolumnistin?“ Allie schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr und wickelte sich die Spitzen um die Finger.
    Nikki hatte damit gerechnet, dass Soleil Allie informieren würde, bevor sie mit ihr sprechen konnten. Das mochte die nervösen Ticks der Assistentin erklären. Zeit, das herauszufinden. „So ist es. Woher wussten Sie das?“
    Ihre Augen weiteten sich und sie stieß hervor: „Okay, Soleil hat mich angerufen und gesagt, dass Sie vielleicht hier auftauchen würden.“ Allie leckte sich über die Lippen, und ihre Zunge sah so aus, als würde sie eine